Joachim Stugk sitzt auf dem großen Sofa in seinem Wohnzimmer in Welsickendorf. „Ich gebe ehrlich zu, ich war auch nicht unbedingt für die Windräder im Wald“, sagt er. - Jetzt aber ist er für die Windräder. Er besitzt ein kleines Stück Wald am Rande der Gemeinde ganz im Süden von Brandenburg. Und in diesem Wald wird ein neuer Windpark entstehen, auch auf seinem Grund und Boden. So der Plan. Dafür wird er eine Pacht erhalten, deshalb ist er dafür. Andere im Dorf haben nichts von dem neuen Windpark, die sind dagegen.
„Ja, die stören die hohen Türme, wenn sie auf Fenster gucken, sehen sie die Türme. Sieht man ja sowieso nun rund rum, ob die paar dazu kommen oder nicht. Und welche sagen, die kleinen Tiere gehen kaputt. Und welche, die Vögel. Das sind alles Vorwände. Also am meisten wird wohl die Leute stören, dass die Türme dastehen. Und einige, denke ich mal, auch ein bisschen Neid.“
Waldbesitzer erhalten rund 1.000 Euro pro Hektar im Jahr
Bis auf etwa 1.000 Meter soll der Windpark an die Häuser heranreichen. Die Pacht, die Stugk dann für sein Flurstück erhält ist nicht unerheblich, je nachdem wie hoch der Ertrag an der Strombörse ist, kann er 1.000 Euro pro Jahr und Hektar bekommen. Bei 16 Hektar, soviel besitzt er, sind das bis zu 16.000 Euro. Damit würde der Wald endlich mal wieder etwas abwerfen und nicht nur kosten, sagt er, auch weil er ihn an seinen Sohn vererben will.
Deswegen verteidigt Stugk seinen Beschluss, das Flurstück zu verpachten: „Mein Argument ist immer, was soll ich machen, mir gibt keiner... wenn sie mir die die Unkosten für meinen Wald geben, dann brauche ich kein Windrad. Das ist für mich der Hauptgrund und natürlich auch: Wir brauchen ja Strom, wo sollen wir den Strom herkriegen, wenn die Kohle abgeschafft wird?“
Die Bundesregierung hat sich ambitionierte Klimaschutzziele gesetzt. Langfristig sollen vor allem die Erneuerbaren Energien, also Wind, Sonne und Wasser den deutschen Energiebedarf decken. Aber gerade bei den Windrädern geht es nur langsam voran. Ein Grund: Oft spaltet ein neuer Windpark die Bevölkerung in einem Dorf: Manche, wie Joachim Stugk, sind dafür, andere sind dagegen, manchmal erbittert.
Kritikern sind 1000 Meter zu wenig Abstand
Ein Kritiker der Windräder in Welsickendorf ist Uwe Gottwald. Er sitzt ein paar Häuser weiter auf den Stufen des Gemeindehauses und schaut auf die Ställe der örtlichen Agrargenossenschaft. Gottwald will vor allem nicht, dass die Windräder so nah ans Dorf kommen. 1.000 Meter seien nicht genug Abstand, sagt er:
„Ja, wie soll ich es jetzt sagen? Es hat sich ja ganz vieles verändert. Das liegt ja nicht nur an der Regierung, das liegt an diesem Krieg in der Ukraine zum Teil. Man schiebt jetzt in meinen Augen so ein bisschen vor, dass sich etwas ändern muss, dass wir ökologisch denken müssen, dass Windkraft, Photovoltaik in meinen Augen geschaffen werden muss. Jawohl, da brauchen wir nicht drüber reden, wir müssen weg von fossilen Brennstoffen. Aber die Art und Weise, die ist in meinen Augen falsch.“
Er findet, dass neue Windparks erst einmal auf den ehemaligen Militärarealen gebaut werden sollen, von denen es hier in Brandenburg einige gibt. Der Vorteil wäre, dass sie alle weit von Ortschaften entfernt sind. Nachteil ist, dass sie mit Munition belastet sind und erst einmal teuer gereinigt werden müssten. Hier in der Gemeinde, sagt Gottwald, seien es einfach schon genug Windräder. 4,6 Prozent der Fläche sind schon als Windeignungsgebiete ausgewiesen. Mit dem neuen Park sind es 6,5 Prozent.
