Aus für DFL-Investorendeal
Fürther Geschäftsführer Schwiewagner: "Eine verpasste Chance"

Holger Schwiewagner, Geschäftsführer der SpVgg Greuter Fürth, und Fanvertreter Dario Minden diskutieren über Auswirkungen des gescheiterten Investorendeals im deutschen Profifußball. Ein Thema: Wie wichtig ist internationale Wettbewerbsfähigkeit?

Holger Schwiewagner und Dario Minden im Gespräch mit Marina Schweizer |
Fans von Union Berlin halten ein Banner mit der Aufschrift "Spiel, Satz und Sieg" in der Fankurve hoch.
"Spiel, Satz und Sieg": Fans von Union Berlin feiern den Erfolg der Fans und ihrer "Tennisball-Proteste" gegen den Einstieg eines Investors bei der Deutschen Fußball Liga (picture alliance / dpa / Andreas Gora)
Holger Schwiewagner ist Geschäftsführer des Zweitligisten Spielvereinigung Greuther Fürth und DFL-Präsidiumsmitglied. Er hatte im Dezember für den Einstieg eines Investors gestimmt und sagt über den Abbruch von Verhandlungen nach Fanprotesten: "Ich glaube, es ist eine verpasste Chance, eine Chance, den deutschen Profifußball weiterzuentwickeln. Und natürlich müssen wir uns alle fragen, warum wir diese Chance verpasst haben."
Der Ausstieg aus dem Verhandlungsprozess mit möglichen Investoren habe nun in der Sitzung des DFL-Präsidiums, zu dem Schwiewagner gehört, kommen müssen: "Letzten Endes muss man ganz klar sagen: Zum Schutz des deutschen Fußballs war es, glaube ich, alternativlos an der Stelle abzubrechen und auch ganz klar zu sagen: Es macht so keinen Sinn mehr, weil ja die Sache sehr wahrscheinlich noch weiter eskaliert wäre."
Dario Minden ist Eintracht-Frankfurt-Fan und engagiert sich beim bundesweiten Dachverein "Unsere Kurve". Er sitzt in der DFB-Kommission Fans und Fankulturen und war schon vor drei Jahren Teil der DFL-Arbeitsgruppe „Zukunft Profifußball“. Minden freut sich über den Abbruch der Verhandlungen: "Es ist einfach schön zu sehen, wie die Basis im Fußball mächtig ist. Ich sehe das als einen ein Erfolg der basisdemokratischen Vereine des Fußballs als Publikumssport."

Fanvertreter Minden: "Keine großartige Feierstimmung"

Dennoch blickt Minden nicht nur optimistisch in die Zukunft, denn jetzt gehe es um die Stabilität der 50+1-Regel im Profifußball. "Das sind natürlich zu viele offene Fragen. Die Perspektive ist gar nicht mal so rosig. Deswegen ist es jetzt keine großartige Feierstimmung." Entscheidend für Minden ist die Beschränkung des Einflusses von Geldgebern in den Vereinen: "Letztlich geht es doch darum, dass 50+1 nicht nur eine Worthülse ist."
Schwiewagner plädiert dagegen dafür, die wirtschaftliche Seite des Sports nicht zu vernachlässigen: "Es wäre doch fatal, die Realitäten zu ignorieren und zu glauben der deutsche Fußball ist auf der Insel der Glückseligen. Profifußball ist ein Wirtschaftsfaktor, von dem viele Menschen, von dem viele Branchen direkt und indirekt profitieren. Da geht es dann für mich am Ende auch um Verantwortung."
Dario Minden sieht allerdings Fehler im Umgang mit dem Geld der Liga und der Vereine: "Das Grundproblem ist doch, dass der Fußball eigentlich viele Einnahmen hat, aber die Ausgabenseite nicht reguliert bekommt." Die Branche sei kreativ, wenn es darum gehe neue Einnahmen zu generieren - etwa mit einem Investorendeal. Um Ausgaben zu regulieren könne es aber auch um einen Gehaltsdeckel gehen. Es könne mit einem richtigen Financial Fairplay gehen: "Warum nicht auch auf nationaler Ebene, wenn es bei der UEFA eh nicht funktioniert?"

Minden: Starke "Markenbindung" der Fans an Vereinen und den Fußball

"Am Ende geht es immer um Wettbewerbsfähigkeit", erwidert DFL-Präsidiumsmitglied Holger Schwiewagner. "Wenn wir über Gehaltsobergrenzen, Kaderkosten, Reduzierung und so weiter sprechen, dann muss man doch auch feststellen und darf man nicht vergessen, dass gerade die Vertreter des deutschen Fußballs im europäischen Kontext seit Jahren an diesen Themen arbeiten, intensiv arbeiten." Deutsche Vertreter setzten sich dafür ein, weil die Auswüchse in anderen europäischen Ligen noch viel, viel größer seien. Eine nationale Deckelung führe zum Verlust der Wettbewerbsfähigkeit, "wenn sich die Spieler dann für Engagements im Ausland entscheiden, weil sie dort keinen Deckel haben beziehungsweise die Klubs leistungsfähiger sind."
Dario Minden argumentiert damit, dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit gar nicht der entscheidende Punkt sei. Der dürfe man nicht alles unterordnen. Es gehe gar nicht immer um guten Fußball: "Schauen wir uns das Beispiel Hamburger SV an. Die sind im sechsten Jahr in der zweiten Liga und haben den x-ten Boom. Die Leute strömen ins Stadion nicht wegen der fußballerischen Leckerbissen, nicht wegen der ganzen Erfolgserlebnisse, die dargeboten werden. Solange der Fußball dieser Kraft hat, diese ökonomisch gesagt "Markenbindung" seiner Fans, solange ist er auch konkurrenzfähig. Und wenn man das aufs Spiel setzt und da vielleicht was in die Brüche geht, dann kann man vielleicht alles verlieren."

Schwiewagner: Entscheidung muss in der Hand der Verantwortlichen sein

Eine gemeinsame Vision für die DFL und ihre Klubs könne laut Minden nur so aussehen, dass der deutsche Fußball etwas Einmaliges habe mit seiner Fanbindung und seinem basisdemokratischen Fußballverständnis. Das sei dann eben die vielzitierte 50+1-Regel.
Basisdemokratie hat aus Schwiewagners Sicht im Profifußball allerdings Grenzen: "Wir reden immer noch über Vereine mit wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb beziehungsweise über Wirtschaftsunternehmen wie Kapitalgesellschaften, wie in unserem Fall in Fürth. Da muss man sagen: Da muss dann so eine Entscheidung auch in die Hand der Verantwortlichen gelegt werden, die die Mitgliedschaft hören sollten, aber die auch die Beinfreiheit brauchen, um solche Entscheidungen im Sinne des Vereins oder der Kapitalgesellschaft auch treffen zu dürfen. Wenn wir anfangen, all diese Themen basisdemokratisch abzustimmen, dann werden wir nicht mehr handlungsfähig sein."