Steuerskandal
Deutschlands wichtigste Cum-Ex-Ermittlerin Brorhilker verlässt Justizdienst

Deutschlands wichtigste Cum-Ex-Ermittlerin, die Kölner Oberstaatsanwältin Brorhilker, gibt ihren Posten auf. Nach Angaben der zuständigen Generalstaatsanwaltschaft reichte die 50-Jährige ihre Entlassung aus dem Justizdienst zum Ende des kommenden Monats ein.

    Anne Brorhilker, Kölner Staatsanwältin, sitzt im Gerichtssaal.
    Die Staatsanwältin Anne Brorhilker, die im Steuerskandal "Cum-Ex" ermittelte, hat ihren Posten aufgekündigt. (picture alliance / dpa / Oliver Berg)
    Brorhilker leitete die eigens für den größten deutschen Steuerskandal eingerichtete Hauptabteilung, die derzeit gegen mehr als 1.700 Beschuldigte ermittelt. Im Interview mit dem WDR sagte sie, sie sei unzufrieden, wie in Deutschland Finanzkriminalität verfolgt werde. Dies lasse sich in einem Satz zusammenfassen: "Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen." Elf Jahre nach Bekanntwerden der ersten Cum-Ex-Fälle habe die Politik noch immer nicht hinreichend reagiert. Täter mit viel Geld und guten Kontakten träfen oft auf eine schwach aufgestellte Justiz. Beschuldigte könnten sich immer wieder gegen eine Geldbuße aus Verfahren herauskaufen. Brorhilker will künftig für die Nichtregierungsorganisation "Finanzwende" tätig werden.
    Im vergangenen Jahr war ein Konflikt zwischen der Staatsanwältin und dem nordrhein-westfälischen Justizminister Limbach bekannt geworden. Demnach plante der Grünen-Politiker, Brorhilkers Abteilung aufzuspalten und ihr einen weiteren Hauptabteilungsleiter zur Seite zu stellen. Nach öffentlichen Diskussionen nahm Limbach von den Plänen wieder Abstand.

    Großer Schaden für Staat durch Cum-Ex-Geschäfte

    Durch den Cum-Ex-Betrug, der seine Hochphase von 2006 bis 2011 hatte, wurde der deutsche Staat schätzungsweise um einen zweistelligen Milliardenbetrag geprellt. Dabei wurden Papiere mit ("cum") und ohne ("ex") Dividendenansprüche in kurzer Zeit zwischen Finanzakteuren hin- und hergeschoben. Am Ende erstattete der Fiskus Banken, Aktienhändlern und Beratern unwissentlich Kapitalertragssteuern, die gar nicht gezahlt worden waren. Erst mit einer zum Januar 2012 greifenden Gesetzesänderung wurde dieser Praxis ein Riegel vorgeschoben.
    Inzwischen wurden einige Täter verurteilt, darunter der Steueranwalt und Cum-Ex-Architekt Hanno Berger, der eine achtjährige Haftstrafe erhielt, sowie Ex-Beschäftigte der Maple Bank. Ein früherer Anwalt der Großkanzlei Freshfields musste wegen Beihilfe zur schweren Steuerhinterziehung ins Gefängnis. Vor Gericht steht zudem der Warburg-Bankier Christian Olearius. 
    Diese Nachricht wurde am 22.04.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.