Auf dem DGB-Bundeskongress rief der Verdi-Vorsitzende Frank Bsirske die Gewerkschaften dazu auf, gegen das Vorhaben der Bundesregierung zusammen mit Sozialverbänden als Bündnispartnern anzugehen. "Arbeit darf nicht arm machen, und Arbeit darf nicht entwürdigen", sagte Bsirske. "Würde kennt keine Ausnahmen, weder für Jugendliche unter 18 noch für Langzeitarbeitslose. Da müssen wir gegenhalten."
Im Regierungskonzept ist vorgesehen, dass Jugendliche unter 18 Jahren und Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten einer Beschäftigung den Mindestlohn von 8,50 Euro nicht erhalten sollen. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) verteidigte den Mindestlohn von 8,50 Euro die Stunde und die vorgesehene Ausnahme für Jugendliche unter 18 Jahren. Hiefür musste sie von der DGB-Jugend auf dem Kongress Kritik einstecken. Zudem sicherte sie zu, gegen eine weitere "Zerfledderung der Tariflandschaft" vorgehen zu wollen.
"Neue Ordnung der Arbeit"
Der neue Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann, fordert einen Kurswechsel von der großen Koalition. Auf der Tagesordnung stünden mehr Steuergerechtigkeit, mehr Mitbestimmung in kleineren Unternehmen und der Kampf für ein sozialeres Europa. Hoffmann zeigte sich zuversichtlich, dass die Bundesregierung die Gewerkschaften bei der Forderung nach einer "neuen Ordnung der Arbeit" für ein humaneres Arbeitsleben unterstützt. Notwendig sei "eine breite gesellschaftliche Debatte über den Wert von Arbeit". Nur gute Löhne sicherten auch eine auskömmliche Rente im Alter. "Geiz ist eben nicht geil, sondern töricht und unverantwortlich", sagte Hoffmann unter Hinweis auf "skandalöse Arbeitsbedingungen" etwa für Kindererzieher und Pflegekräfte.
OECD mahnt zu neuen Reformen
Der Aufschwung in Deutschland gehe an den sozial Schwächsten vorbei, kritisiert die OECD in ihrem alle zwei Jahre veröffentlichten Wirtschaftsausblick. "Das relative Armutsrisiko und die Einkommensungleichheit sind in den letzten Jahren weitgehend unverändert geblieben", heißt es darin. OECD-Generalsekretär Angel Gurria fordert die Bundesregierung deshalb zu Reformen auf. "Das Land muss jetzt handeln."
Dank der Reformen im vergangenen Jahrzehnt habe Deutschland im historischen und im internationalen Vergleich eine der niedrigsten Arbeitslosenquoten, stellt die OECD fest. Problematisch seien jedoch der stark gewachsene Niedriglohnsektor und der hohe Anteil befristet Beschäftigter. Besonders groß sei nach wie vor das Armutsrisiko für geringfügig Beschäftigte wie Minijobber, Alleinerziehende, Langzeitarbeitslose, ältere Beschäftigte und Zuwanderer. "Mit 37 Prozent ist der Anteil der privaten Haushalte ohne Vermögen verhältnismäßig hoch", heißt es etwa. Zugleich seien die Aufstiegschancen von Geringverdienern gesunken.
Wirtschaftsbericht Deutschland: Einkommensperspektiven für #Geringverdiener müssen verbessert werden http://t.co/iJl9Lev83a— OECD aktuell (@OECDBerlin) May 13, 2014
(sdö/bor)