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Befragung von Fußballverantwortlichen
Das Imageproblem des DFB

Der DFB kämpft rund acht Monate vor der Europameisterschaft im eigenen Land gegen ein Stimmungstief. Nicht nur bei den Fans, auch bei Verantwortlichen aus dem Fußballbetrieb, wie eine Hochschulstudie belegt.

Von Christian Mixa |
DFB-Präsident Bernd Neuendorf bei einem Nations-League-Spiel in Sinsheim
DFB-Präsident Bernd Neuendorf sieht sich dem Wunsch nach echtem Wandel gegenüber, auch aus dem Fußballgeschäft (IMAGO / ActionPictures)
Die zuletzt magere Bilanz der Nationalteams, das Hickhack um Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg, Dissonanzen in Führungsgremien, Sorge um die Finanzen - der Deutsche Fußball-Bund (DFB) kämpft rund acht Monate vor der Europameisterschaft im eigenen Land gegen ein Stimmungstief. Nicht nur an der Basis, bei den Aktiven in den Vereinen und den Fans in den Stadien, wird die Arbeit des Verbands kritisch gesehen. Auch bei vielen Angehörigen des Fußballbetriebs selbst hat der DFB ein Imageproblem, dies haben nun erste Ergebnisse einer Untersuchung der Hochschule Ansbach bescheinigt.
Das Forschungsteam hat einhundert sogenannte "Stakeholder" aus dem Fußball befragt: Unter ihnen sind aktive und ehemalige Profis wie Julian Draxler, Almuth Schult, Marco Bode oder Cacau. Trainer und Trainerinnen aus dem Profi- und Amateurbereich, Klub- und Verbandsfunktionäre, Spielerberater, Schiedsrichter wie Deniz Aytekin oder Bibiana Steinhaus-Webb. Dazu Vertreter aus Forschung, Sportpolitik und Fanszene, Medienschaffende sowie Führungskräfte aus dem Bereich Sponsoring und Vermarktung wie Katja Kraus, frühere Nationalspielerin und Mitgründerin der Initiative "Fußball kann mehr".  
"Die Ergebnisse zeigen eine überaus kritische Positionierung von Meinungsführer*innen und Interessenvertreter*innen aus dem deutschen Fußball selbst gegenüber dem DFB", erklärte Medienwissenschaftlerin Jana Wiske, Leiterin der Studie.

Vom DFB vernachlässigt: Frauenfußball und Amateure

Ein besonders auffallendes Ergebnis der Befragung: Eine überwiegende Zahl der Stakeholder attestiert dem DFB einen starken Fokus auf den Profifußball und eine Vernachlässigung der Basis: Nur 16 Prozent der Befragten sehen den DFB als Interessenvertretung des Amateurfußballs, 55 Prozent dagegen als Interessenvertretung des Leistungssports, sprich: des Profifußballs und der Nationalteams.
Dabei liege der Fokus nach Ansicht der Befragten nach wie vor viel zu stark auf dem Männerfußball, repräsentiert vom Nationalteam und dem DFB-Pokal der Männer. Der Fußball der Frauen, der anders als der Bundesliga-Fußball bei den Männern komplett im Verantwortungsbereich des DFB liegt, werde demnach weiter vernachlässigt.

Nachwuchsförderung als wichtigstes Zukunftsthema - nicht sportlicher Erfolg

Grundsätzlich, so der Wunsch, solle der DFB künftig bei seiner Arbeit die Bereiche Amateurfußball, Frauen-Bundesliga, Schiedsrichter*innen und vor allem die Nachwuchsarbeit deutlich stärken. Die Hälfte der Befragten (51 Prozent) sehen die "Nachwuchsförderung" als eines der drei wichtigsten Zukunftsthemen für den DFB. Dahinter landet die "Interessenvertretung des Amateurfußballs" (42 Prozent) - noch vor dem "sportlichen Erfolg", im Wesentlichen das viel beobachtete Abschneiden der Nationalteams bei großen Turnieren. Dies landet erst auf dem dritten Rang (38 Prozent). Auch um die Strategie der Nachwuchsförderung, etwa durch neue Spielformate bei Jugendteams, hatte es zuletzt im deutschen Spitzenfußball heftigen Streit gegeben.
Die in der Vergangenheit zum Teil problematische Außendarstellung, speziell der Männer-Nationalmannschaft, wurde in der Studie bestätigt: Lediglich zwei Prozent der Befragten wollten dem DFB Fannähe attestieren. Ebenfalls nur zwei Prozent stimmen der Aussage zu, dass der DFB für Transparenz steht – wohl auch ein Ergebnis der zahlreichen Affären im Verband und des Umgangs mit politischen Reizthemen. Zuletzt hielt sich der DFB mit einer Bewertung der im Prinzip beschlossenen Vergabe der WM 2034 nach Saudi-Arabien zurück, dabei sitzt Präsident Bernd Neuendorf im FIFA-Rat.

Wunsch auch der Fußball-Stakeholder: "Mehr Transparenz, offenere Fehlerkultur"

Konkret nannten 74 Prozent der Befragten "transparentere Entscheidungsprozesse" als eine der drei nötigsten strukturellen Veränderungen. Den größten Verbesserungsbedarf, so ein Ergebnis der Studie, sehen die Befragten neben dem Einsatz für gesellschaftlich relevante Themen auch in einer "offeneren Fehlerkultur".
Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung hat der DFB das Studienteam bereits zum Austausch eingeladen. Co-Studienleiter und Fußballforscher Tim Frowein betonte den "konstruktiven Ansatz", der das Leitmotiv der Studie bildete: Das Forschungsprojekt, so Frowein, solle dem Fußball-Dachverband Impulse und Orientierungspunkte für "echten organisatorischen, politischen und inhaltlichen Wandel" liefern. Das künftige Ziel müsse es sein, den Erwartungshaltungen seiner Anspruchsgruppen möglichst gerecht zu werden und den Weg hin zu einem zukunftsfähigen, gesellschaftsrelevanten Sportverband zu ebnen, so die Forderung. Erste Anhaltspunkte dafür hat der DFB nun vorliegen.
Quelle: Dlf, SZ, sid, dpa