Ein Teilnehmer:
"Der Hirntote ist ein Mensch, der nicht richtig tot ist und nicht richtig lebendig ist - da ist so ein Niemandsland."
Wann ist der Mensch tot? Wenn sämtliche Hirnfunktionen ausfallen - oder erst, wenn Herz und Kreislauf stillstehen? Auf dem jährlichen Arbeitskongress der Neurointensiv- und Notfallmediziner in Leipzig nehmen die Fragen an die Spezialisten Christoph Lang Walter Haupt kein Ende: medizinische, juristische, technische, aber eben auch - wie so oft - ethische. Die Diskussion ist in vollem Gange:
""Der hirntote Patient ist ja noch nicht tot."
"Doch!"
"Tot ist er dem Moment, wo die Maschinen abgestellt werden und der natürliche Tod eintritt."
"Nein das stimmt nicht!"
"Nein, das ist nicht richtig!"
Die Richtlinien der Bundesärztekammer zur Feststellung des Hirntodes bestehen seit Jahrzehnten. Die letzte Novelle ist von 1997. Sie sagen eindeutig, welche Diagnosen wie lange vorliegen müssen. Ebenso Pflicht: Zwei Ärzte sollen unabhängig voneinander die gleiche Diagnose stellen. Trotzdem halten viele Mediziner weltweit die Entscheidung über tot oder lebendig anhand des Kriteriums Hirntod für "zweifelhaft" - denn Herz und Kreislauf funktionieren ja noch.
Die Ärzteschaft scheint verunsichert - viele hoffen auf die technologische Entwicklungen. Andrea Fürst, leitende Ärztin an der Unfallklinik Murnau wünscht sich beispielweise, dads die CT-Angiografie, ein auf Röntgenstrahlen basierendes dreidimensionales bildgebendes Verfahren, endlich für die Diagnose zugelassen wird:
""Man muss den Hirntod belegen, also nicht nur den Angehörigen gegenüber, sondern auch für unser eigenes Gewissen. Man kann das nicht einfach Pi mal Daumen machen. Die klinische Diagnostik ist für mich immer noch "state of the art" und das, was am meisten Sinn macht. Aber bei manchen Patienten eben auch äußerst schwierig ."
Etwa 15 Mal im Jahr stellen Fürst und ihre Kollegen in Murnau eine Hirntod-Diagnose. Die vergleichsweise geringe Zahl ist der Tatsache geschuldet, dass diese Diagnose an der Unfallklinik nur bei Patienten durchgeführt wird, die einer Organspende zugestimmt haben. An seinem Klinikum handhabt man das anders, so Christoph Lang, Oberarzt und Leiter der neurologischen Poliklinik in Erlangen. Sie führen die Diagnose bei entsprechenden Fällen grundsätzlich durch - etwa 80 bis 90 Mal im Jahr. Jeder Patient beziehungsweise Angehörige, habe ein Recht auf Klarheit, meint Lang. Erschwert werde ihre Arbeit - da sind sich beide Mediziner einig - durch die europaweit unterschiedlichen Regelungen zur Organspende, aber auch zur Diagnose Hirntod selbst. Lang:
"Ein Land verlangt zwei Untersucher, ein nächstes drei, das nächste EEG obligatorisch, die nächsten sagen, wir brauchen gar kein EEG."
In Deutschland wird das EEG als ergänzend empfohlen. Am Vorgehen des Arztes hat sich - abgesehen von neuen Apparaten seit den 60er-/70er-Jahren nicht viel geändert, so Lang. Die öffentlichen Diskussionen hält er deshalb für ...
"... gar nicht angemessen, denn die apparativen Veränderungen dienen ja eigentlich nur der Verkürzung der Beobachtungszeit oder der zusätzlichen Absicherung. Sie sind in vielen Fällen gar nicht notwendig."
94 Prozent der deutschen Ärzte halten die derzeitigen Vorgaben für die Hirntod-Diagnose für ausreichend - sechs Prozent haben Zweifel. Dramatischer ist die Meinung der medizinischen Laien:
"Wenn sie Laien befragen, da kommen sie oft zu erschreckenden Ergebnissen. Die gleiche Umfrage hat ergeben, dass elf Prozent der Laien der Meinung sind, selbst beim Herzstillstand und zusätzlichem Hirntod - dann ist der Mensch nicht tot. Ja was dann?"
Letztlich versterben aber nur 0,8 Prozent der Menschen durch Hirntod - bei allen anderen stehen Herz und Kreislauf still. Welche technischen Möglichkeiten auch künftig entwickelt werden, die ärztliche Sorgfaltspflicht wird immer bleiben, so Professor Lang:
"Man kann ärztliche Entscheidungen nicht an Apparaturen delegieren. Das Gerät allein sagt ihnen nicht, ob ein Mensch lebt oder nicht."
