Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719 bis 1803) suchte und pflegte Freundschaften zu vielen deutschsprachigen Dichtern seiner Zeit. Er sammelte ihre Werke und schuf ein literarisches und soziales Netzwerk rund um Halberstadt. Seinen Wohnsitz bezeichnete er auch als "Tempel der Freundschaft und der Musen".
Eine dieser Freundschaften verband ihn mit der Dichterin Anna Louisa Karsch, deren Porträt auch heute noch im Museum Gleimhaus in Halberstadt zu sehen ist. Die Beiden pflegten einen regen Briefkontakt. Anna Louia Karsch widmete ihm zahlreiche Gedichte und brachte ihm starke Gefühle entgegen, die Gleim jedoch nur platonisch erwidern konnte.
Das Gleimhaus liefert uns in diesem Monat als Ideengeber für eure eigenen Gedichte gleich zwei Aspekte des großen Themas Freundschaft: "Tempel der Freundschaft" sowie das ewig spannungsgeladene Verhältnis von "Freundschaft und Liebe".
Welches sind eure Tempel und Orte der Freundschaft? Wo trefft ihr heute eure Freunde? Sind die sozialen Netzwerke im Internet mit denen aus der Zeit Gleims vergleichbar? Auch im Internet schmücken wir uns mit den Bildern oft mehrerer hundert Freunde.
Vielleicht inspirieren euch aber auch die beiden Gedichte von Anna Louisa Karsch und Johann Wilhelm Ludwig Gleim, in denen es um Liebe und Freundschaft und den schmalen Grat dazwischen geht. Habt ihr auch selber schon ähnliche Erfahrungen gemacht? Kennt ihr Situationen, in denen aus Freundschaft Liebe wurde oder eine Freundschaft aufgrund unerwiderter Liebe zerbrochen ist?
Wenn ihr euch jetzt von der Muse geküsst fühlt, dann schickt uns eure Gedichte zum Thema Freundschaft!
Hier findet ihr die lyrix-Regeln zum Nachlesen.
Für den Versand eures Gedichts findet ihr hier eineE-Mail Vorlage.
An Herrn Gleim.
Bey Besteigung des Spiegelberges ohnweit
Halberstadt
(Zu Halberstadt den 26ten des Herbstmonaths 1761)
von Anna Louisa Karsch
Gieb mir die Hand! bald ist der Berg erstiegen;
Uns stürzt der Wagen, wenn er höher fährt
Komm Freund! Das grössere Vergnügen
Ist kleiner Mühe werth!
Wir schreiten fort. Die Diestel muß sich beugen.
So bringt ein Weiser, edel im Entschluß
Die Schwierigkeiten, die sich zeigen
Großmüthig unterm Fuß.
Mir klopft das Herz, bald hörst du seine Schläge
Ich athme schwer. Freund, ob ich zaudern will
Fragst du? − Steht denn auf ihrem Wege,
Die Tugend jemahls still?
Nun stehn wir oben. Siehe doch, mein lieber!
Das öde Thal ist noch nicht ohne Reiz;
Dem kleinen Goldbach gegenüber
Sucht sich der Heerde Geiz
Am Fuß des Berges noch die magern Halmen
Des Grafes, das im Frühlings Überfluß
Dort grünte. O, der singe Psalmen
Der Brod nicht suchen muß!
Doch wenig Brod bey Freunden deines gleichen
Bey innrer Ruh, ist lieblicher dem Gaum
Als Tafeln unzufriedner Reichen,
Als ihrer Freunde Traum.
Sieh doch, ein Völkchen Hühner! ruhig lagern
Im hohen welkgewordnen Grase sie.
Flieht nicht vor uns, wir Dichter jagen
Den frommen Vogel nie,
Der ohne Lippen mit dem Schnabel küssen
Die Gattin kann, von gleichgeschaffner Art.
Gott, den die Hügel hören müssen
Hat alles Fleisch gepaart.
Auch dich erschuf sein Wille nicht zum Feinde
Der Mädchen, aber keines bindet dich;
Du liebest zärtlich deine Freunde,
Als Freundin liebe mich!
Liebe und Freundschaft
von Johann Wilhelm Ludwig Gleim
Liebe, weg! Du zankst dich nur,
Bist nur immer eifersüchtig!
Siehst nur immer nach der Uhr,
Bist, wie ihre Stunden, flüchtig!
Freundschaft, bleib’! Du zankst dich nicht,
Bist nicht immer eifersüchtig!
Siehst in’s helle Sonnenlicht,
Bist nicht unstät, bist nicht flüchtig!
Komm’ und sitz’ auf meinem Schooß,
Herrsch’ in meinem kleinen Staate! –
Wie werd’ ich die Liebe los?
