Amtseinführung des US-Präsidenten
Deutschland und Europa mit Sorgen und Appellen vor Trumps Vereidigung

Vor Beginn der zweiten US-Präsidentschaft des Republikaners Trump hat Bundeskanzler Scholz die Bedeutung stabiler Beziehungen zu den USA hervorgehoben. Zugleich werden Sorgen über den künftigen Kurs der Vereinigten Staaten laut.

    Donald Trump spricht bei einem Abendessen in Washington. Seine Frau Melania Trump steht im Hintergrund und hört zu.
    Donald Trump am Vortag seiner Amtseinführung in Washington (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Evan Vucci)
    Scholz sagte der "Rheinischen Post", die Europäische Union könne zwar auch auf ihre eigene Stärke bauen, da sie ökonomisches Gewicht habe. Die NATO mit dem Verbündeten USA sei aber der Garant unserer Sicherheit. Scholz erklärte, er selbst habe nach der Wahl in den USA schon zweimal mit Trump telefoniert und "sehr freundliche und gute Gespräche" geführt.

    Gabriel: Europa muss wirtschaftlich stärker werden

    Der Vorsitzende der Atlantik-Brücke, Gabriel, forderte, Europa müsse wirtschaftlich stärker werden. Derzeit sei man mit Blick auf Trumps zweite Amtszeit unvorbereitet, sagte der frühere Bundesaußenminister im Deutschlandfunk. Ziel müsse es sein, in Europa wieder ein Machtzentrum zu bilden - und zwar zusammen mit Frankreich und möglichst auch mit Polen.
    Gabriel äußerte die Hoffnung, dass sich Deutschland nach der Bundestagswahl Ende Februar wieder voll in den Dienst der Europäischen Union stellen werde. Der SPD-Politiker warnte, wenn das nicht geschehe, sei man "verloren".
    Der Geschäftsträger der polnischen Botschaft in Deutschland, Tombinski, ist der Meinung, dass Europa mehr Autonomie in den Bereichen Wirtschaft und Verteidung anstreben müsse. Polen etwa werde im laufenden Jahr 4,7 Prozent des Bruttoinandsproduktes für Verteidigung und Sicherheit ausgeben. Hier gebe es für viele andere Länder Nachholbedarf, sagte Tombinski im Deutschlandfunk. Gemeinsame Investitionen in die gemeinsame Sicherheit schützten Europa.

    Deutscher Botschafter warnt überraschend deutlich vor Trump

    Der deutsche Botschafter in den USA, Michaelis, warnte unterdessen die Bundesregierung mit deutlichen Worten vor der Politik Trumps. In einem vertraulichen Bericht an das Außenministerium, der mehreren Medien vorliegt, prophezeit Michaelis eine "maximale Machtkonzentration beim Präsidenten zulasten von Kongress und Bundesstaaten".
    Demokratische Grundprinzipien sowie Checks and Balances - also die staatliche Gewaltenteilung - würden weitestgehend ausgehebelt. Legislative, Gesetzesvollzug sowie Medien würden ihrer Unabhängigkeit beraubt und als politischer Arm missbraucht, Big-Tech erhalte Mitregierungsgewalt. Der Botschafter erwähnte auch den Trump-Verbündeten Musk, dem neben Tesla und SpaceX die Plattform X gehört.

    Unternehmen befürchten Handelskrieg

    Die Deutsche Industrie- und Handelskammer warnte mit Blick auf erwartete Strafzölle ebenfalls vor schwerwiegenden Konsequenzen nicht nur für Deutschland. Ihre Hauptgeschäftsführerin Melnikov sagte der Düsseldorfer Zeitung "Rheinische Post", ein Handelskrieg kenne nur Verlierer. Unternehmen verlören Märkte, Verbraucher zahlten höhere Preise, und der globale Wohlstand werde gefährdet.
    Auch EU-Industriekommissar Séjourné warnte vor einem Handelsstreit zwischen Europa und den Vereinigten Staaten. In einem Interview sprach sich Séjourné gegen eine scharfe Antwort der EU auf Zollankündigungen durch Trump aus. Man könne bei den Zöllen zurückschlagen, aber die Europäer würden dafür bezahlen, sagte er. Dennoch müsse die Europäische Union angesichts der Drohungen Trumps offensiv handeln.

    Papst: Massenhafte Abschiebung von Migranten wäre "eine Schande"

    Angesichts von Plänen des neuen US-Präsidenten zur massenhaften Abschiebung von Migranten äußerte sich Papst Franziskus ablehnend. Wenn das so käme, wäre es eine Schande, sagte Franziskus im italienischen Fernsehen. Dies sei nicht der richtige Weg, um Probleme zu lösen. Der Papst hatte Trump bereits vor der Präsidentenwahl in den USA kritisiert. Er sagte damals, wer Migranten hinauswerfe, sei gegen das Leben.
    Trump wird heute Abend deutscher Zeit in Washington vereidigt. Die Teilnahme ausländischer Staats- und Regierungschefs an der Zeremonie ist unüblich. Trump hat jedoch unter anderem Chinas Staatschef Xi, Italiens Ministerpräsidentin Meloni und Ungarns Regierungschef Orban eingeladen. Deutschland wird von Botschafter Michaelis vertreten. Außerdem haben der AfD-Co-Vorsitzende Chrupalla und der CDU-Außenpolitiker Hardt eine Einladung erhalten und zugesagt.
    Weitere Informationen:
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    Vereidigung als US-Präsident: Wie autoritär wird Trumps zweite Amtszeit?
    Diese Nachricht wurde am 20.01.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.