Als Tennisbälle in Scharen auf die Spielfelder der Bundesliga und 2. Bundesliga flogen, war das Kind bereits in den Brunnen gefallen. "Da konntest Du das Thema nicht mehr zurückrudern", sagt Michael Meeske, Geschäftsführer vom VfL Wolfsburg, beim Blick auf den Jahresbeginn und die aufgeheizte Debatte um einen angedachten Deal zwischen der DFL und einem strategischen Partner, gemeinhin auch einfach als Investorendeal bekannt. Die DFL suchte einen Investor für eine Beteiligung von bis zu acht Prozent an einer Tochtergesellschaft zur Verwertung der Bundesliga-Medienrechte. Dadurch erhoffte sie sich Einnahmen von einer Milliarde Euro.
In der Nachbetrachtung sind sich die Verantwortlichen fast unisono einig: Man hat das Ganze schlecht kommuniziert. Michael Meeske ergänzt: "Da war die Sachebene, die wir vielleicht nie erreicht haben, weil wir unter Umständen das Thema nicht fokussiert für uns vor Augen hatten, dass wir das auf der Sachebene im Detail mit den Menschen uns herum wirklich durchgehen müssen. Es ist doch eine Finanztransaktion und wir verkaufen eine Forderung – das machen wir hier und da immer wieder mal. Warum müssen wir das jetzt plötzlich im Detail mit allen Anspruchsgruppen abstimmen? Das habe ich auch – muss ich offen gestehen – ein bisschen unterschätzt, weil ich es eben auch relativ nüchtern so gesehen habe. Und genau das muss in Zukunft auf alle Fälle besser gelingen, dass wir frühzeitig klarmachen: Worum geht es da eigentlich und warum ist das eigentlich jetzt gar nicht systemkritisch?"
Neuer Anlauf für Investorendeal nicht ausgeschlossen
Im Februar wurde der Prozess von der DFL nach anhaltenden Protesten und auch zunehmenden Zweifeln einiger Klubs aufgehoben. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass die DFL, sobald ein wenig Zeit vergangen ist, einen neuen Anlauf unternimmt. Die organisierten Fans stehen in der Mehrzahl allem kritisch gegenüber, was aus ihrer Sicht zu einer stärkeren Kommerzialisierung des hiesigen Fußballs führt.
Weitere Debatten um Finanzierungsmöglichkeiten erwartet auch Jost Peter, erster Vorsitzender von "Unsere Kurve": "Die Liga ist ja nicht ein Präsidium und die machen da alleine für sich hin, sondern es sind ja auch die Vereine selbst, die Initiativen ergreifen. Und gerade die europäisch spielenden Klubs werden weiter darauf drängen, neue Finanzmittel zu generieren. Zum einen, weil sie für ihre weltweite Darstellung gerne Finanzen hätten, und zum anderen, weil natürlich die anderen Themen auch nicht zur Ruhe kommen. Also gestern erst kam wieder die Nachricht, dass die Super League einen neuen Anlauf unternimmt. Das ist der Rahmen, in dem im Grunde genommen diese Investorendebatte stattfindet."
Debatte um Verteilung der Medienerlöse
Generell gibt es viele Motive für die Klubs und die DFL selbst, die Einnahmenseite zu steigern. Die einen wollen international konkurrenzfähig sein, die anderen wollen über einen anderen Verteilungsschlüssel national weiter oben mitmischen.
Die Verteilung der Medienrechte-Erlöse ist die nächste große Debatte innerhalb der DFL, die gerade beginnt. Nachdem sich zuvor die Vergabe der nationalen Medienrechte aufgrund juristischer Auseinandersetzungen lange hinzog. Vor kurzem kam es zu einer finalen Entscheidung, durch welche die Bundesligen pro Jahr zwei Prozent mehr einnehmen. Ein Rückgang der Erlöse blieb aus und es gibt wohl auch noch Spielraum nach oben, weil etwa die Bereitschaft, Abonnements abzuschließen, weiter wachsen könnte.
"Ich sehe aber, das zeigt auch ein Stück weit die Marktforschung, die ich jetzt zumindest kenne, dass jetzt die nächste Generation deutlich flexibler ist, Bezahlmedien in Anspruch zu nehmen", sagt Michael Meeske vom VfL Wolfsburg. "Natürlich werden die meistens jetzt noch von den Eltern bezahlt. Das ist bei meinen Kindern zumindest. Da bezahlen wir momentan noch all das, was dann so im Stream und so weiter geschaut werden möchte. Da gehe ich trotzdem davon aus, dass die nächste Generation eben nur, weil sie es dann später mal, wenn sie selber berufstätig sind oder was auch immer, dann selber zahlen müssen, dass sie deswegen das Abo nicht kündigen."
Das Potenzial der Bundesliga im Ausland ist begrenzt
Die DFL selbst spricht zuweilen davon, dass sie sich noch mehr auf den internationalen Markt konzentrieren möchte, um abseits von Deutschland die Einnahmen zu steigern. Viel Luft nach oben sieht Medienrechte-Experte Jochen Lösch von "JL Sports Investment" aber nicht. Er sagt: "Das hat mit dem Interesse der Menschen zu tun. Selbstverständlich ist jemand, der Deutscher ist oder auch in Deutschland lebt, für den ist Bundesliga Brot und Butter, das Wichtigste, was am Samstag passiert. Aber warum sollte sich ein Indonesier Mainz 05 gegen Augsburg angucken? Nein, das wird nie passieren. Man kann das Thema vielleicht ausbauen, aber das wird natürlich immer an gewisse Grenzen stoßen, vor allem, wenn Du nicht die Superstars in Deiner Liga spielen hast. Dann bist Du einfach in weit entfernten Regionen nicht sonderlich interessant. Damit muss man leben."
So wird es auch in Zukunft darum gehen, wie vor allem im Inland noch mehr Geld generiert werden kann. Bei allem, was die DFL zusammen mit den Klubs anstößt, darf sie aber nie zu forsch vorgehen und die Interessenslage der Fans und Klubmitglieder außer Acht lassen. Das ist wohl die große Lehre aus 2024.