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Deutscher Tennis Bund
Geldsegen für den Nachwuchs

Der Deutsche Tennis Bund hat bei den French Open so schlecht abgeschnitten wie fast seit zehn Jahren nicht mehr. Für zukünftige Erfolge will er nichts mehr dem Zufall überlassen und baut deswegen sein Nachwuchsprogramm aus - zum ersten Mal mit Geld vom Bund.

Von Marina Schweizer |
    Mädchen spielt Tennis
    Junge Spielerinnen und Spieler sollen im DTB besser gefördert werden. (imago sportfotodienst)
    "Also mein Vorbild ist Angelique Kerber. Ich finde, sie hat ein gutes Konterspiel und kämpft sehr viel und sie ist Linkshänderin, wie ich."
    "Mein persönliches Vorbild ist Madison Keys, weil ich finde, dass sie gute Grundlinienschläge hat und wie sie spielt, mag ich sehr."
    Die 13-jährige Sarah und die zwölf Jahre alte Mia werden, was Vorbilder angeht, beim Stuttgarter Tennis Grand Prix enttäuscht: Madison Keys aus den USA ist gar nicht dabei. Und Deutschlands Top-Spielerin Angelique Kerber scheidet schon im Achtelfinale aus. Aber Mia und Sarah schnuppern an diesem Tag auch so genüsslich die Luft des ganz großen Tennis-Zirkus.
    Konkurrenz spüren
    Mit seinem neuen Förderkonzept will der Deutsche Tennis Bund junge Talente schon mit zwölf bis 14 Jahren besser betreuen, sagt die Nachwuchs-Bundestrainerin Jasmin Wöhr, die mit den Mädchen an diesem Tag in die Stuttgarter Arena gekommen ist.
    "Die ganz Kleinen gehen alle noch zur Schule und das macht es natürlich schwierig, weil wir können die immer nur wochenweise zu uns holen. Wir veranstalten dann gerne Lehrgänge, holen unsere Besten zusammen und bilden die dann so aus, dass die lernen, professionell zu arbeiten und sowohl dieses Miteinander, dieses Gemeinsame haben, aber auch ein bisschen die Konkurrenz spüren. Und das Ganze soll die natürlich nach oben pushen."
    Die 13-jährige Sarah kommt zu Lehrgängen aus ihrer Heimat im Saarland extra nach Stuttgart:
    "Also, ich denke, dass es gut ist, ab und zu mal die Konkurrenz zu sehen, wie die trainiert haben. Und ich denke auch, dass es gut ist, dass ein anderer Trainer mal schaut, wie man spielt."
    Förderung vom Bund
    Junge Spielerinnen sichten und betreuen: Das ist seit dem 1. Januar dieses Jahres der Fulltime-Job von Jasmin Wöhr am Stützpunkt Stuttgart Stammheim. Sie ist eine der vier Trainerinnen und Trainer, die sich der Deutsche Tennis Bund jetzt an den Bundesstützpunkten leistet. Das ist möglich, weil der Verband erstmals Fördergeld aus dem Bundesinnenministerium bekommt. Warum ausgerechnet jetzt?
    "Wir waren mit unseren Einnahmen, die der DTB hat, nicht förderungswürdig, so wurde uns das erklärt. Was für uns eigentlich immer verwunderlich war", sagt Klaus Eberhard, Sportdirektor des Deutschen Tennis Bundes.
    "Und jetzt war es so, dass wir für den neuen Zyklus, der jetzt wieder anfängt für die nächsten Olympischen Spiele, wir als förderungswürdig erklärt wurden, wir Anträge wie alle anderen gestellt haben und dann aufgenommen wurden."
    Die Stärkung der Stützpunkte ist das eine - der Deutsche Tennis Bund will aber auch Fördergelder für junge Spielerinnen und Spieler an ihren Heimatstandorten locker machen - unter bestimmten Voraussetzungen:
    "Wenn wir sehen, dass das Umfeld entsprechend perfekt ist, dass wir die Spieler für außergewöhnliche Talente halten, dann sind wir auch bereit, diese außerhalb der Stützpunkte zu unterstützen."
    Kein Sponsor für die Männer
    Bisher sorgte die Nachwuchs-Förderung in Deutschland vor allem bei den Mädchen für Aufsehen, auch weil der Verband dort seit Jahren einen großen Sponsor für das Talent-Team im Rücken hat. Ein solches Konzept gab es beim Männer-Nachwuchs nicht. Und nach wie vor gibt es keinen Sponsor aus der Wirtschaft, so Klaus Eberhard:
    "Geld allein ist es nicht, aber es ist sicherlich notwendig, dass wir mehr Mittel bei den Herren hätten haben müssen, die wir nicht gehabt haben. Und das ist jetzt erstmals seit 2017 der Fall. Das wird ein paar Jahre dauern, aber ich bin zuversichtlich, dass wir bei den Herren den Weg einschlagen können, den wir bei den Damen schon geschafft haben."
    Die neue Förderung soll eine bessere Betreuung ermöglichen. Maximal ein Trainer auf drei Spieler, das ist der angestrebte Schlüssel des Verbandes. Die Betreuer sollen mithelfen, den Übergang vom Junioren- ins Profidasein zu erleichtern. Die 12-jährige Mia träumt schon jetzt von einem Profi-Leben später:
    "Dadurch, dass ich ja hart trainiere, möchte ich schon, dass sich das auch lohnt. Und dann würde ich schon gerne später mal auf der Tour spielen und auch gewisse Erfolg haben und mich Schritt für Schritt weiterentwickeln."
    Nicht zu viel Druck aufbauen
    Viel trainieren, oft auf Turniere fahren - und dabei die Schule nicht links liegen lassen. Auch im Tennis schon mit zwölf, 13 Jahren ein Spagat, der wehtun kann. Und das ständige Abwägen: Lohnt sich das? Reicht das Talent? Und was, wenn nicht?
    "Die Kunst ist auch, nicht zu viel Druck auf die Kinder selbst aufzubauen, sondern die Kinder da ein bisschen reinwachsen zu lassen," sagt Bundestrainerin Jasmin Wöhr. "Und ich denke: Die richtig guten Kids, die bauen da auch selbst ein bisschen Druck auf und die wollen auch den Wettkampf haben und die haben auch die richtige Arbeitseinstellung, nach der wir suchen."
    Der Traum von der Profi-Tour geht nur für wenige in Erfüllung. Und ein Ausnahmetalent wie Angelique Kerber - das gibt es nur alle paar Jahre einmal.