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Deutsches Flottendienstboot vor Syrien stellt "kein heikles Verhalten" dar

Durch die Informationsbeschaffung seien deutsche Geheimdienste laut Fritz Rudolf Körper (SPD) nicht indirekt an dem Kriegsgeschehen in Syrien beteiligt. Die Zielsetzung des Flottenbootes sei dabei nicht, eine einseitige Parteinahme herbeizuführen, betont das Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums.

Fritz Rudolf Körper im Interview Bettina Klein |
    Bettina Klein: Wenn das Wort "Spionage" auftaucht, dann spitzen viele gleich die Ohren – insbesondere, wenn es sich um ein deutsches Schiff handelt, was dieser Tätigkeit angeblich nachgeht, und um so mehr, wenn es im Zusammenhang steht mit einem Krisenherd und Bürgerkriegsland wie Syrien. Welche Informationen haben wir bereits, welche Schlüsse müssen gezogen werden aus den Meldungen vom Wochenende, ein deutsches Marineschiff würde möglicherweise Informationen an die syrischen Rebellen via BND liefern? – Und was er dazu sagen kann, das möchten wir hören vom SPD-Politiker Fritz-Rudolf Körper, wie gesagt Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium für die Geheimdienste. Guten Morgen.

    Fritz Rudolf Körper: Guten Morgen, Frau Klein.

    Klein: Herr Körper, die deutsche Marine unterstützt indirekt syrische Rebellen, Geheimdienstinformationen werden zum Beispiel über amerikanische Geheimdienste an die Rebellen weitergegeben. Zunächst mal: Können Sie das so bestätigen?

    Körper: Nein, das kann ich so nicht bestätigen. Bestätigen kann ich, dass ein Flottendienstboot im östlichen Mittelmeer unterwegs ist, und nicht seit erst wenigen Tagen, schon seit längerer Zeit, und im Grunde genommen den Auftrag hat, Informationen zu sammeln, Informationen aufzunehmen, und der Bundesnachrichtendienst ist auf diesem sogenannten Flottendienstboot auch mit Technik vertreten, um bestimmte Informationen zu beschaffen.

    Klein: Gut. Wir halten fest: Informationen werden gesammelt, der BND ist mit Technik vertreten. Das ist ja schon mal eine Information, die man festhalten kann, und die ist auch gedeckt von Mandaten für dieses Schiff?

    Körper: Das ist gedeckt von Mandaten und es ist im übrigen auch ein Vorgang – das weiß ich jetzt nicht, ob ich das so ganz deutlich sagen darf -, aber Mitgliedern des Parlamentarischen Kontrollgremiums ist dieser Vorgang bekannt.

    Klein: Das ist erstaunlich, denn Christian Ströbele, der ja auch ein Mitglied in diesem Gremium ist, hat ja, wie wir gerade im Originalton hören konnten, eine Sondersitzung des Gremiums gefordert, denn für ihn gibt es offensichtlich noch erheblichen Aufklärungsbedarf. Wie erklären Sie sich das?

    Körper: Das kann ich nicht klären, das müssen Sie ihn fragen. Der Punkt ist der: Die Informationen werden beschafft, Informationen werden gesammelt. Und man muss vielleicht da den Hinweis geben, die Arbeit von Geheimdiensten beruht auf zwei Säulen: einmal der Informationsbeschaffung auf der einen Seite und auf der anderen Seite der Vorgang der Informationsbewertung. Das, glaube ich, ist ganz wichtig, dass man das auseinanderhält. Und es geht beispielsweise auch darum für uns, dass man einen relativ guten Überblick über die Lage in Syrien hat. Beispielsweise geht es auch darum zu wissen, wie geht es der zivilen Bevölkerung, wie wirkt sich dies an kriegerischen Ereignissen auf Zivilbevölkerung aus, und es geht nicht in erster Linie mit der Frage von Informationsbeschaffung und Informationsbewertung um einseitige Parteinahme.

    Klein: Und Sie sagen uns noch mal, durch welches Mandat genau ist das jetzt gedeckt, was das Schiff dort macht?

