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Deutscher Theaterpreis DER FAUST
Preisverleihung ohne Glamour-Faktor

Anlässlich seines Jubiläums zum zehnjährigen Bestehen hatte die Gala zum Deutschen Theaterpreis DER FAUST in Saarbrücken ein rauschendes Fest werden können. Die Anschläge von Paris stellten jedoch alles in den Schatten. Abgesagt wurde die Veranstaltung aber nicht.

Von Michael Laages |
    Im Saarländischen Staatstheater in Saarbrücken wird am 14.11.2015 der Theaterpreises des Deutschen Bühnenvereins DER FAUST verliehen.
    Verleihung des Theaterpreises des Deutschen Bühnenvereins DER FAUST 2015 im Saarländischen Staatstheater (picture-alliance / dpa / Oliver Dietze)
    Natürlich war auch Absagen eine Option – nach den Terror-Attacken in Paris am Abend zuvor. Der Barbarei von Tod und Schrecken, der die Hauptstadt der Nachbarn traf, wollten sich das Staatstheater im Saarland und die FAUST-Ausrichter dann aber doch auf keinen Fall beugen, und Hamburgs Kultursenatorin Barbara Kisseler, nebenbei neue Präsidentin vom "Deutschen Bühnenverein", dem Trägerverband deutscher Bühnen, sprang der Saarbrücker Hausherrin Dagmar Schlingmann bei:
    "Eine Haltung allerdings, die Vorstellungen oder eine Veranstaltung wie die heute absagen, halte ich für ein zutiefst resignatives und darum falsches Signal."
    Im Schatten des Entsetzens
    Und natürlich hat in den ernsthaftesten Momenten des sonst eher launigen Abends die grausige Aktualität das Denken bestimmt: am nachhaltigsten bei Andrea Breth, die als Regisseurin im Musiktheater ausgezeichnet wurde für die "Jakob Lenz"-Inszenierung in Stuttgart.
    "Wir haben keine Ahnung, wir sind dumm und bleiben hinter Verhältnissen in der Welt rettungslos zurück. Es tut mir leid, dass ich Sie hier heute mit diesen Besorgnissen beunruhigen will, und muss und wünsche einen besonders trostlosen Abend!"
    Aber "trostlos", ohne Trost also, mag die Welt sein, und oft auch die Kunst – die Gala als Ganzes war natürlich nicht so. Dafür stoßen die ausgezeichneten Künstlerinnen und Künstler viel zu mutig und viel zu weit vor ins Reich der Fantasien – die Briten Tim Etchells und Robin Arthur etwa im Kinder- und Jugendtheater; deren Produktion über "Das unmögliche mögliche Haus", entstanden am Theater in der Parkaue in Berlin, wurde ausgezeichnet.
    Die Choreografin Bridget Breiner erhielt den FAUST (für das Projekt über die Malerin Charlotte Salomon in Gelsenkirchen) und die Tänzerin Alicia Amatrain vom Stuttgarter Ballett, die junge Regisseurin Jette Steckel (für "Romeo & Julia" am Hamburger Thalia Theater) und die Schauspielerin Bibiana Beglau (als Mephisto im "Faust" am Münchner Residenztheater), schließlich gleich in zwei Kategorien Andreas Kriegenburgs Inszenierung von Bernd Alois Zimmermanns Monumental-Oper "Die Soldaten" in München: Sängerin Barbara Hannigan und Bühnenbildner Harald B. Thor wurden geehrt. Der Preis fürs Lebenswerk ging an die mit 91 Jahren beneidenswert junge Sängerlegende Franz Mazura.
    Hollywood ist nicht überall
    Und DER FAUST selbst, im Jahre 10? Er wirkt immer noch (und immer wieder) ein bisschen aufgeplustert – mit dem "Roter Teppich"-Gewimmel und den Luxus-Limousinen vom Sponsor, aber das ist ja beim Deutschen Filmpreis oder ähnlichen Anlässen kaum weniger problematisch.
    Hollywood ist halt doch nicht überall. Die mediale Mischung beim FAUST funktioniert aber – Film-Einspielungen, stark gehäckselt, stellen die von Auswahlgremien Nominierten vor, der Umschlag mit dem Siegerinnen- und Sieger-Namen wird auf der Bühne geöffnet.
    Glückliches Händchen bei der Moderatoren-Wahl
    Zuweilen haben die FAUST-Strategen auch Glück mit den Moderatoren; voriges Jahr mit Ulrich Mattes, dieses Jahr überwiegend auch mit Bernd Moss, beide vom Deutschen Theater in Berlin. Die Gastgeber von der Saarbrücker Bühne mischten sich bei der 10., der Jubiläumsausgabe, wirkungsvoll und doch sparsam ein: etwa mit vier immer wieder auftauchenden Tenören.
    Am stärksten aber ist DER FAUST, wenn die Geehrten sich kraftvoll zu Wort melden – wie Andrea Breth auch Bibiana Beglau, die gerade in Zeiten unlösbar scheinender gesellschaftlicher Problemstellungen den Blick fordert in die sich radikal verändernde Zukunft, und wie Jette Steckel, die die hier ausgezeichneten Künste unter ein knappes Motto stellte:
    "Ich hoffe, dass wir mit diesem Preis weiter ineffizient bleiben können, marktuntauglich – und frei!"
    Ach ja – und die Frauen lagen diesmal deutlich vorn: Sechs zu drei, nach Kategorien. Aber das kann ja auch mal wieder andersrum kommen. Nach dem FAUST ist vor dem FAUST.