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Diamanten aus dem Labor
Fraunhofer-Forscher bauen Edelsteine nach Rezept

Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik kann Diamanten künstlich hergestellen - in speziellen Reaktoren. Die sehr sauberen Steinchen könnten den Schmuckmarkt so richtig umkrempeln. Ein großer Produzent hat bereits Interesse angemeldet.

Von Peter Welchering |
    In Freiburg werden Diamanten nicht aus der Mine, sondern aus dem Plasma geholt. Jede Entladungslampe hat ein Plasma, um Licht zu erzeugen. Und am Freiburger Fraunhofer-Institut nutzen Christoph Nebel und sein Team solch ein Plasma, um 600 Diamanten in zehn Tagen in einem Metallbehälter, dem Reaktor, regelrecht wachsen zu lassen.
    "Um Diamant abzuscheiden oder herzustellen braucht man eben immer Diamant. Deshalb braucht man zunächst Diamant-Substrate. Die gibt es aber, die stehen kommerziell zur Verfügung, zum Beispiel von Element six, das ist ein de Beers-Ableger. Da kauft man dann zum Beispiel 600 solcher Einkristalle und bringt die dann in den Reaktor ein und wächst dann Diamant drauf. Dann, nach dem Überwachsen, wird das Substrat weggeschnitten mit einem Laser und wieder verwendet. Mit 600 Ausgangsschichten kann man die beliebig oft multiplizieren, um dann eben Material für zum Beispiel Schmuck herzustellen."
    Das im Reaktor lodernde Plasma ist ungefähr 3.600 Grad Celsius heiß.
    "Im Plasma funktioniert es so: Man mischt Methan mit sehr viel Wasserstoff zusammen. 98 Prozent Wasserstoff und nur zwei Prozent Methan da drin. Und dann entsteht diese heiße Gasphase. Und wenn jetzt Diamant in Berührung mit diesem Gasgemisch kommt, dann scheidet sich auf der Oberfläche Kohlenstoff ab. Der Kohlenstoff, der Graphit, der abgeschieden wird, wird durch den Wasserstoff immer wieder abgeätzt. Sodass nur der diamantartige, gebundene Kohlenstoff fest auf der Oberfläche bleibt."
    Sprecher: Die Freiburger Forscher haben es geschafft, die Temperatur und die verwendeten Gase so präzise zu regulieren, dass sie das Wachstum der Diamanten genau steuern können. Auch die Farbe der Edelsteine lässt sich bei dieser Diamantproduktion ziemlich genau planen.
    Ein Diamant auf Rezept
    "Der Diamant, der sich besonders teuer verkauft, ist zum Beispiel rot, oder in Zukunft gibt es auch grünen Diamant. Besonders schön sind die blauen Diamanten neben den standard-transparenten Diamanten und im man-made-Diamant-Geschäft zielen wir in die Richtung der kontrollierten Farbgebung, also wiederum durch Forschungs-und Entwicklungsarbeiten hier Rezepte zu entwickeln, die dann den Produzenten erlauben, jetzt machen wir blaue Diamanten oder machen wir rote Diamanten."
    Stickstoff zum Beispiel macht den Diamanten gelb. Bor erzeugt blaue Diamanten.
    "Und dann wird's komplizierter. Wenn man rot will, dann muss man Stickstoff einbauen und ein Kohlenstoffatom in unmittelbarer Nachbarschaft entfernen. Das ist eine Stickstoffvakanz und die macht rot."
    Mit 40 bis 60 Reaktoren nach Freiburger Bauart will ein internationaler Schmuckproduzent demnächst Diamanten herstellen. In drei bis sechs Jahren soll eine regelrechte Massenproduktion aufgebaut werden. Dabei hatten die Freiburger Fraunhofer-Forscher an den Schmuckbereich zunächst überhaupt nicht gedacht.
    "Der Hintergrund unserer Aktivität zielt nicht in den Schmuckbereich, sondern in die Leistungselektronik. Wenn sie an unsere Hochspannungsübertragungsnetze denken, also Smart Grids, die funktionieren ja momentan immer noch mit Schaltern, die aus dem Mittelalter sind. Und hier sind wir dabei, neue Bauelemente zu entwickeln, die hohe Spannungen schalten können. Und da ist Diamant das ideale Material. Um das zu können, braucht man eben ultrasauberen Diamant. Und das ist der Hintergrund unserer Aktivität. Wir entwickeln Diamant-Elektronik und nicht Schmuck."