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DFB-Vizepräsident Watzke nennt Reform im Nachwuchsbereich "unfassbar"

DFB-Vizepräsident Watzke hat die vom Deutschen Fußball-Bund geplanten Reformen im Nachwuchsbereich scharf kritisiert. Er finde die Pläne "unfassbar" und "nicht nachvollziehbar", sagte Watzke, und kündigte eine Reform der Reform an.

    Porträtaufnahme von Hans-Joachim Watzke, er trägt einen weißen Rollkragenpullover und eine schwarze Jacke darüber.
    DFB-Vizepräsisdent Hans-Joachim Watzke (IMAGO / Kirchner-Media / Neundorf)
    Der DFB hatte Ende August Hannes Wolf als neuen für den Nachwuchs zuständigen Direktor vorgestellt. Der 42-Jährige hatte die Nachwuchsreform ausführlich erläutert und verteidigt. Ihr Ziel ist es, den Leistungsdruck im Kinderfußball zu verringern. Zuletzt war die Umstrukturierung der Nachwuchs-Wettbewerbe und die Abschaffung der bisherigen A- und B-Junioren-Bundesligen beschlossen worden.

    Polemische Kritik

    Das Vorhaben wird kritisiert, weil es dadurch angeblich nicht mehr ums Gewinnen und Verlieren geht. "Wenn du als Sechs-, Acht- oder Neunjähriger nie das Gefühl hast, was es ist, zu verlieren, dann wirst du auch nie die große Kraft finden, um auch mal zu gewinnen", meinte Watzke. Es gebe "im DFB und in der Gesamtgesellschaft viele Leute, die sagen: Wir müssen weniger Leistungsdruck und Stress am Arbeitsplatz und lieber ein bisschen mehr Home-Office haben. Wir müssen alle fröhlich und friedlich sein und uns alle gut vertragen und am Ende gucken, dass wir noch einen finden, der das Ganze bezahlt." Das gelte auch schon im Nachwuchsfußball, meinte der Funktionär. "Und ich halte es für völlig falsch."

    Wolf wehrt sich

    DFB-Direktor Wolf, der am 27. September vor die Medien treten wird, verteidigte den Ansatz: "In den neuen Spielformen im Kinder- und Jugendfußball wird Leistung gefordert und durch die unmittelbare Rückmeldung des Gewinnens und Verlierens gefördert", hieß es in einer DFB-Mitteilung aus "aktuellem Anlass": "Wie auch in der Trainingsphilosophie Deutschland wird das Spielen auf Tore und um Ergebnisse in jedem Training und an jedem Spieltag der Kern unserer Fußballausbildung sein."

    Watzkes Kritik teils an den Tatsachen vorbei

    Tatsächlich wird die Kritik Watzkes den Tatsachen in weiten Teilen nicht gerecht, da das Gewinnen und Verlieren bei den Kindern nicht abgeschafft wird. Das hat der DFB explizit angekündigt: "Ergebnisse werden nicht festgehalten, aber jedes einzelne Spiel wird gewertet und Mannschaften steigen während des Turniers in das nächste Feld auf oder ab. Insofern gibt es durchaus Sieger*innen und Verlierer*innen – eine Erfahrung, die auch für Kinder wichtig ist. Aufgrund der Vielzahl an Spielen sind die einzelnen Ergebnisse in den neuen Spielformen allerdings auch schneller wieder vergessen. Tabellen gibt es nicht."
    Zuvor hatten bereits Österreichs Nationaltrainer Ralf Rangnick, Kölns Trainer Steffen Baumgart und Ex-Nationalspieler Dietmar Hamann die Reformpläne kritisiert. Watzkes Aussagen legen nahe, dass sie auch in DFB-Kreisen kritisch diskutiert werden.

    Weiterführende Informationen

    Einen ausführlichen Bericht über die Reformen im Nachwuchsfußball und die Kritik daran lesen und hören Sie hier.
    Diese Nachricht wurde am 09.09.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.