Das Deutschlandticket wird es auch 2025 geben. Um die Finanzierung zu sichern, verabschiedete der Bundestag ein Gesetz, das den Ländern erlaubt, bislang nicht genutzte Mittel in Höhe von 350 Millionen Euro in das nächste Jahr zu übertragen. SPD, Grüne, FDP, Union und Die Linke stimmten zu, das BSW war im Bundestag nicht anwesend, die AfD enthielt sich. Anschließend passierte das Gesetz den Bundesrat.
Bund und Länder stellen für das Bus- und Bahnticket jeweils 1,5 Milliarden Euro pro Jahr zur Verfügung. Pendler und Reisende können seit Mai 2023 mit dem Deutschlandticket vergleichsweise günstig bundesweit Fahrten im öffentlichen Nah- und Regionalverkehr unternehmen. Mit dem Ticket will die Politik die Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) erhöhen und einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Ab 2025 kostet es 58 Euro (bisher 49).
Ist die Finanzierung nach 2025 gesichert?
Nein, wie es langfristig mit dem Ticket weitergeht, ist offen. Der Bund gibt pro Jahr einen Zuschuss von 1,5 Milliarden Euro, um Einnahmeausfälle bei den Verkehrsbetrieben auszugleichen, von den Ländern kommt noch mal die gleiche Summe. Doch die Bundesmittel sind nur noch für 2025 festgeschrieben.
SPD und Grüne wollen, dass das Ticket langfristig verlässlich angeboten wird. Doch in der Union wird es auch kritisch betrachtet: Unionsfraktionsvize Ulrich Lange (CSU) zufolge hat das Ticket eine Vielzahl von Konstruktionsfehlern, mit 58 Euro sei es nicht finanziert. Der Bund mische sich zudem in Länderaufgaben ein, überdies werde der ländliche Raum benachteiligt, wo das Auto das Verkehrsmittel Nummer eins bleibe.
Das klingt eher nach einer Absage an das Ticket. CDU-Chef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz hatte hingegen verlauten lassen, er wolle das Ticket erhalten, erwarte bei der Finanzierung für die Zeit nach 2025 aber "schwierige Verhandlungen" zwischen Bund und Ländern.
Bereits im September 2024 hatten die Verkehrsminister der Länder beschlossen, dass der Preis für das Deutschlandticket von 49 Euro auf 58 Euro ab 2025 steigen soll. Mit der Erhöhung ist die Hoffnung verbunden, zukünftig kostdeckend zu arbeiten.
Damit nähere sich das Deutschlandticket einem "realistischen" Preis an, der eher bei 69 Euro liege, meinte Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (CDU). Für den Sozialverband VdK sind hingegen die 58 Euro schon deutlich zu viel. Für armutsgefährdete und ältere Menschen, die nur eine Grundrente bezögen, sei die Preiserhöhung ein großes Problem.
Die Verkehrsminister der Länder verlangen finanzielle Zusagen vom Bund für die Zeit ab 2026. Auch Verbraucherschützer mahnen eine langfristige Vereinbarung an. Um langfristig Erfolg zu haben und mehr Menschen in den Nahverkehr zu holen, sei eine gesicherte dauerhafte Finanzierung notwendig, so Ramona Pop vom Verbraucherzentrale Bundesverband.
Die Umweltorganisation Greenpeace sieht das ähnlich. Damit der öffentliche Nahverkehr seinen Weg aus der Nische finde, brauche es einen stabilen Preis, mehr Personal und eine bessere Taktung. Der Ticketpreis sollte nicht jedes Jahr neu verhandelt werden.
Warum halten Bundesregierung und Länder das Deutschlandticket für einen Erfolg?
Nach Ansicht des Vorsitzenden der Verkehrsministerkonferenz, Nordrhein-Westfalens Ressortchef Oliver Krischer (Grüne), entlastet das Deutschlandticket Pendler und leistet einen wichtigen Beitrag zur Mobilitätswende, zur sozialen Teilhabe und zum Klimaschutz. Es sei deswegen ein Erfolgsmodell.
So sieht es auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (parteilos, bis November 2024 FDP) - er hatte schon im November 2023 das Ticket als großen Erfolg bewertet. Momentan wird es von rund 13 Millionen Menschen genutzt. Nach Umfragen besteht allerdings die Gefahr, dass viele Abonnenten ihr Ticket nach der Preiserhöhung kündigen.
Welche Kritik gibt es am Deutschlandticket?
Mobilitätsforscher wie Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) sehen bereits den Preis von 49 Euro als größtes Problem des Deutschlandtickets. Das sei zu teuer, „um Verlagerungseffekte messen zu können“, sagt der Forscher. Auch Autofahrer seien mit dem 49-Euro-Ticket „nicht wirklich zu begeistern“.
Praktisch habe die Bahn mit dem Ticket keine neuen Kunden gewonnen, kritisiert Knie. Es werde vor allem von Menschen nachgefragt, die vorher teurere Abos gehabt hätten oder Gelegenheitskunden gewesen seien. Noch immer nutzten weniger Menschen als vor der Pandemie die öffentlichen Verkehrsmittel.
Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt der Verkehrsökonom Christian Böttger von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin. Demnach wird durch das Deutschlandticket nur etwa 0,5 Prozent des Autoverkehrs tatsächlich verlagert. Das bedeute, dass nur fünf Prozent der mit dem Ticket gemachten Fahrten verlagerte Fahrten seien, so Böttger.
Umgerechnet in Personenkilometer seien dies vier bis fünf Milliarden pro Jahr zusätzlich. Dabei gebe man vier Milliarden Euro für das Deutschlandticket aus - viel Geld für einen geringen Effekt. Das gelte auch für die Treibhausgase, so Böttger. Jede mit dem Deutschlandticket eingesparte Tonne CO2 koste 6000 oder 8000 Euro. Dies sei „absurd viel Geld“.
Das Bundesverkehrsministerium geht von CO2-Einsparungen von etwa 22 Megatonnen aus, während das Wirtschafts- und Klimaschutzministerium mit vier Megatonnen rechnet. Hier herrscht mindestens Unklarheit.
Zudem erreiche man mit der Subvention des Deutschlandtickets nicht die Menschen, die bedürftig seien, kritisiert Böttger. „Die großen Profiteure sind die Leute, die aus der Mittelschicht kommen, die in den Vororten wohnen, im Speckgürtel, und die teilweise sehr teure Monatskarten brauchen, um in die Stadt zu pendeln. Dann zahlt man normalerweise 200 Euro im Monat für seine Monatskarte.“ Diese Menschen bekämen mit dem 49-Euro-Ticket Geld geschenkt.
Welche alternativen Ideen zum Deutschlandticket gibt es?
Verkehrsökonom Böttger schlägt vor, deutlich mehr Geld in den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur für Bus und Bahn zu stecken anstatt das Deutschlandticket zu subventionieren. Dazu gehöre etwa ein neues Ticketing-System, mit dem man unkompliziert „bundesweit fahren kann, ohne in jeder Stadt neu überlegen zu müssen, wo man sein Ticket kaufen kann“.
Mobilitätsforscher Knie setzt am Preis des Tickets an. Dieser sollte bei 29 Euro liegen, fordert er. So könne man jene Menschen als Bahnkunden gewinnen, die vorher keine gewesen seien. Tickets in dieser ungefähren Preislage gibt es bereits vereinzelt - in Hessen etwa den Hessen-Pass-Mobil für Menschen, die Sozialleistungen beziehen. Das Saarland hat ein Junge-Leute-Ticket.
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