DFL-Fernsehrechte
Welche Bedeutung die Aussetzung der Vergabe-Auktion hat

Die Deutsche Fußball Liga (DFL) hat die Auktion der Medienrechte für die Bundesliga und die 2. Liga vorerst gestoppt. Grund dafür ist die Beschwerde von Streaming-Anbieter DAZN, beim Wettbieten ungerecht behandelt worden zu sein. Wie es weitergehen kann, ist ungewiss.

Von Sabine Lerche |
    Eine Fernsehkamera mit der Aufschrift "Bundesliga" filmt das Spielgeschehen.
    Mit den Medienrechten werden 80 Prozent der DFL-Gesamteinnahmen generiert. (IMAGO / eu-images / IMAGO)
    Seit Montag vergibt die Deutsche Fußball Liga (DFL) in einer Auktion die Medienrechte für die Spielzeiten 2025/26 bis 2028/29 in der Bundesliga und zweiten Liga. Jetzt ist das Vergabeverfahren zum ersten Mal in der Geschichte ausgesetzt worden. Auslöser ist der Streaming-Anbieter DAZN, der sich beim Bundeskartellamt beschwert hat, im Vergabeverfahren ungerecht behandelt worden zu sein. Die DFL weist die Vorwürfe zurück und das Vergabekarussell um die Milliarden schwere Medienrechte steht.

    Wie werden die Übertragungsrechte vergeben?

    Im Vierjahresrhythmus vergibt die DFL ihre Medienrechte. In dieser Woche startete die Auktion für die Spielzeiten 2025/26 bis 2028/29 – wo ist nicht bekannt, denn die Vergabe erfolgt unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Für die 36 Liga-Vereine gehören die Einnahmen durch die Medienrechte mitunter zu den wichtigsten Geldquellen. Aktuell nimmt die DFL pro Saison im Schnitt über eine Milliarde Euro damit ein, ein Viertel davon zahlt DAZN für die bisher erworbenen Rechte.
    Die Vergabe für die Live- und Highlight-Berichterstattung der Partien in der 1. und 2. Fußball-Bundesliga läuft nach einem festen Schema ab:
    Die Deutsche Fußball Liga versteigert die Rechte in sieben Live- und acht Highlight-Paketen für die Ausstrahlung im Bezahl- oder/und im frei empfangbaren Fernsehen.
    Für jedes Paket wird einzeln geboten, ein Mindestpreis bietet die Basis. Liegt ein Interessent mit seinem Angebot darüber und bietet auch 20 Prozent mehr als das nächsthöhere Angebot, hat er das Paket sicher. Andernfalls folgt eine zweite Runde. Kommt es dann zu keinem Ergebnis, liegt die Entscheidung bei der DFL.

    Wer bietet mit?

    In Deutschland sind vor allem der deutsche Medienkonzern und Pay-TV-Sender Sky sowie Streaming-Anbieter DAZN an den Medienrechten interessiert. Allerdings verfolgen sie wohl einen Sparkurs: Die nationalen Ableger der beiden Bieter hatten schon bei der Vergabe der Medienrechte in Italien weniger Geld investiert. Dass sich dieser Sparkurs auch in Deutschland fortsetzt, findet der Brancheninsider Tobias Fröhlich, Geschäftsführer der Digitalagentur Teravolt, nicht unwahrscheinlich:
    „Ganz offensichtlich hat Sky, die zum Verkauf stehen, Schwierigkeiten die Rechte in der Höhe wie bisher weiterhin einzukaufen“, sagt Fröhlich gegenüber dem Deutschlandfunk im vergangenen August.
    Schon in der Vergangenheit hatte die DFL schlechte Erfahrungen bei der Rechtevergabe an nicht liquide Unternehmen gemacht, zum Beispiel mit der Kirch-Pleite, dem Aus von Arena oder dem plötzlichen Ausstieg von Eurosport.

    Was ist der Vorwurf von DAZN?

    Konkret geht es um die Vergabe von Paket B – das größte Live-Paket mit insgesamt 196 Spielen. Dazu gehören die Bundesliga-Spiele am Samstag um 15.30 Uhr und am Freitagabend sowie die Relegations-Partien um den Aufstieg in die erste Liga. Aktuell hat Sky die Rechte für Paket B.
    DAZN behauptet, für die neue Periode für Paket B das „finanziell attraktivste und überzeugendste Angebot“ gemacht zu haben - wie hoch ist nicht bekannt. Doch anstatt einer Zusage soll die DFL eine Bankgarantie von DAZN innerhalb von 24 Stunden gefordert haben. Eine unmögliche Aufgabe, so schreibt es DAZN in einem Schreiben, das der dpa und der Frankfurter Rundschau vorliegt. DAZN hätte eine harte Patronatserklärung, also eine andere Form der Finanzgarantie, abgegeben und zudem auch eine Garantiezusage von DAZN-Mehrheitseigner Access Industries vorgelegt. Doch beides sei abgewiesen worden, so die Darstellung von DAZN.
    In dem Schreiben an die beiden DFL-Geschäftsführer Marc Lenz und Steffen Merkel sowie die Vereine erhebt der Streaming-Anbieter Vorwürfe der Diskriminierung und die Beschwerde, ungerecht behandelt worden zu sein.
    DAZN hat sich mit seiner Beschwerde auch an das Bundeskartellamt gewandt, das die Ausschreibung genehmigt hat und auch überwacht. In den Augen von DAZN verstoße das Verhalten der DFL gegen deutsches und europäisches Kartellrecht.

