Wo in diesen Wochen von Wagner die Rede ist, wabern natürlich Walküren-Melodien und Tannhäuser-Chöre durch die Räume. Doch dies ist nicht das Besondere an der Leipziger Zusammenschau der drei sächsischen "Weltenschöpfer" Wagner, Klinger und Karl May. Zunächst findet sich der Betrachter nämlich im Dialog mit stiller, romantischer Landschafts- und Historienmalerei des 19. Jahrhunderts.
In sechs ausführlich bebilderten Kapiteln werden uns Feuer, Wasser, Erde und Luft als ganz und gar deutsche Elemente vorgeführt: Der Vater Rhein verschmilzt mit dem Silbersee, Wagners nordische Heldengestalten und Götter paradieren parallel zu Old Shatterhand und Winnetou. Die Rheingold-Nixen verschwistern sich - bedeutungsschwanger zwischen Tagtraum und Alp pendelnden - Existenzentwürfen von Max Klinger, und Karl Mays gut ausgedachte Wildwest-Heroen und Bösewichter frönen ihrem blutigen Handwerk neben friedlichen, vom Mondlicht beglänzten und Nebelschwaden gesättigten Landschaftsräumen von Johan Christian Dahl, Schnorr von Carolsfeld und Carl Blechen. Grell aufgequirlter Alarm kontrastiert mit abendlich biedermeierlich sanften Stimmungsbildern. Und allegorisches Brimborium - wenn Klinger etwa Christus leibhaftig in den Olymp versetzt - reicht bis in den deutschen Tann: - wenn Ritter Hagen den arglosen Siegfried Sang- und Klanglos von hinten ersticht. Immer sind Wald und Flur, Meer und Fluss, Gebirge und Unterwelt hochgradig mythisch und emotional besetzt.
An die 80 Gemälde, Zeichnungen und Druckgrafiken singen gleichsam ein Hohelied auf brodelnde Kulissenwelten, wobei interessanterweise allenthalben auch Rauch aus den ersten mit Dampfmaschinen betriebenen Fabriken sich mit dem Theater-Qualm Wagners und Klingers mischt. Besondere Beachtung ist den fast bewunderungswürdig verquasten Bild-Erfindungen des Schwaben Claus Bergen zu zollen. Der war weiland für die Illustration der ersten Karl-May-Bände zuständig und hat sich dieser Aufgabe mit gruseliger, dabei gekonnter Konsequenz entledigt: Schaurige Höhlen, schwindelnde Abgründe, symbolisch überhöhte Berserker-Gestalten mit aufgepumptem Thorax und Muskelpaketen, die der Nationalsozialist Bergen - als beliebter Welt-Kriegs-Maler - später auch deutschen Heldengestalten und glorios sterbenden Kriegern verpasste. Dies ist die eine tödlich-traurige Kontinuitätslinie. Die erfreulichere scheint in dem wunderbar geheimnisvollen Gemälde Henri Fantin Latours auf: Seine "Rheingold"-Damen tanzen, schwimmen oder schweben irgendwo zwischen Wasser, Nebel, Licht und Dunst im Nichts - unbestimmbar zwischen Morgen¬dämmerung und aufziehender Dunkelheit. Unmittelbar unter dem Hör-Eindruck der Oper "Rheingold" entstanden, stellen sie eine ganz unkriegerische Wahrnehmung der Wagnerschen Musik dar.
Vollständig aber wird die Leipziger Schöpfer-Schau erst durch drei opulente Zugaben: Die Bühnen-Künstlerin Rosalie entfaltet in drei fantastisch inszenierten Rauminstallationen die immer neu einzulösende Vision vom Gesamtkunstwerk. Gegenstand ist die Auseinandersetzung mit dem Riesenspektakel Oper - Kumulationen aus Musik, Text und begehbarem Bühnenbild. Dabei kommt dem Leipziger Museum zum ersten Mal sein übergroßer Raum-Reichtum zugute. Platz für interaktive Skulpturen, ganze Wandinstallationen aus theatralischen Materialien: Licht, Konzertflügel, diaphane, ihre Farbe beim Klang von Ring-Musik wechselnde Büsten, kinetische Lichtskulpturen und ein ganzer illuminierter Canyon, dessen von Projektionen hinterleuchtete Wände sich beim Durchschreiten bedrohlich blähen und dann wieder schrumpfen. Da werden den individuellen Träumen und den gesellschaftlichen Archetypen von Wagner-Helden, Nixen-, Zwergen- und Götter-Gestalten schöne Entfaltungsspielräume geboten.
Bleibt die Frage, ob der Dialog zwischen den drei Weltenschöpfern dadurch befördert oder eher wieder beengt wird. Verweisen doch die vereinzelten exotischen, psychotischen oder melancholischen Sehnsuchtsorte jeden der drei Demiurgen wieder auf sich selbst. Karl May bleibt im wilden Kurdistan, Max Klinger in seinen unklaren Bezirken der Obsessionen, und die Zentralfigur Wagner wird dann doch zum ungebärdigen "Weltkind in der Mitten". Aber vielleicht ist das ja so gewollt. Jede Inszenierung öffnet und verschließt ihren Gegenstand zugleich. Museumsdirektor Hans-Werner Schmidt hat dies mit seiner ironischen Formel von der "nachhaltigen Verschwendung" genau getroffen. Ja, die Museumslandschaft braucht weniger Buchhaltung, sondern mehr Inspiration.
