Am vergangenen Wochenende habe er davon erfahren, dass Alfred Gislason mit dem russischen Handballverband in Kontakt stand, so Schwenker. Das habe auf der Präsidiumssitzung beim Deutschen Handballbund (DHB) einen "dynamischen Prozess" in Gang gesetzt: "In einer sehr kontrovers, aber auch konstruktiven Diskussion sind wir zu dem Schluss gekommen: diese Chance dürfen wir uns jetzt nicht entgehen lassen. Da müssen wir noch mal in Kontakt treten."
Schwenker: "Der Auftritt von Prokop war von Anfang an sicherlich etwas unglücklich"
Mit Christian Prokop habe es "latent immer wieder" Probleme gegeben, sagt Schwenker, der gleichzeig Präsident der Handball-Bundesliga ist: "Sein Auftritt war von Anfang an sicherlich etwas unglücklich. Er hat sich dann weiterentwickelt. Das große Problem war von vornherein, dass man hier keinen versierten Trainer an der Seitenlinie hatte, sondern einen Trainer, der sich weiterentwickeln wollte und musste. Mit ihm zusammen wollte man eine Mannschaft entwickeln. Vor dem Hintergrund gab es immer wieder Unruhe und Unzufriedenheit mit seinem Coaching."
Das Abschneiden bei der EM mit Platz fünf sei "letztendlich ordentlich" gewesen. Man habe dann in der Nachbetrachtung geguckt, wie die letzten Jahre gelaufen und wie die Zukunftsperspektive sei: "Und dann war da urplötzlich die Möglichkeit auf Alfred Gislason zurückzugreifen."
Er selbst habe dann auf der Präsidiumssitzung den "entscheidenden Impuls" eingebracht, als er von der Möglichkeit berichtet habe, die aber nur für einen kurzen Zeitraum zur Verfügung stand. Stimmung für Gislason habe er im DHB-Präsidium nicht gemacht. Sein Eindruck sei aber gewesen, dass eine Vielzahl der Mitglieder mit Gislason eine bessere Perspektive für den deutschen Handball gesehen habe.
Es sei kein Wettstreit zwischen ihm und Bob Hanning gewesen, so Schwenker
Die Entscheidung für den 60-Jährigen Isländer und gegen Christian Prokop sei kein Wettstreit zwischen ihm und seinem Vize-Kollegen beim DHB, Bob Hanning, gewesen. Hanning hatte Prokop vor zwei Jahren als Bundestrainer durchgesetzt. Schwenker: "Es war eine Philosophieänderung: wer ist denn wirklich jetzt geeignet, um zukünftig für den deutschen Handball an der Außenlinie zu stehen? Das hat natürlich eine Diskussion entfacht, die letztendlich zugunsten Alfred Gislansons entschieden worden ist."
Hanning war vor allem während der Europameisterschaft in die Kritik geraten. Man dürfe jedoch nicht vergessen, was er in der Vergangenheit geleistet habe, so Schwenker: "Bob war als Motor die treibende Kraft, um den DHB in eine bessere Situation zu bringen." Unter vier Augen könne man gut mit ihm reden. "Aber wenn eine Sache zu extrem wird, wird sie sicherlich oftmals auch schnell kontraproduktiv. Das eine oder andere überzieht er sicherlich."
Finanziell könne der Deutsche Handball-Bund den Personalwechsel auf dem Posten des Bundestrainers verkraften. Prokop sei momentan freigestellt. "Es wird den DHB nicht in die Knie zwingen. Er ist darauf vorbereitet", gibt sich Schwenker gelassen.
Kieler Nationalspieler hätten "professionell" reagiert
Die Nationalspieler seien bei der Entscheidung für Alfred Gislason nicht eingebunden gewesen, er habe aber nach der Entscheidung vor allem mit den Kieler Nationalspielern gesprochen. Das sei eine Bitte des Präsidiums gewesen, so Schwenker: "Die haben sich professionell, aber auch positiv über die Zusammenarbeit mit Alfred Gislason geäußert." Gislason hatte sein Amt beim THW Kiel im Sommer nach elfjähriger Tätigkeit abgegeben.
Die Entscheidung für den früheren Kieler Bundesligatrainer zwei Monate vor Beginn der Olympia-Qualifikation sei wegen der kurzen Vorbereitungszeit das "kleinere Übel" gewesen. Schön wäre es, wenn man in Tokio um eine Medaille mitspielen würde. Ein erfahrender Trainer könne manchmal den Unterschied machen, sagt Uwe Schwenker: "Das ist die Stellschraube, um auf Augenhöhe manchmal mit einem Tor zu gewinnen und nicht mit einem Tor zu verlieren."
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