Archiv

Nachhaltigkeit bei der EM 2024
Zug statt Flieger, Straßenbahn statt Auto

Der Deutsche Fußball-Bund macht sich ehrlich: Ökologisch am besten wäre es, die Heim-EM im nächsten Jahr würde nicht stattfinden. Kommt aber natürlich nicht in Frage. Deswegen die Devise: Nachhaltigkeit. Sein Konzept dafür hat der DFB jetzt vorgestellt.

Von Maximilian Rieger |
Drei deutsche Fans bei der WM in Katar.
Anders als zur WM in Katar sollen zur EM in Deutschland viele Fans mit dem Zug anreisen. (IMAGO / MIS International / IMAGO / Marcio Machado / M.i.S.)
Rein stimmungstechnisch erhofft sich der DFB von der EURO 2024 ein zweites Sommermärchen. Aber: "Wenn wir uns vorneweg ehrlich machen, dann ist die perfekte ökologische Sportveranstaltung die, die nicht stattfindet", sagt DFB-Mediendirektor Steffen Simon gleich zum Auftakt des Nachhaltigkeitsforums, an dem rund 200 Menschen aus Vereinen, Verbänden und NGO's auf dem DFB-Campus teilgenommen haben.
Die EM nicht durchzuführen, kommt für den DFB natürlich nicht in Frage. Es sei aber wichtig, dass der Verband sich daran beteilige, dass Deutschland seine Klimaziele einhält, so Simon: "Wir sind als Schnittstelle zu den Menschen wichtig. Und wenn wir die jetzt wichtigen Botschaften aufnehmen und zu unseren Fans und denjenigen tragen, die sich für den Fußball interessieren, dann gehört das auch unbedingt zu unseren Aufgaben."

Größter Klima-Faktor: die An- und Abreise der Fans

Der Verband arbeitet daran, dass durch die EM möglichst wenig klimaschädliches CO2 entsteht. Größter Faktor dabei: die An- und Abreise der Fans. Deswegen soll das Stadion-Ticket auch für den ÖPNV gültig sein. Zudem soll es zur EM ein Interrail-Ticket geben, damit mehr Fans mit dem Zug und nicht mit dem Flugzeug nach Deutschland reisen. Und in der Gruppenphase sind die Spielorte so gelegt, dass alle Städte innerhalb von höchstens fünf Stunden mit der Bahn erreichbar sind.
Notwendige Maßnahmen, sagt Juliane Seifert, Staatssekretärin im für den Sport zuständigen Bundesinnenministerium: "Uns muss doch allen klar sein, dass wir kein unbeschwertes Fest haben werden, dass wir nicht unbeschwert Fußball gucken werden, wenn wir uns zu recht vorwerfen lassen müssen, dass wir unnötig viel die Luft verpesten oder so zum Klimawandel beitragen. Wenn wir uns vorwerfen lassen müssen, dass wir nicht alles dafür getan haben, dass soziale Rechte und Menschenrechte geachtet werden."

Menschenrechte: Kriterien für Olympia 2024 wohl schon ausgereifter

Nach den Weltmeisterschaften in Russland und Katar sieht auch Turnierdirektor Philipp Lahm die Chance, mit der EM einen Kontrapunkt zu setzen. "Das ist einfach eine gute Möglichkeit, unsere Werte, die wir haben, die wir leben, offen zu zeigen, für unsere Zwecke zu nutzen sozusagen. Für was stehen wir eigentlich und wie wollen wir in Europa eigentlich zusammenleben?" An konkreten Maßnahmen, wie die Menschenrechte während der EM geschützt werden können, fehlt es aber noch. "Also bei den Olympischen Spielen in Paris sind die mit den Prozessen schon sehr viel weiter, als wir hier in Deutschland", sagt Silvia Schenk von Transparency International.
Die Organisatoren der Sommerspiele 2024 in der französischen Hauptstadt hätten schon klare Prozesse festgelegt, wie Menschenrechtsverletzungen vermieden werden sollen – und was passiert, wenn sie doch stattfinden. Dies müsse es auch für die EURO geben, fordert Schenk: "Wir haben auch in Deutschland menschenrechtliche Risiken. Wir haben prekäre Arbeitsverhältnisse im Catering, im Sicherheitsdienst, in der Reinigung. Das sind alles Dinge, die wir bei der EM brauchen." Eine genaue Analyse der menschenrechtlichen Risiken der EURO sei aber praktisch fertig, so Schenk. Dann könnten die Gastgeberstädte spezifische Maßnahmen ergreifen.