    Wer steckt hinter DAZN?

    DAZN gehört zum Investmentunternehmen Access Industries, dessen Hauptanteilseigner ist Lennard (Len) Blavatnik. Der Milliardär ist in der ehemaligen Sowjetrepublik Ukraine geboren und lebt jetzt in den USA. Nachdem er lange in Metalle und Erdöl investiert hat, liegt sein Fokus jetzt vermehrt im Mediengeschäft. Er besitzt die US-amerikanische Holdinggesellschaft Warner Music und investiert auch in den Audio-Streamingdienst Spotify, bei Amazon, Facebook und dem Broadway-Musical Hamilton. Blavatnik wird immer wieder mit dem Vorwurf in Verbindung gebracht, Kontakte zu russischen Oligarchen zu pflegen.
    Blavatniks vielfältigen Firmenbeteiligungen sind undurchsichtig. Mit seinen Spenden an die Demokraten und Republikaner in den USA nutzt er aber auch in den Vereinigten Staaten sein Geld und hat zum Beispiel Donald Trump bei der Wahl unterstützt.

    Welche Position hat die DFL?

    Die DFL bestätigte das Aussetzen der Auktion, weist die Vorwürfe von DAZN aber zurück und bekräftigt, keine Fehler im Auktionsverfahren gemacht zu haben. Zudem seien viele Darstellungen im Schreiben von DAZN nicht zutreffend oder verkürzt:
    „Die DFL hat keinen Formfehler im laufenden Auktionsverfahren gemacht“, so die DFL auf SID-Anfrage: „Die Vorwürfe von DAZN sind unzutreffend und werden von der DFL zurückgewiesen.“
    Zum weiteren Vorgehen und der Fortsetzung der Auktion wollte sich die DFL nicht äußern.

    Welche Bedeutung hat die Vergabe der Medien-Rechte?

    Die Pay-TV-Live-Rechte sind der finanziell wichtigste Teil der Vergabe-Auktion. Über sie werden ca. 80 Prozent der Gesamteinnahmen generiert. Bei ihrer Vergabe gab es diesmal ein Novum:
    Die Regel „No-Single-Buyer-Rule“ nicht mehr gültig. Das heißt, im Gegensatz zu früheren Vergaben können die Live-Rechte auch an nur einen Bieter vergeben werden. Das Alleinbieter-Verbot bestand über zehn Jahre und konnte erst nach intensiven Verhandlungen mit dem Kartellamt für die aktuelle Vergabe aufgehoben werden. Experten vermuten hinter der Umstellung finanzielle Gründe:
    „Ein weiteres Wachstumsmomentum kann man nur erzeugen, indem der ganze Wettbewerb dann auch einheitlich zu abonnieren und zu konsumieren ist,“ so Medienexperte Holger Enßlin, der selbst 17 Jahre für Sky gearbeitet hat, bei einer Konferenz im Januar.
    Seitdem sich die DFL auf ein Alleinerwerbsverbot verpflichtet hatte, habe sich die Vergabe von Sportrechten im Bereich Fußball desaströs entwickelt, so Frederik Wiemer, Spezialist für Kartell- und Sportrecht, auf Deutschlandfunk-Anfrage: „Es ist ein ruinöser Wettbewerb zwischen den Anbietern entstanden, der auf dem Rücken der Verbraucher ausgetragen wird.“
    Um national und international alle Spiele einer bestimmten Mannschaft sehen zu können, seien inzwischen teure Abos bei zu vielen verschiedenen Anbietern nötig. Ob das im Sinne des Bundeskartellamts ist, das in seiner Doppelrolle Wettbewerbshüter und Verbraucherschützer ist, sei fraglich.
    Sowohl Mitbieter Sky hat mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen, als auch DAZN: Nach fast acht Jahren nach seinem Start in Deutschland schreibt der Streaming-Deinst noch immer keine schwarzen Zahlen. Bislang hatte der Gründer und Besitzer des Senders Blavatnik die Verluste ausgeglichen. Doch damit sollte eigentlich Schluss sein, auch deshalb hatte der Sender seine Preise stark erhöht.
    Und die DFL steht vor der Frage, wie es nach dem geplatzten Investoren-Deal weitergehen kann. Eine Milliarde Euro wollte die DFL von dem neuen sogenannten „strategischen Partner“ einnehmen. Allerdings wurde die Idee verworfen, nachdem wochenlang Fans aus Protest die Liga-Spiele störten und es schließlich auch bei der Urabstimmung zum Investoren-Einstieg zu Unklarheiten kam.

    Wie geht es weiter?

    DAZN hat das Bundeskartellamt eingeschaltet, das auf Deutschlandfunk-Anfrage zu dem Vorfall bisher noch keine Stellung beziehen wollte. Es will den Streitfall zwar prüfen, hat allerdings als Behörde nicht den Status eines Gerichts und kann daher keine Entscheidungen fällen, sondern lediglich als Mediator fungieren. Zudem besteht Zeitdruck, denn die aktuellen Rechte-Verträge laufen nur bis zum Ende der kommenden Saison. Für die 36 Klubs ist es allerdings für ihre Planungen und Spielertransfers essentiell, mit wie viel Geld sie aus den Medienrechteerlösen rechnen können.
    Quellen: FAZ, Spiegel, Deutschlandfunk, dpa, sid