"Der Hirntote ist ein Mensch, der nicht richtig tot ist und nicht richtig lebendig ist - da ist so ein Niemandsland."
Wann ist der Mensch tot? Wenn sämtliche Hirnfunktionen ausfallen - oder erst, wenn Herz und Kreislauf stillstehen? Auf dem jährlichen Arbeitskongress der Neurointensiv- und Notfallmediziner in Leipzig nehmen die Fragen an die Spezialisten Christoph Lang Walter Haupt kein Ende: medizinische, juristische, technische, aber eben auch - wie so oft - ethische. Die Diskussion ist in vollem Gange:
""Der hirntote Patient ist ja noch nicht tot."
"Doch!"
"Tot ist er dem Moment, wo die Maschinen abgestellt werden und der natürliche Tod eintritt."
"Nein das stimmt nicht!"
"Nein, das ist nicht richtig!"
Die Richtlinien der Bundesärztekammer zur Feststellung des Hirntodes bestehen seit Jahrzehnten. Die letzte Novelle ist von 1997. Sie sagen eindeutig, welche Diagnosen wie lange vorliegen müssen. Ebenso Pflicht: Zwei Ärzte sollen unabhängig voneinander die gleiche Diagnose stellen. Trotzdem halten viele Mediziner weltweit die Entscheidung über tot oder lebendig anhand des Kriteriums Hirntod für "zweifelhaft" - denn Herz und Kreislauf funktionieren ja noch.
Die Ärzteschaft scheint verunsichert - viele hoffen auf die technologische Entwicklungen. Andrea Fürst, leitende Ärztin an der Unfallklinik Murnau wünscht sich beispielweise, dads die CT-Angiografie, ein auf Röntgenstrahlen basierendes dreidimensionales bildgebendes Verfahren, endlich für die Diagnose zugelassen wird:
""Man muss den Hirntod belegen, also nicht nur den Angehörigen gegenüber, sondern auch für unser eigenes Gewissen. Man kann das nicht einfach Pi mal Daumen machen. Die klinische Diagnostik ist für mich immer noch "state of the art" und das, was am meisten Sinn macht. Aber bei manchen Patienten eben auch äußerst schwierig ."
Etwa 15 Mal im Jahr stellen Fürst und ihre Kollegen in Murnau eine Hirntod-Diagnose. Die vergleichsweise geringe Zahl ist der Tatsache geschuldet, dass diese Diagnose an der Unfallklinik nur bei Patienten durchgeführt wird, die einer Organspende zugestimmt haben. An seinem Klinikum handhabt man das anders, so Christoph Lang, Oberarzt und Leiter der neurologischen Poliklinik in Erlangen. Sie führen die Diagnose bei entsprechenden Fällen grundsätzlich durch - etwa 80 bis 90 Mal im Jahr. Jeder Patient beziehungsweise Angehörige, habe ein Recht auf Klarheit, meint Lang. Erschwert werde ihre Arbeit - da sind sich beide Mediziner einig - durch die europaweit unterschiedlichen Regelungen zur Organspende, aber auch zur Diagnose Hirntod selbst. Lang:
"Ein Land verlangt zwei Untersucher, ein nächstes drei, das nächste EEG obligatorisch, die nächsten sagen, wir brauchen gar kein EEG."
In Deutschland wird das EEG als ergänzend empfohlen. Am Vorgehen des Arztes hat sich - abgesehen von neuen Apparaten seit den 60er-/70er-Jahren nicht viel geändert, so Lang. Die öffentlichen Diskussionen hält er deshalb für ...
"... gar nicht angemessen, denn die apparativen Veränderungen dienen ja eigentlich nur der Verkürzung der Beobachtungszeit oder der zusätzlichen Absicherung. Sie sind in vielen Fällen gar nicht notwendig."
94 Prozent der deutschen Ärzte halten die derzeitigen Vorgaben für die Hirntod-Diagnose für ausreichend - sechs Prozent haben Zweifel. Dramatischer ist die Meinung der medizinischen Laien:
"Wenn sie Laien befragen, da kommen sie oft zu erschreckenden Ergebnissen. Die gleiche Umfrage hat ergeben, dass elf Prozent der Laien der Meinung sind, selbst beim Herzstillstand und zusätzlichem Hirntod - dann ist der Mensch nicht tot. Ja was dann?"
Letztlich versterben aber nur 0,8 Prozent der Menschen durch Hirntod - bei allen anderen stehen Herz und Kreislauf still. Welche technischen Möglichkeiten auch künftig entwickelt werden, die ärztliche Sorgfaltspflicht wird immer bleiben, so Professor Lang:
"Man kann ärztliche Entscheidungen nicht an Apparaturen delegieren. Das Gerät allein sagt ihnen nicht, ob ein Mensch lebt oder nicht."