Der Großteil der Menschen profitiert nicht von Windrädern
Die meisten Menschen aber hier in den Dörfern haben nichts davon. Wenn alle finanziell von den Windrädern profitieren würden, wäre es etwas Anderes, sagt er. Auch wenn manche Angst haben, dass die Windräder krankmachen:
„Also ich denke, nur von Geld sollte man es auf keinen Fall abhängig machen, denn ich denke die Gesundheit jedes Einzelnen ist das oberste Gut, was wir haben. Aber die Akzeptanz würde sich auf jeden Fall verändern, wenn man sagt: Okay, jetzt habe ich was davon, von dieser ganzen Angelegenheit. Meine Gesundheit ist natürlich trotzdem nach wie vor das oberste Gut. Aber wir haben jetzt was von dieser ganzen Geschichte, und es wird für uns etwas günstiger. Das haben wir ja hier nicht. Das heißt, wir haben Massen an Windkraftanlagen, aber haben einen der höchsten Strompreise in ganz Deutschland.“
Netzentgelte: Windräder lassen den lokalen Strompreis steigen
So paradox es klingt: Der Strompreis ist in Brandenburg vor allem deshalb so hoch, weil hier so viele Erneuerbare Energien erzeugt werden. Um die zu transportieren, wurden in den letzten Jahren neue Stromleitungen gelegt und die Kosten für die Leitungen werden über die Netzentgelte an die Verbraucher vor Ort weitergegeben. In Sachsen und auch in Bayern, wo viel weniger Windräder stehen, sind die Strompreise deutlich niedriger.
Dieses Ungleichgewicht hat die Bundesregierung erkannt, die Netzgebühren werden schrittweise bis 2023 angeglichen. Das allerdings beseitigt erst einmal nur einen Nachteil und ist noch kein Vorteil, sagt Matthias Wäsche, der Bürgermeister der Gemeinde Dahme/Mark, zu der Welsickendorf gehört: „Das hört man auch immer wieder bei den Bürgern, dass die sagen: Ja, wir haben ja, wir haben ja die Windräder, aber wir haben nichts davon.“
"Windeuro" für die Windkraft-Gemeinden
Die Windräder verändern die Landschaft, sie verursachen Geräusche, blinken in der Nacht. Das müssen die Menschen hier hinnehmen. Den Nutzen aber, so sehen es viele hier, haben die großen energieintensiven Betriebe im Süden Deutschlands, haben die Menschen in den Städten. Das hört auch der Bürgermeister oft.
„Die Menschen in den Ortschaften sind gespalten. Die, die direkt davon profitieren, die also ihren Acker zur Verfügung gestellt haben, die sind für Windenergie. Und alle anderen, die quasi die Windräder mit ihren Geräuschen vielleicht auch ein bisschen Schlagschatten, direkt im Garten haben oder hinter dem Garten, die sind so die Gegner. Und jetzt heißt es für uns, dass wir alle an einen Tisch bekommen. Es wird nur über die finanziellen Möglichkeiten gehen, die wir dann mit dem Windeuro und mit der Änderung EEG-Gesetz dann auch haben.“
Der sogenannte „Windeuro“ wurde von der brandenburgischen Landesregierung 2019 eingeführt, um die Akzeptanz der Windkraft zu steigern. Die Betreiber eines Windparks müssen für jedes Rad 10.000 Euro an die Gemeinden in einem Radius von drei Kilometern zahlen. Der neue Park in Welsickendorf mit rund 20 Anlagen würde eine erhebliche Summe zusätzlich in die Gemeindekasse spülen.
Regelmäßige Zahlungen an die Gemeinden sind optional
Hinzu kommt: Pro produzierter Kilowattstunde könnte die Gemeinde weitere 0,2 Cent von den Betreibern der Windparks bekommen. Diese Möglichkeit sieht das EEG, das Erneuerbare-Energien-Gesetz seit 2021 vor. Allerdings ist das eine Kann-Bestimmung. Und mit Kann-Bestimmungen hat der Bürgermeister keine guten Erfahrungen gemacht. Denn bisher hat die Gemeinde nichts an den etwa 50 Windrädern auf ihrem Gebiet verdient.
Erst seit diesem Jahr, seitdem der obligatorische „Windeuro“ greift, hat Wäsche Einnahmen von über 20.000 Euro. Einnahmen, die er dringend braucht.
