Sabine Müller ist jetzt preisgekrönt, als Vorbild beim Deutschen Weiterbildungstag. Die heute 46-jährige Hessin hatte die Schule mit Hauptschulabschluss verlassen, dann eine Handwerksausbildung gemacht, im Behinderten-Bereich als Sonderpädagogin gearbeitet und schließlich doch noch - ohne Abitur - über eine Hochschulzugangsprüfung für besonders Befähigte ein Studium absolviert, Fachrichtung "Soziale Arbeit":
"Ich habe ein komplettes Studium, einen Bachelor gemacht, berufsbegleitend, neben 40 Stunden Arbeit jede Woche, an zehn Präsenzwochenenden im Jahr musste ich an die Hochschule gehen, ansonsten läuft es online von zu Hause mit einem Live-Klassenraum, mit Online-Klausuren, über Hausarbeiten, also alles, was zu einem Studium dazu gehört, aber eben von zu Hause aus." Heute ist sie Leiterin einer Firma, die Reisen für Behinderte organisiert.
Müssen wir jetzt alle programmieren lernen?
Sabine Müller hat den Großteil ihrer Ausbildung analog absolviert. Erst gegen Ende spielte im Fernstudium das Internet eine entscheidende Rolle. Günther Oettinger, EU-Kommissar für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft und Schirmherr des Weiterbildungstages ist überzeugt, dass die Zukunft unseres Arbeits- und Bildungslebens den Nullen und Einsen gehört: "Alles was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert. Wenn wir im globalen Wettbewerb zwischen den USA und Asien bestehen wollen, brauchen wir eine gute digitale Infrastruktur, gemeinsame Standards, ein Höchstmaß an Datenschutz und Datensicherheit und Menschen, die auf die digitale Arbeitswelt von morgen vorbereitet sind."
Müssen wir jetzt alle programmieren lernen? Edelgard Bulmahn, frühere Bundesbildungsministerin und jetzt Vizepräsidentin des Bundestages schraubt die Anforderungen für unsere digitale Zukunft nicht ganz so hoch, vor allem bleibe ein kritischer Blick gefragt: "Nein ich glaube nicht, dass wir alle Programmieren lernen müssen, ich glaube wir müssen alle verstehen, was Programmieren ist, was das beinhaltet. Ich muss auch verstehen, was passiert, wenn ich da zum Beispiel einen Fehler mache, ich muss aber auch lernen, das zu bewerten, das ist ein ganz entscheidender Punkt." Weiterbildung sei wichtig, ist die Lehrerin und SPD-Politikerin überzeugt, dafür brauche es flächendeckende und gut strukturierte Angebote.
Forderung nach einem Weiterbildungsbeauftragten der Bundesregierung
Nur ein paar Kilometer von der Auftaktveranstaltung in der Akademie der Künste entfernt, in Berlin-Spandau, hat die "TÜV Rheinland Akademie" ihren Sitz. Am Weiterbildungstag wirbt sie mit ihren virtuellen Klassenzimmern. Kleine Kostprobe: "Begonnen haben wir bei den Grundlagen Rechnungswesen ja mit der Buchführung, die letztendlich was für Grundsätze hatte? Wer sagt mir mal, welche Grundsätze gibt es bei der Buchführung?"
Via Internet – mit Ton und Bild - kommuniziert Dozentin Kerstin Bärsch mit den Teilnehmern ihres Weiterbildungskurses. Thema "Fachkraft für Rechnungswesen SAP, DATEV und LEXWARE". 16 der Kursteilnehmer sitzen sonst wo in der Republik, Aachen oder Chemnitz etwa, nur Sarah Otto folgt den Erklärungen in Berlin. Sie sitzt vor zwei Bildschirmen, der eine zeigt die anderen Teilnehmer mit Chatfensterchen an sowie die Eingaben, die die Dozentin auf einer quasi digitalen Tafel macht, der andere ist für ihre eigenen Unterlagen und Aufzeichnungen reserviert. Auch ein Lehrbuch und ein Aufgabenheft aus gutem altem Papier liegen vor ihr auf dem Tisch. "Ich habe letztes Jahr meine Ausbildung als Sport- und Fitness-Kauffrau abgeschlossen und aber nichts gefunden. Und jetzt mache ich sozusagen die Weiterbildung und dann will ich eben schon versuchen, also wenn ich die Weiterbildung gemacht habe, dass ich dann wirklich in einem anderen Beruf dann eben halt rein komme."
Mit Inhalt und Form ihrer Weiterbildung entspricht auch Sarah Otto den Vorstellungen der Initiatoren des Weiterbildungstages: Motto "Weiterbildung 4.0 – fit für die digitale Zukunft". Was den Organisatoren wie etwa dem Deutschen Volkshochschulverband und der Deutschen Angestellten Akademie noch fehlt, ist mehr Rückenwind aus der Politik. So fordern sie ein europäisches Programm zur Digitalisierung der Erwachsenen- und Weiterbildung ins Leben zu rufen und einen Weiterbildungsbeauftragten der Bundesregierung.
Mit Inhalt und Form ihrer Weiterbildung entspricht auch Sarah Otto den Vorstellungen der Initiatoren des Weiterbildungstages: Motto "Weiterbildung 4.0 – fit für die digitale Zukunft". Was den Organisatoren wie etwa dem Deutschen Volkshochschulverband und der Deutschen Angestellten Akademie noch fehlt, ist mehr Rückenwind aus der Politik. So fordern sie ein europäisches Programm zur Digitalisierung der Erwachsenen- und Weiterbildung ins Leben zu rufen und einen Weiterbildungsbeauftragten der Bundesregierung.