Redaktionen liefern Zeitungsberichte, Radiosendungen oder Fernsehreportagen – das Publikum, Leser und Hörerinnen nutzen diese journalistischen Inhalte, jedoch ohne eine Möglichkeit zu haben, direkt Rückmeldung zu geben oder selbst etwas zu veröffentlichen. Jahrzehntelang wurde das Publikum nicht aktiv an der Berichterstattung beteiligt.
Das Verhältnis hat sich verändert
Durch die Digitalisierung hat sich das jedoch verändert – und es ist komplizierter geworden. Jeder Mediennutzer kann eigene Inhalte ins Netz stellen, Beiträge kommentieren oder in sozialen Netzwerken posten. Das dialogische Kommunizieren im Netz wirkt sich auch auf die analogen Medien aus. Hier wollen immer mehr Userinnen und User am Entstehungsprozess einer Geschichte beteiligt werden.
Zugleich scheinen sich viele Menschen von den klassischen Medien zu entfremden, wie eine Langzeitstudie der Universität Mainz belegt. Die Ergebnisse zeigen, dass 2017 rund 18 Prozent der Aussage zustimmten, die Medien hätten den Kontakt zu den Menschen verloren, während es nur ein Jahr später schon 27 Prozent waren.
Besserer Kontakt - viele Ideen
Aus Sicht der angehenden Journalistin Laura Lindemann hat die junge Zielgruppe kein Interesse an einem belehrenden Journalismus.
Sie glaubt, dass Menschen gerne mitreden möchten
.
Vor diesem Hintergrund bemühen sich viele Redaktionen darum, einen besseren Draht zum Publikum zu bekommen. Wie das funktionieren könnte, zeigt etwa die Landeszeitung aus Lüneburg, indem sie versucht, die zunehmende Zahl an Neubürgern in der Stadt zu erreichen.
Mit dem Programm "100 eyes" sollen mehr Perspektiven und mehr Stimmen gewonnen werden
. Die Verantwortlichen interessiert aber auch, welche Art von Journalismus gefragt ist - die gute alte Tageszeitung oder neue Formate wie Podcasts oder ein Newsletter?
"Dialogjournalismus ist nicht günstig"
Die Publizistin Ingrid Brodnig hält neue Formen des Dialogjournalismus für sinnvoll
, man müsse aber auf die Ausgewogenheit und die üblichen journalistischen Kriterien achten. Der Journalismus, der im Austausch mit dem Publikum entsteht, sei nicht kostenfrei zu haben: "In Zeiten angespannter ökonomischer Verhältnisse ist die Gefahr, dass als Dialog das abgegriffen wird, was leicht zugänglich ist, also die Tweets, die ohnehin schon getrendet sind - und das rausgehen, wo man staubige Füße bekommt, dass das schwieriger wird", so Brodnig.
Ideen und Anregungen von Leserinnen möchte man auch bei der "New York Times" aufgreifen
. Die Zeitung hat eine Erfahrungshotline für Mütter gestartet, die von den – zum Teil schwierigen – Erlebnissen mit Corona berichten können.