
Das Abo-Ticket ermöglicht Fahrten im gesamten deutschen Nah- und Regionalverkehr. Es wurde zuletzt von mehr als 13 Millionen Menschen genutzt. Bund und Länder stellen für das Bus- und Bahnticket jeweils 1,5 Milliarden Euro pro Jahr zur Verfügung.
Mit dem Ticket will die Politik die Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) erhöhen und einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Seit Januar 2025 kostet es 58 Euro (bisher 49).
Ist die Finanzierung nach 2025 gesichert?
Nein, wie es langfristig mit dem Ticket weitergeht, ist offen. Der Bund gibt pro Jahr einen Zuschuss von 1,5 Milliarden Euro, um Einnahmeausfälle bei den Verkehrsbetrieben auszugleichen, von den Ländern kommt noch mal die gleiche Summe. Doch die Bundesmittel sind nur noch für 2025 festgeschrieben.
SPD und Grüne wollen, dass das Ticket langfristig verlässlich angeboten wird. Aus der Union kommen unterschiedliche Stimmen. Abzuwarten bleibt, wie sich die nächste Bundesregierung zum Ticket positioniert.
Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU), Vorsitzender der Verkehrsministerkonferenz, sagte im Februar: "Für 2025 ist das Ticket gesichert, aber langfristig muss die neue Bundesregierung über die Zukunft des Tickets entscheiden. Aus bayerischer Sicht muss der Bund die Kosten künftig ganz übernehmen, schließlich war das Deutschlandticket – wie der Name schon sagt – ein Wunsch des Bundes."
Kritik daran kam unter anderem vom früheren Verkehrsminister von Nordrhein-Westfalen und jetzigen Vorstandssprecher des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr, Oliver Wittke (CDU). Bayern habe der Einführung des Tickets und auch der hälftigen Finanzierung durch Bund und Länder zugestimmt. Darüber könne man sich nicht einfach so hinwegsetzen. Das Deutschlandticket bezeichnete Wittke als größte Erfolgsgeschichte im ÖPNV der letzten 40 Jahre.
Verbraucherschützer mahnen eine langfristige Vereinbarung an. Um langfristig Erfolg zu haben und mehr Menschen in den Nahverkehr zu holen, sei eine gesicherte dauerhafte Finanzierung notwendig, so Ramona Pop vom Verbraucherzentrale Bundesverband.
Die Umweltorganisation Greenpeace sieht das ähnlich. Damit der öffentliche Nahverkehr seinen Weg aus der Nische finde, brauche es einen stabilen Preis, mehr Personal und eine bessere Taktung. Der Ticketpreis sollte nicht jedes Jahr neu verhandelt werden.
Warum halten Bundesregierung und Länder das Deutschlandticket für einen Erfolg?
Nach Ansicht des nordrhein-westfälischen Verkehrsministers Oliver Krischer (Grüne), entlastet das Deutschlandticket Pendler und leistet einen wichtigen Beitrag zur Mobilitätswende, zur sozialen Teilhabe und zum Klimaschutz. Es sei deswegen ein Erfolgsmodell.
So sieht es auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (parteilos, bis November 2024 FDP) - er hatte schon im November 2023 das Ticket als großen Erfolg bewertet. Ein Aus des Deutschlandtickets wäre "fatal", sagte Wissing im Februar dem Sender Phoenix. "Wir haben mit dem Deutschlandticket den ÖPNV modernisiert, wir haben die Digitalisierung des ÖPNV vorangetrieben und vor allen Dingen haben wir die arbeitende Mitte entlastet." Eine Abschaffung würde eine finanzielle Mehrbelastung für die arbeitende Mitte bedeuten. Das stehe im Widerspruch mit Ankündigungen der Union, die Mitte entlasten zu wollen.
Welche Kritik gibt es am Deutschlandticket?
Mobilitätsforscher wie Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) sehen bereits den Preis von 49 Euro als größtes Problem des Deutschlandtickets. Das sei zu teuer, „um Verlagerungseffekte messen zu können“, sagt der Forscher. Auch Autofahrer seien mit dem 49-Euro-Ticket „nicht wirklich zu begeistern“.
Praktisch habe die Bahn mit dem Ticket keine neuen Kunden gewonnen, kritisiert Knie. Es werde vor allem von Menschen nachgefragt, die vorher teurere Abos gehabt hätten oder Gelegenheitskunden gewesen seien. Noch immer nutzten weniger Menschen als vor der Pandemie die öffentlichen Verkehrsmittel.
Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt der Verkehrsökonom Christian Böttger von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin. Demnach wird durch das Deutschlandticket nur etwa 0,5 Prozent des Autoverkehrs tatsächlich verlagert. Das bedeute, dass nur fünf Prozent der mit dem Ticket gemachten Fahrten verlagerte Fahrten seien, so Böttger.
Umgerechnet in Personenkilometer seien dies vier bis fünf Milliarden pro Jahr zusätzlich. Dabei gebe man vier Milliarden Euro für das Deutschlandticket aus - viel Geld für einen geringen Effekt. Das gelte auch für die Treibhausgase, so Böttger. Jede mit dem Deutschlandticket eingesparte Tonne CO2 koste 6000 oder 8000 Euro. Dies sei „absurd viel Geld“.
Das Bundesverkehrsministerium geht von CO2-Einsparungen von etwa 22 Megatonnen aus, während das Wirtschafts- und Klimaschutzministerium mit vier Megatonnen rechnet. Hier herrscht mindestens Unklarheit.
Zudem erreiche man mit der Subvention des Deutschlandtickets nicht die Menschen, die bedürftig seien, kritisiert Böttger. „Die großen Profiteure sind die Leute, die aus der Mittelschicht kommen, die in den Vororten wohnen, im Speckgürtel, und die teilweise sehr teure Monatskarten brauchen, um in die Stadt zu pendeln. Dann zahlt man normalerweise 200 Euro im Monat für seine Monatskarte.“ Diese Menschen bekämen mit dem 49-Euro-Ticket Geld geschenkt.
Welche alternativen Ideen zum Deutschlandticket gibt es?
Verkehrsökonom Böttger schlägt vor, deutlich mehr Geld in den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur für Bus und Bahn zu stecken anstatt das Deutschlandticket zu subventionieren. Dazu gehöre etwa ein neues Ticketing-System, mit dem man unkompliziert „bundesweit fahren kann, ohne in jeder Stadt neu überlegen zu müssen, wo man sein Ticket kaufen kann“.
Mobilitätsforscher Knie setzt am Preis des Tickets an. Dieser sollte bei 29 Euro liegen, fordert er. So könne man jene Menschen als Bahnkunden gewinnen, die vorher keine gewesen seien. Tickets in dieser ungefähren Preislage gibt es bereits vereinzelt - in Hessen etwa den Hessen-Pass-Mobil für Menschen, die Sozialleistungen beziehen. Das Saarland hat ein Junge-Leute-Ticket.
aha, ckr, jde, ahe