„Im Land Brandenburg sind ja über 20 Prozent der Kommunen finanzschwach, und wir gehören auch dazu. Also je weiter man eigentlich von Berlin, vom Speckgürtel weg ist, je schlechter geht es einem. Wir sind eine Flächengemeinde. Wir sind von der Fläche her so groß wie die Stadt Potsdam, haben aber nur 3000 Einwohner. Und die Schlüsselzuweisungen, die richten sich ja nach den Einwohnerzahlen. Wir haben auch über 70 Kilometer Straße, die wir sanieren müssen. Dort gibt es auch einen finanziellen Ausgleich vom Land, aber der ist so gering, dass wir im Schnitt eigentlich alle 700 Jahre unsere ganzen Straßen damit sanieren könnten. Also das ist nicht auskömmlich, die Finanzierung für die Kommunen.“
In den Gemeinden herrscht daher das Gefühl vor, finanziell abgehängt zu sein. Und dann produziert man auch noch den Strom für die großen Städte. Mit Windrädern, die – so empfinden es einige – die Landschaft verschandeln. Mit der Novelle des EEG-Gesetzes und dem „Windeuro“ könnte sich das ändern. Denn jetzt kann die Gemeinde konkrete Maßnahmen ergreifen – einen neuen Ruf-Bus einrichten, eine Kita eröffnen – und das direkt mit dem Geld aus den Windparks finanzieren.
Sieben Jahre Umsetzungszeit für einen Windpark
Torsten Nonnemann ist derjenige, der den neuen Windpark in Welsickendorf plant. Er ist Projektierer bei Prokon, einem genossenschaftlich organisierten Unternehmen mit einem Umsatz von 110 Millionen Euro. Prokon will den Park bauen und betreiben. Den „Windeuro“ findet Torsten Nonnemann äußerst sinnvoll, denn es fehlt auf dem Land an vielem, sagt er.
„Wenn die Gemeinde sagt: Also hier kommen zusätzliche Mittel, wir können für unsere Gemeinde, nehmen wir mal ein ganz markantes Beispiel im ländlichen Raum, zum Beispiel kostenlos eine Arztpraxis, modernst ausgestattet für einen Mediziner zur Verfügung stellen und vielleicht dem noch eine Wohnung oder ein Haus dazugeben, damit wir einen Arzt vor Ort haben, dann kann das durchaus schon ein großes Anreizsystem sein.“
Seit 2018 plant er den neuen Windpark, wenn es gut läuft, so hofft er, kann er 2025 ans Netz gehen. So lange dauert das momentan, um einen neuen Windpark zu bauen.
Fünf Millionen Euro für ein Windrad
Das Anfang Juli verabschiedete Gesetz der Bundesregierung, das die Länder verpflichtet, mehr Flächen für die Windenergie auszuweisen, begrüßt er ausdrücklich. Denn an diesen Flächen herrscht ein großer Mangel.
Aber auch der ganze Planungsprozess sei viel zu kompliziert, meint Nonnemann, teils müssten zigfach erprobte Maßnahmen erneut geprüft werden wie beim ersten Mal. Das führe einerseits dazu, dass es lange dauere, neue Windräder aufzustellen, andererseits dazu, dass die Kosten steigen und sich die Investition teils kaum noch lohne. Im Moment kalkuliert Nonnemann mit etwa fünf Millionen Euro pro Windrad.
„Natürlich sind die Risiken ganz erheblich, und ich sage es jetzt mal ganz bewusst, Projektentwicklungszeiten, die die wir bisher kennen, von acht bis zehn Jahren, die bürgen natürlich das Risiko, dass man die Projektrealisierung nicht mehr erlebt. Und hat man von solchen Projekten, die nicht aufgehen oder so kleinteilig aufgehen, läuft man natürlich schon Gefahr, den Bestand der Firma zu riskieren.“
Diese kleinteiligen Genehmigungsverfahren müssten stark vereinfacht und gestrafft werden, findet Nonnemann, sonst werde sich der Ausbau der Windenergie nicht so beschleunigen, wie die Bundesregierung das will.
Aktuell sind die Ausbauzahlen bei der Windenergie so niedrig wie noch nie seit der Einführung des „Erneuerbare-Energien-Gesetzes“ im Jahr 2000. Manche Hersteller von Windanlagen bauen deswegen Produktions-Kapazitäten ab. Im gut 60 Kilometer von Welsickendorf entfernten Lauchhammer wurde zum Beispiel im Juni ein Werk für Rotorblätter mit 460 Arbeitsplätzen geschlossen. Wenn aber der Ausbau durch die Beschleunigungsgesetze der Bundesregierung wieder anzieht, dann könnten Windräder knapp werden, das fürchtet auch Nonnemann.