In sechs ausführlich bebilderten Kapiteln werden uns Feuer, Wasser, Erde und Luft als ganz und gar deutsche Elemente vorgeführt: Der Vater Rhein verschmilzt mit dem Silbersee, Wagners nordische Heldengestalten und Götter paradieren parallel zu Old Shatterhand und Winnetou. Die Rheingold-Nixen verschwistern sich - bedeutungsschwanger zwischen Tagtraum und Alp pendelnden - Existenzentwürfen von Max Klinger, und Karl Mays gut ausgedachte Wildwest-Heroen und Bösewichter frönen ihrem blutigen Handwerk neben friedlichen, vom Mondlicht beglänzten und Nebelschwaden gesättigten Landschaftsräumen von Johan Christian Dahl, Schnorr von Carolsfeld und Carl Blechen. Grell aufgequirlter Alarm kontrastiert mit abendlich biedermeierlich sanften Stimmungsbildern. Und allegorisches Brimborium - wenn Klinger etwa Christus leibhaftig in den Olymp versetzt - reicht bis in den deutschen Tann: - wenn Ritter Hagen den arglosen Siegfried Sang- und Klanglos von hinten ersticht. Immer sind Wald und Flur, Meer und Fluss, Gebirge und Unterwelt hochgradig mythisch und emotional besetzt.
An die 80 Gemälde, Zeichnungen und Druckgrafiken singen gleichsam ein Hohelied auf brodelnde Kulissenwelten, wobei interessanterweise allenthalben auch Rauch aus den ersten mit Dampfmaschinen betriebenen Fabriken sich mit dem Theater-Qualm Wagners und Klingers mischt. Besondere Beachtung ist den fast bewunderungswürdig verquasten Bild-Erfindungen des Schwaben Claus Bergen zu zollen. Der war weiland für die Illustration der ersten Karl-May-Bände zuständig und hat sich dieser Aufgabe mit gruseliger, dabei gekonnter Konsequenz entledigt: Schaurige Höhlen, schwindelnde Abgründe, symbolisch überhöhte Berserker-Gestalten mit aufgepumptem Thorax und Muskelpaketen, die der Nationalsozialist Bergen - als beliebter Welt-Kriegs-Maler - später auch deutschen Heldengestalten und glorios sterbenden Kriegern verpasste. Dies ist die eine tödlich-traurige Kontinuitätslinie. Die erfreulichere scheint in dem wunderbar geheimnisvollen Gemälde Henri Fantin Latours auf: Seine "Rheingold"-Damen tanzen, schwimmen oder schweben irgendwo zwischen Wasser, Nebel, Licht und Dunst im Nichts - unbestimmbar zwischen Morgen¬dämmerung und aufziehender Dunkelheit. Unmittelbar unter dem Hör-Eindruck der Oper "Rheingold" entstanden, stellen sie eine ganz unkriegerische Wahrnehmung der Wagnerschen Musik dar.
Vollständig aber wird die Leipziger Schöpfer-Schau erst durch drei opulente Zugaben: Die Bühnen-Künstlerin Rosalie entfaltet in drei fantastisch inszenierten Rauminstallationen die immer neu einzulösende Vision vom Gesamtkunstwerk. Gegenstand ist die Auseinandersetzung mit dem Riesenspektakel Oper - Kumulationen aus Musik, Text und begehbarem Bühnenbild. Dabei kommt dem Leipziger Museum zum ersten Mal sein übergroßer Raum-Reichtum zugute. Platz für interaktive Skulpturen, ganze Wandinstallationen aus theatralischen Materialien: Licht, Konzertflügel, diaphane, ihre Farbe beim Klang von Ring-Musik wechselnde Büsten, kinetische Lichtskulpturen und ein ganzer illuminierter Canyon, dessen von Projektionen hinterleuchtete Wände sich beim Durchschreiten bedrohlich blähen und dann wieder schrumpfen. Da werden den individuellen Träumen und den gesellschaftlichen Archetypen von Wagner-Helden, Nixen-, Zwergen- und Götter-Gestalten schöne Entfaltungsspielräume geboten.
Bleibt die Frage, ob der Dialog zwischen den drei Weltenschöpfern dadurch befördert oder eher wieder beengt wird. Verweisen doch die vereinzelten exotischen, psychotischen oder melancholischen Sehnsuchtsorte jeden der drei Demiurgen wieder auf sich selbst. Karl May bleibt im wilden Kurdistan, Max Klinger in seinen unklaren Bezirken der Obsessionen, und die Zentralfigur Wagner wird dann doch zum ungebärdigen "Weltkind in der Mitten". Aber vielleicht ist das ja so gewollt. Jede Inszenierung öffnet und verschließt ihren Gegenstand zugleich. Museumsdirektor Hans-Werner Schmidt hat dies mit seiner ironischen Formel von der "nachhaltigen Verschwendung" genau getroffen. Ja, die Museumslandschaft braucht weniger Buchhaltung, sondern mehr Inspiration.