Proteste gegen DFL-Investor
Politikwissenschaftler: "Der erste Spielabbruch steht unmittelbar bevor"

Der Protest der Fußball-Fans gegen einen DFL-Investor nimmt immer größere Formen an. Neu sei der Machtkampf zwischen Fans und Verband nicht, sagt Politikwissenschaftler Jürgen Mittag im Dlf. Die Akzeptanz für die Proteste schwinde jedoch.

Jürgen Mittag im Gespräch mit Matthias Friebe | 18.02.2024
Fans des 1. FC Nürnberg halten Schilder gegen den DFL-Investor hoch.
Fans des 1. FC Nürnberg stürmten im Spiel gegen den 1. FC Kaiserslautern den Innenraum, um gegen den Einstieg eines Investors in die DFL zu protestieren. (IMAGO / Zink / IMAGO / Sportfoto Zink / Daniel Marr)
Kaum ein Spiel der Fußball-Bundesliga und der 2. Bundesliga geht aktuell ohne eine Spielunterbrechung über die Bühne. Mit Tennisbällen, Schokotalern, Flummis oder mittlerweile auch ferngesteuerten Autos sorgen Fans immer wieder für Spielunterbrechungen. Grund dafür ist der Protest gegen den geplanten Einstieg eines Investors in die Deutsche Fußball-Liga (DFL).
"Es ist eine Machtprobe, die zwischen den organisierten Fußballfans und der DFL ausgetragen wird", sagte Jürgen Mittag, Professor für Sportpolitik an der Deutschen Sporthochschule Köln, im Deutschlandfunk. "Diese Machtprobe hat es in der Vergangenheit schon immer gegeben, mal mehr, mal weniger intensiv. Und im Augenblick sind wir in einer Phase, in der wir einen vorläufigen Höhepunkt dieser Auseinandersetzung entgegenstreben."

"Auseinandersetzung seit Gründung der DFL"

Solche Machtkämpfe seien nichts Neues, sagte Mittag. Weil es an entsprechenden Foren fehle, würde die Auseinandersetzung eben im Stadion ausgetragen. "Wir erleben praktisch seit Gründung der DFL eine Auseinandersetzung, die allerdings in unterschiedlicher Schärfe und Intensität ausgetragen worden ist in der Vergangenheit."
Einen Teilerfolg haben die Fans derweil schon erreicht. Einer der möglichen Investoren, Blackstone, hat sich aufgrund der Proteste bereits von den Verhandlungen zurückgezogen.
Lange werden die Fans die Proteste aber in dieser Form nicht mehr aufrechterhalten können, meinte Mittag. Denn mit zunehmender Dauer und zunehmender Intensität schwinde sowohl unter Spielern als auch unter den restlichen Zuschauern die Akzeptanz. "Und es bleibt abzuwarten, wohin dieser Weg in den kommenden ein, zwei Wochen führt. Man wird sicherlich unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen nicht mehr sehr lange agieren können. Der erste Spielabbruch steht unmittelbar bevor und die Frage ist, wie eben damit umzugehen sein wird", sagte Mittag.

Proteste könnten weiter eingeschränkt werden

Zu erwarten sei auch, dass die Formen des Protests weiter eingeschränkt werden, sagte Mittag. In den vergangenen Jahren sei das Stadion zur Bühnen des symbolischen Protestes geworden, "und alle Varianten, die dort denkbar sind, werden gegenwärtig mit einem relativ hohen Kreativpotenzial wahrgenommen. Auf der anderen Seite steht zu erwarten, dass das Ganze noch einmal stärker reglementiert und reguliert wird. Etwa durch Einlasskontrollen auf der einen oder Kameraüberwachung auf der anderen Seite."
Für Schlagzeilen sorgte zuletzt auch ein anderer Protest von Fußball-Fans. Anhänger von Bayer 04 Leverkusen hatten mit einem Plakat, es gebe nur zwei Geschlechter, für Aufsehen gesorgt. Der DFB hat dafür eine Strafe ausgesprochen, was wiederum Reaktionen anderer Fankurven hervorgerufen hat.
Das Fußballstadion, beziehungsweise auch Sport-Großereignisse, seien auch ein Ort für gesamtgesellschaftliche Debatten, sagte Mittag. "Ich denke, das wird eine Entwicklung, mit der wir in naher Zukunft weiter rechnen müssen, dass im Sport und über den Sport vermittelt gesamtgesellschaftliche Fragen verhandelt werden, weil es eben eine ganz wenigen Bühnen ist, die gesamtgesellschaftliche Aufmerksamkeit erzeugen." Deswegen werde diese Bühne "benutzt und bespielt."