Spätestens seit dem vergangenen Wochenende ist das Thema Gewalt gegen Schiedsrichter im Amateurfußball wieder in den Schlagzeilen: Erst haben die Berliner Amateurschiedsrichter vergangenes Wochenende (26./27.10.) gestreikt, um auf zunehmende Gewalt hinzuweisen, dann schlägt ein Spieler bei einer Kreisligapartie im südhessischen Münster einen Schiedsrichter k.o., nachdem dieser ihm die gelb-rote Karte gezeigt hatte.
Was tut der Deutsche Fußball-Bund (DFB), um solche Übergriffe in Zukunft zu verhindern?
"Wir werden zunächst auf dem aufbauen, was wir bereits haben", sagte DFB-Vizepräsident Ronny Zimmermann in der Sendung "Sport am Samstag" und verwies auf die "Arbeitsgruppen, die sich mit Fairplay und Gewaltprävention auseinandersetzen".
Haben Schiedsrichter eine zu kleine Lobby?
An der Umsetzung genau dieser Gruppen hapere es jedoch, sagte Thaya Vester, akademische Mitarbeiterin an der Juristischen Fakultät der Universität Tübingen und Mitglied der Arbeitsgruppe "Fairplay und Gewaltprävention" des DFB, in einem Interview gegenüber Spiegel Online. Die Arbeitsgruppe habe unter anderem keinen eigenen Etat, um Maßnahmen anzustoßen, erklärte Vester und sagte: "Vielleicht hat das Thema Gewalt gegen Schiedsrichter auch noch eine zu kleine Lobby."
Kritik, die Ronny Zimmermann zurückwies. Vorschläge aus dieser Arbeitsgruppe müssten wegen des föderalistischen Systems auf Landesebene umgesetzt werden und "das passiere auch, allerdings in völlig unterschiedlichen Dimensionen." Vielleicht passiere nicht genug, um jeden Einzelfall zu verhindern - aber das sei auch nicht möglich, sagte Zimmermann im Dlf.
Zahl der Angriffe hat erstmals zugenommen
Die DFB-eigene Statistik zählte in der Saison 2018/2019 in rund 1,3 Millionen erfassten Spielen 2.906 Angriffe auf Schiedsrichter und stellte damit erstmals eine leichte Zunahme gegenüber der vorherigen Saison (2017/2018: 2.866) fest. Darauf angesprochen erklärte Zimmermann: "Es ist immer noch zu viel, aber es ist nicht so, dass man sich erschrecken müsste vor der Zahl." Auch weil die Statistik nicht nur so extreme Vorfälle verzeichne wie den im südhessischen Münster, sondern auch Angriffsversuche.
Ronny Zimmermann bezweifelte, dass es möglich ist, schärfere Strafen einzuführen. So seien seiner Meinung nach etwa lebenslange Sperren für Amateurspieler "zivilrechtlich nicht haltbar". Ein häufiges Problem bei der Verfolgung von Angriffen auf Schiedsrichter sei außerdem, dass der konkrete Verlauf oft schwierig zu rekonstruieren sei, weil kein kein Bildmaterial vorliege.
Optionen für härteres Durchgreifen werden überprüft
Vielleicht könnte ein härteres Durchgreifen von Schiedsrichtern in der Bundesliga etwas bewirken? Gewissermaßen als Vorbild für den Amateursport? Der DFB wolle zusammen mit der UEFA prüfen, ob diesbezüglich Änderungen in der Regelauslegung möglich sind, sagte Zimmermann im Dlf - um welche Ideen und Vorschläge es dabei konkret geht, wollte er jedoch nicht verraten.
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