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Diagnose in 3D
Brustkrebs mit Ultraschall zuverlässiger erkennen

Karlsruher Forscher haben eine neue Methode zur Brustkrebsfrüherkennung entwickelt: Im Gegensatz zur konventionellen Röntgen-Mammografie nutzen sie dabei Ultraschall. Zudem erstellen sie dreidimensionale Bilder des untersuchten Gewebes.

Von Bernd Schlupeck |
    Eintrag "Mammografie" in einem Terminkalender
    Eintrag "Mammografie" in einem Terminkalender (imago / Steinach)
    Leise kommt er daher: der 3D-Ultraschall-Computertomograph zur Brustkrebsfrüherkennung, an dem Hartmut Gemmeke und Nicole Ruiter seit gut zehn Jahren in Karlsruhe entwickeln. Sein Aussehen ist schlicht. "Das Gerät sieht im Endeffekt aus wie eine Patientenliege beim Arzt. Von den Ausmaßen her hat es eine Länge von zwei Meter auf 70 Zentimeter", erklärt Projektleiterin Nicole Ruiter vom Institut für Prozessdatenverarbeitung und Elektronik.
    Was das Gerät von einer normalen Patientenliege unterscheidet, ist das kreisrunde mit Wasser gefüllte Becken im oberen Drittel der Liege. In dieses Becken platzieren die Patientinnen ihre Brust und schon kann die Vorsorgeuntersuchung beginnen. Im Gegensatz zur konventionellen Röntgen-Mammografie nutzen die Karlsruher dafür Ultraschall. Die entsprechenden Sensoren - über 2.000 an der Zahl - stecken in 157 taschenlampengroßen Metallzylindern auf der Außenseite des Beckens.
    "Es ist immer so, dass nur ein Sensor schallt, während alle anderen ringsum zuhören. Und dann schaltet man um von Sensor zu Sensor, bis von allen Ecken mal ein Signal ausgestrahlt wurde. Das ist wie in einem Wald: Wenn sie von allen Ecken einmal schauen, können sie durch den Wald durchgucken," erklärt Hartmut Gemmeke, inzwischen emeritierter Professor und einer der ursprünglichen Initiatoren des Projekts.
    Schallgeschwindigkeit verrät Tumorgewebe
    Was die Sensoren empfangen, hängt dabei von den einzelnen Gewebestrukturen ab: So werden Ultraschallwellen an Gewebegrenzen teilweise reflektiert und auf ihrem Weg durch das Gewebe mehr oder weniger abgeschwächt. Zudem queren die Wellen unterschiedliche Gewebestrukturen unterschiedlich schnell. Aus den Daten für Reflexion, Dämpfung und Schallgeschwindigkeit errechnen die Karlsruher schließlich ein dreidimensionales Bild. Die Schallgeschwindigkeit scheint dabei ein wichtiger Parameter zu sein.
    "Die Schallgeschwindigkeiten der Gewebearten in unserem Körper unterscheiden sich erheblich. Das heißt, bei Fettgewebe ist die Schallgeschwindigkeit besonders niedrig, 1.450 Meter pro Sekunde. Und bei Krebsgewebe ist sie relativ hoch, 1.550 Meter", betont der Forscher. Dass es sich tatsächlich um Krebsgewebe handelt, konnten die Wissenschaftler in einer ersten klinischen Studie nachweisen.
    Dort, wo die Karlsruher für ein Gewebe gegenüber der Umgebung eine erhöhte Schallgeschwindigkeit maßen, zeigte sich auch im Kernspintomograph Krebsgewebe. Damit wäre die 3D-Ultraschall-Computertomographie wesentlicher spezifischer als die klassischen Röntgen-Mammografie.
    Genauere Bilder als herkömmliche Mammografie
    Ein weiterer Vorteil von Ultraschall gegenüber Röntgenstrahlen ist die höhere Auflösung von Gewebestrukturen. Das Verfahren kann schärfere Bilder liefern, ein möglicher Tumor kann somit viel früher erkannt werden.
    "Momentan kann man sagen: Mit der Röntgen-Mammografie wird ein Tumor im Durchschnitt mit einer mittleren Größe von einem Zentimeter detektiert. So ein Tumor hat eine Metastasen-Wahrscheinlichkeit von 30 Prozent. Unser Ziel ist es auf fünf Millimeter runterzukommen. Damit würde die Metastasen-Wahrscheinlichkeit auf etwa fünf Prozent sinken", sagt Nicole Ruiter.
    Wie reproduzierbar die Ergebnisse sind, soll nun eine klinische Studie mit 200 Patientinnen am Universitätsklinikum Mannheim zeigen. Gleichzeitig erhoffen sich die Karlsruher ein Feedback der Ärzte, die von 2D-Röntgenbild auf 3D-Computerbild umdenken müssten. Positive Resonanz für die Methode bekamen die Forscher von den Testpersonen ihrer ersten Studie. Denn zum einen wird die Brust bei der Untersuchung nicht wie bei der konventionellen Mammografie gequetscht. "Und zum anderen benutzen wir keine ionisierende Strahlung, ist also nicht krebserregend", ergänzt Hartmut Gemmeke.
    Parallel zur Studie wollen die Karlsruher Forschenden einen dritten Prototypen bauen und an ihrem Bildgebungsalgorithmus feilen. Ob der 3D-Ultraschall-Computertomograph schlussendlich in Serie geht, wird wohl nach der Studie entschieden. Eines steht jedoch fest: Teurer als konventionelle Mammografie-Geräte soll er nicht werden. Die sind momentan für durchschnittlich 250.000 Euro am Markt zu haben.