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DFB-Elf vor EM 2024
Journalist Bark: "Aus der Vergangenheit nichts gelernt"

Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat gegen Polen sportlich erneut enttäuscht. Ein Problem sei die zu hohe Erwartungshaltung, sagte Sportjournalist Marcus Bark im Dlf. Einen Trainerwechsel hält er vor der Heim-EM 2024 für unwahrscheinlich.

17.06.2023
In gut einem Jahr findet in Deutschland die Fußball-Europameisterschaft statt. Doch die Stimmung in Fußball-Deutschland ist aktuell schlecht. Nach dem 3:3 gegen Ukraine sorgte die deutsche Nationalmannschaft am Freitag mit dem 0:1 im Testspiel gegen Polen für den nächsten Stimmungsdämpfer.
Sportjournalist Marcus Bark war bereits vor dem Anstoß des Polen-Spiels verblüfft, "als Bundestrainer Hansi Flick sagte, dass die Spiele doch gar nicht so wichtig seien, sondern dass es erst im September wichtig werde. Das ist natürlich ein krasser Widerspruch. Weil das eigentliche Ziel war ja, über die Spiele im Juni die Zuschauer und Fans wieder zu gewinnen und zu begeistern mit gutem Fußball und guten Ergebnissen", sagte Bark im Deutschlandfunk.

Enttäuschender Auftritt der DFB-Elf in Halbzeit eins

Zum zweiten Mal verblüfft sei er dann aufgrund des Auftritts der Mannschaft in der ersten Halbzeit gewesen. "In der zweiten Halbzeit wurde es dann besser. Aber wenn man gegen eine biedere polnische Mannschaft kein Tor schießt, ist das natürlich schon sehr enttäuschend."
Den fehlenden Willen wolle er der Mannschaft aber nicht absprechen. Die Terminierung der Länderspiele sei unglücklich, so Bark: "Die Saison ist zu Ende. Alle haben mit ihren Vereinen entweder was erreicht oder sind enttäuscht. Da muss man schon ehrlich sagen, so richtig Bock hat auf die Spiele keiner. Der DFB muss natürlich auch Einnahmen generieren, da ist durch Corona viel verloren gegangen."

Keine eingespielte Stamm-Elf unter Flick

Das größere Problem sei, dass es unter Hansi Flick keine eingespielte Stamm-Elf gebe. "Mir kommt es ein bisschen trotzig vor, dass er immer weiter experimentiert und nicht versucht, eine Elf aufzubauen, die vielleicht dann auch in einem bestimmten System spielen kann. Und es ist ja auch nicht so, dass diese Elf dann gesetzt ist. Man kann in den Testspielen sechs Mal wechseln, in normalen Spielen fünf Mal. Das will in meinen Kopf nicht ganz rein."
Dass der DFB vor der EM den Trainer noch einmal wechselt, hält Bark für unwahrscheinlich. "Man muss ja auch immer nach den Alternativen fragen. Gut, Julian Nagelsmann ist noch auf dem Markt. Aber er ist noch sehr jung. Und es hat sich bei Bayern München gezeigt, vielleicht ist er für so große Aufgaben dann noch zu jung. Und das ist natürlich eine wahnsinnige Verantwortung und Aufgabe, Deutschland in die Heim-EM zu führen."

Hauptproblem des DFB: zu hohe Ansprüche

Der DFB täte stattdessen gut daran, die Ansprüche herunterzuschrauben, sagte Bark. "Da sind wir vielleicht beim großen Problem dieser Mannschaft und dieses Verbandes, dass sie aus der Vergangenheit nichts gelernt hat. Nach 2018 wurde beim nächsten Turnier der Titel zum Ziel ausgegeben und dann weiter und weiter. Und es kam eine Enttäuschung nach der anderen." Auch Hansi Flick wolle nun Europameister werden.
Im September folge nun ein "knackiges Testspiel" gegen Frankreich. "Und wenn die Franzosen da Lust haben, kann das natürlich schon haarig in die Buchse gehen. Ich weiß nicht, ob dann die Stimmung so schlecht ist, dass der DFB vielleicht nochmal versucht zu reagieren. Es gibt ja Modelle, dass ein Trainer in Personalunion einen Verein und eine Nationalmannschaft übernimmt. Und da ist man natürlich schnell beim Namen Jürgen Klopp. Im Fußball sollte man nie etwas ausschließen. Ich halte es aber für wahrscheinlich, dass Hansi Flick bei der Euro 2024 Bundestrainer sein wird."