Rathe, liebe Freundschaft, rathe!
Unterrichtsmaterialien lyrix Dezember 2012
Eine dieser Freundschaften verband ihn mit der Dichterin Anna Louisa Karsch, deren Porträt auch heute noch im Museum Gleimhaus in Halberstadt zu sehen ist. Die Beiden pflegten einen regen Briefkontakt. Anna Louia Karsch widmete ihm zahlreiche Gedichte und brachte ihm starke Gefühle entgegen, die Gleim jedoch nur platonisch erwidern konnte.
Das Gleimhaus liefert uns in diesem Monat als Ideengeber für eure eigenen Gedichte gleich zwei Aspekte des großen Themas Freundschaft: "Tempel der Freundschaft" sowie das ewig spannungsgeladene Verhältnis von "Freundschaft und Liebe".
Welches sind eure Tempel und Orte der Freundschaft? Wo trefft ihr heute eure Freunde? Sind die sozialen Netzwerke im Internet mit denen aus der Zeit Gleims vergleichbar? Auch im Internet schmücken wir uns mit den Bildern oft mehrerer hundert Freunde.
Vielleicht inspirieren euch aber auch die beiden Gedichte von Anna Louisa Karsch und Johann Wilhelm Ludwig Gleim, in denen es um Liebe und Freundschaft und den schmalen Grat dazwischen geht. Habt ihr auch selber schon ähnliche Erfahrungen gemacht? Kennt ihr Situationen, in denen aus Freundschaft Liebe wurde oder eine Freundschaft aufgrund unerwiderter Liebe zerbrochen ist?
Wenn ihr euch jetzt von der Muse geküsst fühlt, dann schickt uns eure Gedichte zum Thema Freundschaft!
Hier findet ihr die lyrix-Regeln zum Nachlesen.
Für den Versand eures Gedichts findet ihr hier eineE-Mail Vorlage.
An Herrn Gleim.
Bey Besteigung des Spiegelberges ohnweit
Halberstadt
(Zu Halberstadt den 26ten des Herbstmonaths 1761)
von Anna Louisa Karsch
Gieb mir die Hand! bald ist der Berg erstiegen;
Uns stürzt der Wagen, wenn er höher fährt
Komm Freund! Das grössere Vergnügen
Ist kleiner Mühe werth!
Wir schreiten fort. Die Diestel muß sich beugen.
So bringt ein Weiser, edel im Entschluß
Die Schwierigkeiten, die sich zeigen
Großmüthig unterm Fuß.
Mir klopft das Herz, bald hörst du seine Schläge
Ich athme schwer. Freund, ob ich zaudern will
Fragst du? − Steht denn auf ihrem Wege,
Die Tugend jemahls still?
Nun stehn wir oben. Siehe doch, mein lieber!
Das öde Thal ist noch nicht ohne Reiz;
Dem kleinen Goldbach gegenüber
Sucht sich der Heerde Geiz
Am Fuß des Berges noch die magern Halmen
Des Grafes, das im Frühlings Überfluß
Dort grünte. O, der singe Psalmen
Der Brod nicht suchen muß!
Doch wenig Brod bey Freunden deines gleichen
Bey innrer Ruh, ist lieblicher dem Gaum
Als Tafeln unzufriedner Reichen,
Als ihrer Freunde Traum.
Sieh doch, ein Völkchen Hühner! ruhig lagern
Im hohen welkgewordnen Grase sie.
Flieht nicht vor uns, wir Dichter jagen
Den frommen Vogel nie,
Der ohne Lippen mit dem Schnabel küssen
Die Gattin kann, von gleichgeschaffner Art.
Gott, den die Hügel hören müssen
Hat alles Fleisch gepaart.
Auch dich erschuf sein Wille nicht zum Feinde
Der Mädchen, aber keines bindet dich;
Du liebest zärtlich deine Freunde,
Als Freundin liebe mich!
Liebe und Freundschaft
von Johann Wilhelm Ludwig Gleim
Liebe, weg! Du zankst dich nur,
Bist nur immer eifersüchtig!
Siehst nur immer nach der Uhr,
Bist, wie ihre Stunden, flüchtig!
Freundschaft, bleib’! Du zankst dich nicht,
Bist nicht immer eifersüchtig!
Siehst in’s helle Sonnenlicht,
Bist nicht unstät, bist nicht flüchtig!
Komm’ und sitz’ auf meinem Schooß,
Herrsch’ in meinem kleinen Staate! –
Wie werd’ ich die Liebe los?
Rathe, liebe Freundschaft, rathe!
Unterrichtsmaterialien lyrix Dezember 2012