Bürger-Protest und Naturschutz als Investitionsrisiko
Aber auch der Protest vor Ort kann ein erhebliches Risiko für ein neues Windrad darstellen. Hans-Georg Nerlich lebt in Gebersdorf, das auch zum Gemeindeverbund Dahme/Mark gehört. Er und seine Frau sind in einer Bürgerinitiative gegen die Windkraft engagiert, seit vor einigen Jahren ein Windpark in der Nähe entstehen sollte. Als Angriffspunkt haben sie schnell den Naturschutz ausgemacht.
„Wir haben also auch in den Gutachten gemerkt, dass also diese Gutachter, die ja extern sind und eigentlich auch nicht parteilich, eigentlich durch die Bank Gefälligkeitsgutachten gemacht haben. Also ein paar kennen sich ja auch aus, und es ist dann wirklich festgestellt worden, dass die also auch zu Zeiten die Vögel beobachtet haben und dann eben nicht gesehen haben, weil zu der Zeit die Vögel nicht da waren oder geflogen sind.“
Nerlich und seine Frau haben kein Land, das sie für die Windkraft verpachten. Von der Windenergie haben sie nur den Anblick der Türme. In der Bürgerinitiative haben sie dann begonnen, selbst die Vögel zu beobachten.
„Und hier kam es jetzt dazu, dass also auch ein Uhu-Pärchen brütend festgestellt wurde in dem Wald. Und dann waren auch noch zwei Milan-Horste, die also die Gutachter nicht gefunden hatten, gesehen hatten. Die sind also auch noch festgestellt worden, sodass also es dazukam, dass durch diese Schutzbereiche der Vögel, also Milan und Uhu, eben diese Genehmigungsanträge abgelehnt wurden.“
Etwa ein dreiviertel Jahr dauert es, bis die Genehmigung der Naturschutzbehörde erteilt ist. Wenn es keine Probleme wie in diesem Fall gibt. Und diese Genehmigung ist nur eine von vielen, die ein neuer Windpark braucht. [*]
Katja Müller ist Ethnologin an der Universität in Halle an der Saale und hat sich über mehrere Jahre mit der Wahrnehmung der Windenergie in der Region befasst. Sie hat beobachtet, dass das Naturschutz-Argument bei Windkraftgegnern weit verbreitet ist.
„Dann ist es ein bisschen problematisch, dass in der Realität für den Schutz des Menschen eine halbe Seite im Gesetz steht und für den Schutz von Flora und Fauna fünf Seiten drinstehen. Das führt im Umkehrschluss dazu, dass natürlich Leute, die sich bedroht oder beengt fühlen von den Windkraftanlagen, wenn sie sich schlau machen, dann irgendwann auf die Argumentation beziehen, mit der sie mutmaßlich den meisten Erfolg haben werden. Und das ist, da gibt es auch Untersuchungen dazu, dass man diesen Bezug auf Flora und Fauna in den Einwendungen ein Stück weit auch aus pragmatischen Gründen macht. Um zu verhindern, dass ein bestimmter Windpark in einer bestimmten Konstellation gebaut wird.“
Windkraftgegner agieren professionell
Wer genau aus welchen Motiven handelt, kann auch Müller nicht sagen. Aber sie hat in den Jahren, in denen sie in der Region geforscht hat, eine Professionalisierung der Windkraftgegner feststellen können.
„Da ist ein ganz klarer Lernprozess gewesen, was die Form des Protestes angeht. Deswegen haben die zwar zuerst überlegt, können wir irgendwie Eingaben, Petitionen et cetera et cetera machen. Aber man hat dann – und insofern war das ein Lernprozess, würde ich sagen – festgestellt, es macht mehr Sinn, wenn wir uns Informationen rechtzeitig beschaffen. Und das heißt, dass die Menschen, die sich in der Bürgerinitiative formiert haben, auch mit Startpunkt Wind dann irgendwann gesagt haben, wieso nicht irgendwie bei den Wahlen teilnehmen und versuchen, ins Stadtparlament zu kommen. Und das haben die tatsächlich auch geschafft.“
Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zeigen, dass bei vielen Menschen in ländlichen Regionen die Windkraft als etwas betrachtet wird, das von außen kommt, von dem man vor Ort nichts hat und von dem andere profitieren. Denn auch das Kapital stammt meist von außerhalb. Bürgerwindparks, an denen die Menschen der Region Anteile erwerben, wären da ein Mittel für eine bessere Akzeptanz, sagt Forscherin Müller. Allerdings sind die Räder mittlerweile so groß und damit auch so teuer, dass jedes mehrere Millionen Euro kostet. Es braucht also viel Kapital, das hier auf dem Land in Brandenburg selten vorhanden ist.
