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Deutscher Spitzensport
Leistungssport-Reform sorgt für Diskussionen

Es ist laut DOSB-Präsident Alfons Hörmann eine wegweisende Reform für den deutschen Spitzensport: Die Reform des Leistungssports. Der Athlet soll im Fokus stehen, die Strukturen verschlankt werden. Am Mittwoch tagte in der Berlin das Beratungsgremium erneut – das vorletzte Mal vor der Präsentation. Dem DLF liegen nun Papiere und Dokumente der Sitzung vor.

Von Robert Kempe |
    Die Goldmedaillen der Doppelsitzer-Rennrodler Wendl und Arlt.
    Mehr Medaillenchancen = mehr Geld für die Föderung? (picture alliance / dpa / Nicolas Armer)
    Das Schlagwort ist "potenzialorientierte Förderstruktur". So geht es aus einem Dokument mit dem Titel "Neustrukturierung der Leistungssportförderung" hervor, vom letzten Mittwoch der Sitzung des Beratungsgremiums unter Leitung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière und DOSB-Präsident Alfons Hörmann. Nun wird klarer, wie die neue Fördersystematik aussehen soll. Das bisherige System der Grund- und Projektförderung wird bekanntlich wegfallen. An dessen Stelle tritt ein sogenanntes "perspektivisches Berechnungsmodell".
    Die Grundlage dafür soll eine Bewertungskommission liefern. Bestehend aus DOSB, dem Bundesinstitut für Sportwissenschaft, der Führungsakademie des DOSB und externen Experten.
    Anhand von 20 Attributen und 60 Unterattributen soll die Kommission einzelne Sportdisziplinen bewerten. Attribute sind u.a. erreichte Finalplätze und Medaillen, das Leistungspotential, Nachwuchsförderung oder die Umsetzung der Dualen Karriere. Die Spanne der Bewertung geht von null bis 10 Punkte.
    Medaillenpotential bringt Förderung
    Ein Berechnungssystem teilt die Disziplinen in drei Cluster ein. Dem Exzellenzcluster werden Disziplinen mit Medaillenpotential zugeordnet. Sie sollen optimal gefördert werden, heißt, sie sollen die finanziellen Mittel erhalten, die sie benötigen. Disziplinen mit geringerer Wertung sollen in ein sogenanntes Potenzialcluster eingeteilt werden. Für sie wird es Abstriche geben. Es könnten Gelder speziell für einzelne Athleten, für den Nachwuchs oder für Strukturverbesserungen zur Verfügung gestellt werden. In die dritte Kategorie fallen Sportarten ohne Potenzial. Ihnen drohen deutliche Einschnitte bis hin zur finanziellen Trockenlegung.
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    Der DOSB will seinen großen Einfluss im Bereich der Sportförderung behalten (picture alliance / dpa / Arne Dedert)
    Diese Einteilung soll die Basis für die Abstimmungsgespräche mit den Verbänden bilden, aus denen ein Fördervorschlag resultiert. BMI, DOSB sowie die Bundesländer sollen zusammen die Förderung festlegen. Die finale Entscheidung über die Finanzen liegt laut Dokument beim Bundesinnenministerium.
    Machtverlust des DOSB?
    Auf den ersten Blick ein kompliziertes Konstrukt, ausgelegt auf Medaillen. Wohl auch ein Versuch, ein wenig mehr Objektivität reinzubringen in die derzeit intransparente Sportförderung. Zur Erinnerung: Im letzten Jahr gab es genau daran heftige Kritik des Bundesrechnungshofs. Dieser forderte das BMI auf, das den Spitzensport jährlich mit gut 160 Millionen Euro fördert, sich vom Beratungsmonopol des DOSB zu lösen, unabhängige Experten hinzuzuziehen und nachvollziehbare Förderkriterien zu entwerfen.
    Ein Aufschrei ging durch den Sport. Und tatsächlich würde der Dachverband DOSB nach derzeitiger Planung an Einfluss und Macht in der Sportförderung verlieren. Dem Dachverband passt das nicht. Gern hätte man dort die Hoheit über die Verwendung der mehr als einhundert Millionen Euro Steuergeld für den Spitzensport. Das Haushaltsrecht des Bundes aber knüpft seit jeher eine Vergabe von Fördermitteln an einen bestimmten Zweck. Auch das wurde vom Bundesrechnungshof explizit gefordert. Der Knackpunkt bleibt dennoch: Wer hat zum Schluss das Sagen, wenn es ums Geld geht? Die Atmosphäre zwischen dem Dachverband und dem Ministerium seit Wochen angespannt.
    (Olympia)stützpunkte vor Schließung
    Auch im deutschen Sport drohen harte Verteilungskämpfe und Umstrukturierungen. So sollen nach derzeitigem Stand von 19 Olympiastützpunkten sechs geschlossen werden. Massiv reduziert werden soll auch die Anzahl der Bundesstützpunkte. Von den derzeit 205 stehen über 50 Stützpunkte auf der Kippe. Wie und nach welcher Methode reduziert werden soll, teilten BMI und DOSB auf Deutschlandfunk-Anfrage nicht mit. Harte Einschnitte, die schon jetzt viele Verbände verunsichern.
    Am 21. September will sich das Beratungsgremium erneut treffen. Dann sollen die letzten Punkte endgültig geklärt werden. Intern wird es bis dahin wohl weiter heftige Diskussionen geben.