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DFB-Präsident Grindel
"Grindels Stuhl ist schon am Kippeln"

Reinhard Grindel ist wegen angeblich verschleierter Einkünfte in Höhe von 78.000 Euro in die Kritik geraten. Die Zukunft des DFB-Präsidenten an der Verbandsspitze sei mehr als fraglich, sagte der sportpolitische Journalist Thomas Kistner im Dlf. Auffällig sei, dass sich kein Unterstützer an Grindels Seite gestellt habe.

Thomas Kistner im Gespräch mit Astrid Rawohl |
DFB-Präsident Reinhard Grindel beim Spiel Italien gegem Deutschland am 15.11.2016 in Stadio Giuseppe Meazza, Mailand (Lombardei).
DFB-Präsident Reinhard Grindel kommt nicht aus den Schlagzeilen (picture alliance/dpa - Guido Kirchner)
Nach Berichten des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel", soll DFB-Präsident Reinhard Grindel als Aufsichtsratsvorsitzender der DFB-Medien-Verwaltungsgesellschaft zwischen Juli 2016 und Juli 2017 zusätzlich zu seinen sonstigen Einnahmen 78.000 Euro erhalten habe.
Grindel und der DFB hatten seine Einkünfte beim Amtsantritt im April 2016 als DFB-Präsident mit 14.400 Euro monatlich beziffert: 7200 Euro Aufwandsentschädigung, zuzüglich eines Verdienstausfalls in gleicher Höhe. Denn durch die Aufgabe seines Bundestagsmandats wäre Grindel automatisch wieder Angestellter des ZDF geworden, für das er zuvor gearbeitet hatte.
78.000 Euro für zwei Sitzungen im Jahr
Was weder Grindel noch der Verband gegenüber der Öffentlichkeit je erwähnten, war die Tatsache, dass der DFB-Präsident von Juli 2016 bis Juli 2017 zusätzlich 78.000 Euro kassierte - für seine Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzender der öffentlich so gut wie unbekannten DFB-Medien Verwaltungs-Gesellschaft, für ganze zwei Sitzungen im Jahr.
Grindel hat die Zahlungen eingeräumt, verwies aber darauf, dass er zum Zeitpunkt seiner Wahl noch nicht Vorsitzender des Aufsichtsrats der DFB-Tochter gewesen sei und deshalb damals auch nichts verschwiegen habe.
Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge (FC Bayern München) und DFB-Präsident Reinhard Grindel trinken Sekt auf der Ehrentribüne.
Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge (FC Bayern München) und DFB-Präsident Reinhard Grindel (re.) (imago sportfotodienst)
Glaubwürdigkeit massiv geschädigt
Die Aussagen vom Grindel seien unglaubwürdig und eine billige Ausrede, sagte Thomas Kistner von der Süddeutschen Zeitung im Dlf. Vor allem auch vor dem Hintergrund, dass er bei seinem Amtsantritt 2016 für die Zukunft Transparenz angekündigt hatte, die ganze Causa untergrabe die Glaubwürdigkeit des DFB-Präsidenten sagte er sportpolitische Experte im DFB.
Grindel will am 27. September beim DFB-Bundestag in Frankfurt für eine weitere Amtszeit kandidieren. Aber seine Zukunft an der Spitze des größtes deutschen Sportverbandes sei mehr als fraglich, sagte Kistner. "Grindels Stuhl wackelt heftig, er ist schon am kippeln", sagte der SZ-Journalist. Es gebe schon jede Menge Funktionäre, die sich Gedanken machen, wie und durch wen Grindel beim DFB-Bundestag ausgetauscht werden könnte.
Öffentlich keine Unterstützer mehr für Grindel
Einzig bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) bestehe Interesse an einem "schwachen Präsidenten", sagte Kistner. "Mit schwachen Spitzenleuten lässt sich besser verhandeln." Bemerkenswert sei auch, dass sich kein DFB-Mitarbeiter oder Vertrauter in dem neuen Skandal unterstützend an Grindels Seite gestellt habe. "Das ist ein ganz klares Signal".
Nach dpa-Informationen schlossen sich am Sonntag Grindel und die hochrangigen DFB-Präsidiumsmitglieder Reinhard Rauball, Rainer Koch, Peter Peters, Stephan Osnabrügge und Friedrich Curtius telefonisch zusammen. Über Inhalte der Gespräche des Präsidialausschuss wurde zunächst nichts bekannt. Eine außerordentliche Sitzung mit dem gesamten DFB-Präsidium ist derzeit nicht terminiert.
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