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DFB-Ethik-Kommission
"Im Sportgeschäftsbereich gibt es jede Menge Fallen"

Der kommissarische Vorsitzende der Ethik-Kommission des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Nikolaus Schneider, hat im Dlf-Sportgespräch für eine "hochrangige, souveräne Persönlichkeit" als neuen DFB-Präsidenten geworben. Mit den Verlockungen eines solchen Amtes könne nur eine absolut gefestigte Person umgehen.

Nikolaus Schneider im Gespräch mit Marina Schweizer |
Nikolaus Schneider (Bischof im Ruhestand, ehemaliger Ratsvorsitzender der EKD 2010-2014)
Nikolaus Schneider, der kommissarische Vorsitzende der Ethik-Kommission des Deutschen Fußball-Bundes (Deutschlandradio / Bettina Straub)
Es sei schon etwas tragisch, dass Ex-DFB-Präsident Reinhard Grindel aufgrund eines Verstoßes gegen die Ethik-Regeln des DFB von seinem Amt habe zurücktreten müssen, sagte Nikolaus Schneider im Deutschlandfunk-Sportgespräch.
Immerhin sei es Grindel gewesen, der die Gründung einer DFB-Ethik-Kommission 2016 massiv vorangetrieben habe. Die DFB-Präsidentschaft von Reinhard Grindel war Anfang April auch an der Annahme einer geschenkten Luxus-Armbanduhr gescheitert.
"Im Sportgeschäftsbereich gibt es jede Menge Fallen"
"Im Sportgeschäftsbereich gibt es jede Menge Fallen, auch Verlockungen, weil da unglaublich große Geldsummen eine Rolle spielen. Das ist wirklich eine andere Welt", sagte Nikolaus Schneider, der kommissarische Vorsitzende der Ethik-Kommission des DFB.
Die Ethik-Kommission des DFB hat sich mit den Vorwürfen gegen den zurückgetretenen DFB-Präsidenten auch schon beschäftigt. Schneider vermied aber im Sportgespräch jede Stellungnahme zu dem Verfahren, da man sich noch mitten in den Ermittlungen befinde.

"Der DFB ist auf dem richtigen Weg", sagte Schneider, als er die Strukturveränderungen des größten deutschen Sportverbandes beschrieb. Der DFB werde sich strukturell verändern, der Grindel-Rücktritt sei auf diesem Weg ein Rückschlag, aber er werde den Verband auf diesem Weg nicht aufhalten.
Der ehemalige EKD-Vorsitzende Nikolaus Schneider
Nikolaus Schneider (dpa / picture alliance / Maja Hitij)
Wenn es für die Öffentlichkeit nachvollziehbarer werde, was beim DFB passiere, sei dies nur gut. "Alles was transparent und plausibel ist, schafft Vertrauen", sagte der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland.
"Wir sind nicht das scharfe Schwert"
Schneider kritisierte dabei auch die oft vorhandenen Verbandsstrukturen. Ethik werde durch die Strukturen bedingt. "Es gibt Strukturen, die helfen hinzuschauen und es gibt Strukturen, die ermutigen gerade dazu sich im Verschwiegenen zu bewegen."
Die Ethik-Kommission verstehe sich dabei eher als Beratungsgremium, sagte Schneider. Man versuche durch seine Beratung zu helfen, dass solche strukturellen Probleme nicht mehr auftreten würden, erläuterte der Interimsvorsitzende.

"Wir sind nicht das scharfe Schwert", sagte der 71-Jährige zu den Möglichkeiten seiner Kommission. Er könne eine Angelegenheit nur zur Anklage vor dem Sportgericht bringen und niemanden bestrafen. Er sei aber nicht unzufrieden, denn man habe schon konkrete Veränderungen erreicht.
DFB-Präsident Reinhard Grindel bei der Bekanntgabe seines Rücktritts.
Ex-DFB-Präsident Reinhard Grindel bei der Bekanntgabe seines Rücktritts im April (Boris Roessler/dpa/picture alliance)
"Hochrangige, souveräne Persönlichkeit"
Schneider plädierte auch dazu, das Amt des DFB-Präsidenten in Zukunft zum Hauptamt umzufunktionieren. "Diese Position ist sehr herausfordernd. Das Ehrenamt suggeriert ja, das kann man mit einem überschaubaren Zeitaufwand betreiben. Das geht nicht."
Im Dlf-Sportgespräch brachte er eine mögliche Ausgliederung des Profibetriebs aus dem Verband ins Spiel. Dies sei ein mögliches Szenario. "Das Sportgeschäft ist mit der Gemeinnützigkeit nicht verträglich."
Beim Nachfolger für das Amt des DFB-Präsidenten plädierte Schneider für eine gefestigte Persönlichkeit, die mit den Versuchungen solcher Ämter souverän umgehen könne. Wichtig sei auch ein gewisses Verständnis für den Betrieb.