    Körper: Meines Wissens ist dies durch Unifil gedeckt, denn dieses Boot ist schon seit einiger Zeit unterwegs.

    Klein: Das ist ein Mandat, das Sie noch einmal beschreiben?

    Körper: Das geht um die Küste im Mittelmeer, wo beobachtet wird, was beispielsweise in diesem Raum sich tut, bewegt, und es geht um diese Frage der Informationsbeschaffung. Ich glaube im Übrigen, dass das nicht die entscheidende Frage ist, in welchem Rahmen und in welchem Mandat dies erfolgt. Ich sage, Nachrichtendienste sind auf Informationsbeschaffung angewiesen, und wenn wir dort Informationen sammeln, verwerten und auch, ich sage, mit anderen befreundeten Nachrichtendiensten besprechen, tun wir einen guten Dienst, denn gute Informationen zu haben, dient zu einer realistischen Lageeinschätzung.

    Klein: Herr Körper, wir kommen natürlich jetzt wieder in diese Grauzone hinein und in die Diskussion hinein: Muss man das nicht so bewerten, dass durch die Informationsbeschaffung und Weitergabe deutsche Geheimdienste im Prinzip doch indirekt an einem Kriegsgeschehen beteiligt sind?

    Körper: Ich würde diese Frage eindeutig verneinen, wenn man weiß, wie die Vorgänge sind, was Informationsbeschaffung zum Ziel hat und Informationsverwertung. Ich sage Ihnen mal, Frau Klein: Es ist eine spannende Frage, wie die Verhaltensweise der Zivilbevölkerung ist, und die Zivilbevölkerung in Syrien nimmt ja zu großen Teilen derzeit wohl keine Partei, für die eine wie auch für die andere Seite. Dies zu wissen, ist für die Einschätzung der Lage von großer Bedeutung, und deswegen würde ich mir das nicht so einfach machen, dass man mit einer gewissen Informationsbeschaffung einseitige Parteinahme betreibt.

    Klein: Aber die strittige Frage, die dabei debattiert wird, ist ja wohl nicht, welche Informationen sammeln wir für uns, für das Vorgehen der Bundesregierung mit Bezug auf die Zivilbevölkerung, auf Flüchtlinge, sondern die Frage ist ja, welche Informationen werden weitergegeben an die syrischen Rebellen zum Beispiel, werden sie damit unterstützt, und man wird dann eben doch indirekt ein Teil einer Kriegspartei.

    Körper: Ich habe das zur Kenntnis, dass eine solche einseitige Partei ergreifende Informationsweitergabe nicht erfolgt.

    Klein: Und Sie können das ausschließen? So gut ist das Parlamentarische Kontrollgremium mit dem Bundesnachrichtendienst dann doch im Kontakt?

    Körper: Also ich kann dies als meine Meinung und als meine Einschätzung so wiedergeben.

    Klein: Worauf gründet sich Ihre Meinung?

    Körper: Auf das, was ich weiß.

    Klein: Und diese Kenntnisse haben Sie daher, dass das Parlamentarische Kontrollgremium – so habe ich Sie vorhin verstanden – über diesen Einsatz bereits genau unterrichtet worden ist?

    Körper: Ich will zugeben, dass ich den Vorteil habe, auch Mitglied des Verteidigungsausschusses zu sein, und dieses Flottendienstboot ist ein Boot der Bundeswehr, wo auch das Thema strategische Aufklärung eine Rolle spielt, und deswegen glaube ich, habe ich ein paar ganz gute zusammenfließende Informationsstränge.

    Klein: Das heißt, der Verteidigungsausschuss hat im Zweifel dann mehr Informationen als das Parlamentarische Kontrollgremium?

    Körper: Das würde ich in diesem Falle so nicht sagen. Aber dieses Flottendienstboot hat auch schon einmal im Verteidigungsausschuss eine Rolle gespielt.

