Bizarre Tiere mit gellendem Geschrei sind eine typische Beigabe der frühen Gedichte von Robert Desnos, begeisterter Vertreter des Surrealismus und, wie seine Freunde glaubwürdig versicherten, tatsächlich fähig, auf Surrealistisch zu sprechen. Von Strophe zu Strophe ändert Coco ihre Gestalt und tritt abwechselnd als Vogel, Kokosnuss, Loths Weib oder leichtes Mädchen in Erscheinung:
Ode an Coco
Coco, einer gichtigen Concierge grüner Papagei,
auf hohem Bauch, mit galligem Gerede
Das die Wut der Dogge zum Äußersten treibt,
Zaubert galoppierende Zebras und wilde Esel herbei.
Coco! Die blasse Hure mit verschminktem Gesicht
hat heute Abend deine seltsamen Düfte gerochen.
Nun wird sie durch das orangefarbene Morgenlicht
ohne Ekel das grausame Leben betrachten."
Ode an Coco
Coco, einer gichtigen Concierge grüner Papagei,
auf hohem Bauch, mit galligem Gerede
Das die Wut der Dogge zum Äußersten treibt,
Zaubert galoppierende Zebras und wilde Esel herbei.
Coco! Die blasse Hure mit verschminktem Gesicht
hat heute Abend deine seltsamen Düfte gerochen.
Nun wird sie durch das orangefarbene Morgenlicht
ohne Ekel das grausame Leben betrachten."
Freundschaft und Bruch mit Surrealist André Breton
Träume und Phantasien, hypnotische Zustände und Visionen waren die Sphären, auf die sich Desnos verstand. Er wurde am 4. Juli 1900 in Paris geboren, wuchs im volkstümlichen Quartier der Markthallen inmitten von Händlern, Handlangern und Tagedieben auf und sammelte dort sehr handfeste Lebenserfahrungen. Schon mit 17 veröffentlichte Robert Desnos erste Texte, schloss Freundschaft mit dem Wortführer der Surrealisten André Breton und nahm an automatischen Schreibübungen teil.
Der junge Lyriker fühlte sich aber auch von anarchistischen Kreisen angezogen, und später führte seine Skepsis gegenüber dem Kommunismus zum Zerwürfnis mit Breton. 1923 entstanden Zyklen mit Titeln wie Almosonymie oder Sprache gekocht, in denen sich der Verfasser in hemmungslosen Sprachspielereien verlor.
Gedichte für Kinder
Unsinnswörter und absurde Zuspitzungen gefielen ihm besonders, und vielleicht schrieb er auch deshalb leidenschaftlich gern für Kinder.
Der Hecht,
Er macht der Pläne viel.
Ich werd, so sagt er, besuchen
den Ganges und den Nil,
den Tajo und den Tiber dann
und darauf den Jangstekiang.
Ich werde, da ich ungebunden,
gut nutzen meine freien Stunden."
Der Hecht,
Er macht der Pläne viel.
Ich werd, so sagt er, besuchen
den Ganges und den Nil,
den Tajo und den Tiber dann
und darauf den Jangstekiang.
Ich werde, da ich ungebunden,
gut nutzen meine freien Stunden."
Liebe, Musik und Politik
Desnos entbrannte völlig aussichtslos für die Sängerin und Schauspielerin Yvonne George und verfasste sehnsüchtige Liebesgedichte, die wieder stärker traditionelle Formen aufgriffen. Ab 1925 arbeitete er vor allem als Journalist, schrieb über Jazz, Kino und Kunstaustellungen und freundete sich mit Picasso, Artaud und John Dos Passos an. Mit Hörspielen über das Verbrechergenie Fantomas, den Mann mit der schwarzen Maske und den engen Hosen, wurde Desnos landesweit berühmt und zum Radioavantgardisten. Auch Klangbilder gehörten zu seinen Spezialitäten.
Unterdessen war Desnos längst mit einer der umschwärmtesten Frauen des Montparnasse liiert, mit der Muse einer ganzen Generation: Youki Foujita. Äußerst musikalisch, verstand er sich auf Tanzrhythmen und schrieb immer wieder Liedtexte für Varietés. Auch politisch bezog Desnos deutlich Stellung: Es kam zu einem öffentlichen Schlagabtausch mit dem ultrarechten Schriftsteller Céline.
Unterdessen war Desnos längst mit einer der umschwärmtesten Frauen des Montparnasse liiert, mit der Muse einer ganzen Generation: Youki Foujita. Äußerst musikalisch, verstand er sich auf Tanzrhythmen und schrieb immer wieder Liedtexte für Varietés. Auch politisch bezog Desnos deutlich Stellung: Es kam zu einem öffentlichen Schlagabtausch mit dem ultrarechten Schriftsteller Céline.
Tod in Theresienstadt
1940 ging Desnos in den Widerstand; vier Jahre später wurde er von der deutschen Besatzungsmacht verhaftet und über Auschwitz und Flossenbürg nach Flöha in Sachsen deportiert. Sein Gedicht "Epitaph" aus demselben Jahr, hier in der Übersetzung von Paul Celan, nimmt den Tod schon vorweg:
"In jenen Zeiten lebt ich – lebt ich frei.
Mein Auge sah die Erde, es sah zum Himmel auf,
ich sah, wie alles kreiste, ich sah den Wasserlauf.
Die Blüte gab den Honig, der Vogel zog vorbei."
"In jenen Zeiten lebt ich – lebt ich frei.
Mein Auge sah die Erde, es sah zum Himmel auf,
ich sah, wie alles kreiste, ich sah den Wasserlauf.
Die Blüte gab den Honig, der Vogel zog vorbei."
Im April 1945 kam er, schon von Typhus gezeichnet, nach Theresienstadt. Robert Desnos starb einen Monat nach der Befreiung am 8. Juni 1945.