In der Stadionkneipe des SV Meppen finden sich gerade mal etwas mehr als 20 Fußballfreunde ein, die der Einladung des niedersächsischen Innenministers Boris Pistorius gefolgt sind. Eine eher bescheidene Kulisse für das große Ziel des Ministers. Der will mit seinem neu initiierten "Fandialog" das Gespräch mit allen Stadiongängern suchen:
"Dem Familienvater, der ins Stadion geht mit seinen Kindern, dem Senior, der seit 30 Jahren seine Dauerkarte da oder da hat. Das Alle zu Wort kommen. Weil es nicht sein kann, dass die einen für sich in Anspruch nehmen zu definieren, das ist guter, ehrlicher, und moralisch richtiger Fußball. Und die anderen sagen, ich möchte aber in der Champions-League spielen. Das kostet Geld. Irgendwie müssen wir das doch wieder zusammenkriegen!"
In der Diskussionsrunde sitzen Vertreter von Fanprojekten und der Interessengemeinschaft "Unsere Kurve". Ultras, die besonders fanatischen Fußballfans, sind nicht mit auf dem Podium. Sie waren einer Einladung nicht gefolgt, weil sie Pistorius seinen Dialog-Kurs nicht abnehmen. Für sie ist und bleibt er ein Hardliner, der sich mit früheren Forderungen zum Beispiel nach lebenslangen Stadionverboten keine Freunde in aktiven Fanszenen machte.
Dennoch haben sich einige wenige Ultras unter das Publikum gemischt – auch Tobias Dankert von "IG Kurve": "Ich glaube im ersten Schritt, dass man Kleinigkeiten erreicht. Es war ja gerade ein Thema Fananreise, dass es da immer wieder Probleme gibt. Und da ist ein Innenminister schon als oberster Chef der Polizei verantwortlich, und kann auf unterer Ebene was leisten. Die großen Räder wie Kommerzialisierung wird ein Innenminister dann leider nicht regeln können."
Profifußball soll nicht an Polizeikosten beteiligt werden
Dass sich die Themen auf dem Podium erst einmal ausschließlich um Anreisewege von Fans oder Pyrotechnik drehen, missfällt Innenminister Pistorius aber. Erst zum Ende der zweistündigen Diskussion geht es um sein Thema, die "Kommerzialisierung" – und: Es geht auch um die Kosten für Polizeieinsätze bei Hochrisikospielen. Anders als die ebenfalls SPD-regierten Länder Bremen und Rheinland-Pfalz will Pistorius den Profifußball nicht an Polizeikosten beteiligen:
"Ich bin der Auffassung, dass wäre falsch. Im übrigen haben wir die meisten Probleme und die meisten Einsatzstunden ja nicht in den Stadien bei den Spielen, sondern vor und nach den Spielen auf den Reisewegen. Und die spannende Frage, die mir mal jemand beantworten müsste ist, warum sollte eigentlich der Veranstalter einer Veranstaltung dafür finanziell in Haftung genommen werden, was seine Zuschauer auf dem Weg zu der Veranstaltung anrichten."
Mit dieser Aussage punktet Pistorius zwar beim kleinen Publikum in Meppen. Doch es zeigt sich hier auch: Die Politik als Retter der Fankultur funktioniert nicht, solange die Ultras aus der Stadionkurve nicht mitdiskutieren.