Aus Initiative von Bürgern kann Wertschöpfung für alle entstehen
Peter Hahn lebt ein Stück nordwestlich der Gemeinde Dahme/Mark in Schlalach, 70 Kilometer vor Berlin. Vor einigen Jahren, bevor der „Windeuro“ eingeführt wurde, sollte auch hier ein Windpark entstehen, die Gemeinde stand vor denselben Problemen wie jetzt Welsickendorf. Als die ersten Projektierer vor den Türen der Landbesitzer mit Pachtverträgen auftauchten, haben er und andere Mitstreiter die Landbesitzer – er selbst gehört nicht dazu – davon überzeugt, sich zusammen zu schließen.
„Wir haben uns entschlossen, eine Ausschreibung zu machen, also andersrum. Statt dass jemand an der Tür klingelt und irgendwelche Verträge dahin hält, haben wir gesagt: Bitte zeigt uns mal eure Verträge. Und in der Ausschreibung haben wir dann auch gesagt, was wir erreichen wollen. Also, dass hier auch durchaus Wertschöpfung im Dorf bleibt, dass wir hier den örtlichen Frieden erhalten. Dass alle beteiligten Interessengruppen da irgendwo mit bei sind.“
Hahn sitzt auf der Terrasse seines Hauses, einem alten Landgut. Durch die gemeinsame Ausschreibung, erzählt Hahn, hätte jeder Landbesitzer sehr gute Konditionen bekommen, so gut, wie sie einzeln nicht erzielt worden wären. Als Gegenleistung haben die Landbesitzer sich bereit erklärt, einen kleinen Teil der Einnahmen der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen.
„Da haben wir uns überlegt, wir gründen eine Bürgerstiftung, womit wir dann gemeinnützige und mildtätige Dinge tun können, die wir aus dem Windpark füttern. Das haben wir auch hingekriegt. Das heißt, die Stiftung existiert. Wir haben hier ein recht munteres Vereinsleben und, ja, das eine oder andere schöne Projekt, was wir hier im Dorf machen wollen, kriegen wir dann auch gesponsert daraus.“
Wenn ein Windpark gebaut wird, dann müssen die Projektierer für den Eingriff in die Natur Ausgleichsmaßnahmen durchführen. Hahn und andere Beteiligte haben sich erfolgreich dafür eingesetzt, dass auch dieses Geld im Dorf angelegt wird. Etwa eine Million Euro war das. Eine Apfelbaumallee wurde zum Beispiel davon bezahlt, die alle im Dorf mit dem Windpark verbinden.
„Bei uns kam es glücklich zusammen. Also wir haben hier alle, die Gemeinde, die Bevölkerung, hinter das Thema gekriegt.“
Transparenz und offene Kommunikation als Schlüssel
Am Ende des Prozesses haben er und andere Dorfbewohner dem Projektierer auch noch ein Windrad aus dem Park abgekauft, dass sie jetzt zusammen betreiben und damit Geld verdienen. Bei den hohen Strompreisen im Moment sogar ziemlich gut, sagt Hahn. Was war das Entscheidende für diesen Erfolg? Dass fast alle im Dorf gemeinsam agiert haben und sich auch vertraut haben, meint Peter Hahn.
„Ich sage mal bei uns war es sehr offene Kommunikation. Also wirklich alles transparent, auch das Ausschreibungsverfahren. Da konnte jeder alles sehen. Das haben wir auch geteilt. Und, ja, dann war das Klima im Dorf eben so, dass da die Mehrheit mitmacht. Und dann hatte man am Ende des Tages gemeinsam an einem Strang gezogen, und, ja, das ganz gut gestalten können.“
In Schlalach konnten sie den dörflichen Frieden trotz des neuen Windparks erhalten, sagt Peter Hahn. Weil die ganze Gemeinde davon profitiert und nicht nur einzelne. Das ist auch der Gedanke hinter dem „Windeuro“, der beim Ausbau der Windenergie zukünftig eine wichtige Rolle spielen könnte.
Denn die Zeit drängt: Nach den Plänen der Bundesregierung sollen bis 2030 mindestens 80 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms aus Erneuerbaren Energien kommen.
[*] Das Interview mit Hans-Georg Nerlich entstand am 14.6.2019 im Rahmen eines wissenschaftlichen und journalistischen Forschungsprojektes der University of Technology Sydney zur Akzeptanz von Windkraftanlagen in Brandenburg.