    Klein: Ist es heikel, wenn Deutschland sich in dieser Weise da im Augenblick einbringt, oder ist es geboten, auf diese Art und Weise in dem Bürgerkriegsgeschehen mitzuwirken, auch wenn es um Informationsbeschaffung und Weiterleitung geht?

    Körper: In der Art und Weise, wie wir das tun mit unserer Arbeit auf diesem Flottendienstboot, glaube ich, ist diese Frage eindeutig zu verneinen. Das ist kein heikles Verhalten, sondern wir werden da dem Auftrag gerecht, Informationen zu sammeln, Informationen zu bewerten und sie beispielsweise auch mit unseren befreundeten Diensten wie den Briten und den Amerikanern auszutauschen. Und ich sage noch einmal ganz deutlich: Die Zielsetzung ist nicht, eine einseitige Parteinahme herbeizuführen.

    Klein: Es gab ja Ähnlichkeiten, eventuell gibt es die mit einem Fall während des Irak-Krieges, als zwei BND-Mitarbeiter in Bagdad unterwegs waren und damals auch einen Streit darüber ausgelöst haben, ob sich Deutschland eben doch indirekt am Irak-Krieg beteiligt hat, denn bis ins Allerletzte ist es, möglicherweise auch nicht aufzuklären. Also Sie sehen diese Gefahr und die Parallele zu dem Fall damals in keiner Weise gegeben?

    Körper: Frau Klein, ich habe das Problem, dass ich auch diesem Fall der BND-Mitarbeiter im Irak allzu gut kenne und glaube, dass man da keine Parallelität herbeiführen kann. Und im Übrigen ist die Bedeutung der Arbeit dieser BND-Mitarbeiter in der damaligen Zeit viel geringer zu bewerten, als dies hier und da in der Öffentlichkeit erfolgt. Ich könnte Ihnen da ein paar Fakten dazu nennen, die ich Ihnen aber leider aus Geheimhaltungsgründen nicht sagen darf, die dies eindeutig bestätigen.

    Klein: Aber sagen Sie uns allgemein: Was ist jetzt der gravierende Unterschied zum Fall im Irak damals?

    Körper: Im Fall im Irak hatten wir es beispielsweise nicht mit einem Flottendienstboot zu tun. Wir hatten beispielsweise es mit zwei BND-Mitarbeitern zu tun, die einen relativ beschränkten Radius, Arbeitsradius hatten, und aufgrund allein dieser Tatsache war ihre Fähigkeit, Informationen zu beschaffen, nicht sehr stark ausgeprägt.

    Klein: Ich habe Sie jetzt so verstanden, Herr Körper, abschließend gefragt, dass Sie für sich sagen, Sie haben genug Informationen, was diesen Fall angeht, als Parlamentarier, auch als jemand, der die Geheimdienste kontrollieren soll. Verstehen Sie, dass andere Abgeordnete doch größeren Aufklärungsbedarf haben, und würden aus diesem Grund auch eine Sondersitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums dann doch noch unterstützen?

    Körper: Ich bin immer für Offenheit und Transparenz und glaube, auch gerade in diesen Bereichen ist es wichtig, dass man immer an der Grenze der Geheimhaltung möglichst gut informiert, dass keine Vorurteile und falschen Informationen entstehen. Deswegen sollte ruhig auch im Parlamentarischen Kontrollgremium zu diesem Vorgang noch einmal berichtet werden. Und wer da Fragen hat, kann sie stellen, und ich glaube und bin relativ sicher, dass sie auch klar beantwortet werden. Also für Offenheit und Transparenz bin ich immer zu haben.

    Klein: Und Sie stellen dann hinter verschlossenen Türen zumindest den Kolleginnen und Kollegen auch Ihr Wissen zur Verfügung?

    Körper: Gerne.

    Klein: Fritz-Rudolf Körper war das, SPD-Bundestagsabgeordneter, Mitglied im heute Morgen mehrfach angesprochenen Parlamentarischen Kontrollgremium für die Geheimdienste. Ich bedanke mich für das Gespräch, Herr Körper.

    Körper: Danke!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.