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Diabetes bei Kindern
Die Krankheit erkennen, bevor sie ausbricht

Diabetes Typ 1 ist heute an sich zwar keine lebensbedrohliche Erkrankung mehr. Doch oft wird sie zu spät erkannt – und kann dann doch gefährlich werden. In den letzten Jahrzehnten erkranken mehr Kinder und Jugendliche. Nun diskutieren Mediziner, ob und wie man Diabetes Typ 1 schon vor Ausbruch der Erkrankung diagnostizieren kann.

Von Anna-Lena Dohrmann |
    "Also ich habe von jetzt auf gleich eigentlich angefangen, viel mehr zu trinken und das war halt auch nachts so, dass ich getrunken habe und auch nachts auf Toilette gegangen bin. Und dann ging das halt los, dass ich gebrochen habe und dann sind wir halt zur Kinderärztin gefahren und da hat sie halt festgestellt, dass mein Zuckergehalt im Urin halt sehr hoch ist."
    Erzählt Maria Köhler. Dann ging alles ganz schnell. Die Kinderärztin hat die 15-jährige sofort in die Klinik eingewiesen, kurze Zeit später lag sie auf der Intensivstation. Dort hat sich der Verdacht bestätigt: Maria leidet an Diabetes Typ 1. Durch den zu hohen Zucker im Blut ist ihr Stoffwechsel völlig aus dem Takt geraten. Und das kann lebensbedrohlich werden. Deshalb mussten die Ärzte Marias Elektrolyt- und Wasserhaushalt zwei Tage auf der Intensivstation überwachen. Für ihre Mutter Sabine Köhler war das ein Schock:
    "Man vermutet ja so was nicht. Ich bin unter dem Aspekt, Maria hat einen Infekt, zu dem Kinderarzt. Und dann Diabetes - das war für uns also völlig neu, völlig fremd. Wir mussten lernen, was ist denn Diabetes, was bedeutet das jetzt für uns."
    Denn Diabetes Typ 1 ist nicht heilbar. Er gehört zu den Autoimmunkrankheiten. Das heißt: Das Immunsystem greift den eigenen Körper an. Und zwar die insulinproduzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse. Doch das Insulin braucht der Körper, um den Zucker aus dem Blut in die Zellen zu bringen. Funktioniert das nicht mehr, scheidet die Niere den Zucker über den Urin aus. Deshalb ist das erste Warnzeichen, dass Patienten oft auf Toilette müssen und viel Durst haben, erklärt Oberarzt Dr. Thomas Kapellen. Er leitet die Diabetes-Ambulanz für Kinder- und Jugendliche an der Uniklinik Leipzig:
    "Aber die Symptome treten eben erst dann auf, wenn nur noch zehn bis fünfzehn Prozent der Betazellen übrig sind. Soviel Reserve hat unser Körper letztlich, um den Blutzucker normal zu halten. Vorher würde man nichts merken am Kind."
    Information mit wenig Nutzen - Kaum Möglichkeiten zu Vorbeugung
    Im Blut hingegen sind oft schon Jahre vor den ersten Symptomen Antikörper nachweisbar, die die Zellen der Bauchspeicheldrüse zerstören. Deshalb fordern einige Experten, Kinder nach der Geburt auf diese Antikörper zu screenen. Ihre Hoffnung ist, die Diagnose Typ 1-Diabetes schon vor Ausbruch der Erkrankung zu stellen und Risikogruppen zu finden. Ein Problem ist jedoch, dass die Antikörper keine Vorhersage darüber erlauben, wann genau der Diabetes ausbrechen wird. Thomas Kapellen steht auch deshalb einem Screening skeptisch gegenüber:
    "Wenn sie ein Screening machen, dann wollen sie den Eltern ja auch irgendetwas anbieten können. Nicht nur die Information, okay, ihr Kind wird irgendwann wahrscheinlich einen Diabetes kriegen oder es wird wahrscheinlich eher keinen Diabetes kriegen. Aber was machen sie dann mit der Information? Wir haben im Moment nur wenige Dinge, die man den Patienten zur Vorbeugung sozusagen des Diabetes anbieten kann."
    Zwar gibt es vielversprechende Ansätze, die Krankheit aufzuhalten. Doch bislang werden all diese Therapien nur in Studien untersucht. Eine Idee ist zum Beispiel Insulin als Tablette oder Nasenspray zu geben – quasi als Hyposensibilisierung wie Ärzte sie auch bei Allergikern durchführen, so Kapellen:
    "Man gibt diesen Stoff und der Körper gewöhnt sich sozusagen an das Insulin und das Immunsystem wird letztlich von diesem Prozess, Insulin anzugreifen und kaputt zu machen, abgelenkt."
    Voruntersuchungen zeigen, dass so die Entwicklung von Typ 1 Diabetes verzögert oder sogar verhindert werden könnte. Andere Ansätze sind, das überaktive Immunsystem insgesamt zu dämpfen oder auch die Regeneration der insulinproduzierenden Zellen zu fördern. Doch bislang gibt es nicht die eine Therapie, die allen hilft.
    Maria Köhler weiß, dass Diabetes noch nicht heilbar ist, aber gut behandelbar. Den ersten Schock hat die 15-jährige überwunden.
    "Also ich habe mich mittlerweile schon gut an die Krankheit eigentlich gewöhnt und die aus meiner Klasse wissen jetzt alle Bescheid und ganz wichtig ist halt, dass die alle zu mir halten und dadurch geht es mir halt gut."