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Die Bank bin ich

Der Leitzins in der Eurozone ist auf einem Rekordtiefstand. Geld auf dem Konto zu lagern, lohnt sich zurzeit fast gar nicht. Wohin also mit Geld, wenn man welches hat? Eine Möglichkeit: Man vergibt Kredite, von privat zu privat. Man wird also selbst zur Bank und streicht dafür ganz ordentlich Zinsen ein. Klingt gut und wird auch nachgefragt, aber das Ganze birgt auch Risiken.

Von Brigitte Scholtes |
    Wie lege ich mein Geld sinnvoll an - Tages- und Festgeld bringen kaum Zinsen, Aktien sind auch nicht für jeden Anleger geeignet, Immobilien genauso wenig. Christian S. fand die Idee sympathisch, anderen Menschen Kredite zu gewähren - und das geht recht einfach über eine Kreditplattform, die beide Seiten zusammenbringt.

    "Einerseits ist es natürlich verlockend, dass es da Riesenprozentsätze gibt - bis zu 14 Prozent, 15, und auf der anderen Seite kann man Menschen unterstützen, die sonst vielleicht keinen Kredit bekommen, aber trotzdem kreditwürdig sind und von denen man das Gefühl hat, dass sie den Kredit auch wieder zurückzahlen. Ich finde, das ist eine Win-win-Situation."

    Der Kreditsuchende muss auf dem Kreditportal persönliche Daten zur Person eingeben, der Investor kann erkennen, wie die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers eingeschätzt wird. So hat Christian S. jetzt einer Frau Kredit gegeben, die kurzfristig Geld für ein neues Auto benötigt:

    "Dann sieht man hier dieses Angebot, und dann kann man einen Wunschbetrag geben. Ich habe 100 Euro gegeben, manche haben weniger, manche mehr gegeben. Und diese Masse von Anlegern hat so langsam ihren Kredit gefüllt. Der ist zustande gekommen. Und wir - alle Anleger - kriegen dann monatlich Raten zurückgezahlt - zu einem Zinssatz von 13,7 Prozent. Das ist natürlich ein Risiko, dass das irgendwann nicht klappen könnte, dass es dann einen Kreditausfall gibt. Deshalb raten die Plattformen einem, da ein bisschen zu streuen."

    Das hat er getan und finanziert mit kleineren Beträgen nun etwa auch eine Solaranlage auf dem Haus eines Privatmanns. Solche Kreditplattformen wie auxmoney oder smava gibt es seit sechs Jahren, und Kerstin Backofen, Redakteurin von "Finanztest" hält sie für eine ernst zu nehmende Alternative zur Bank - wenn auch nicht für jeden:

    "In erster Linie ist es eine gute Alternative für Kreditnehmer, nämlich für solche, deren Bonität bei der Bank vielleicht nicht so ganz gut eingeschätzt wird und die dann bei der Bank entweder einen sehr viel höheren Zins zahlen müssten bei den normalen Ratenkrediten oder den Kredit überhaupt nicht bekommen würden. Oder für solche, die so ungewöhnliche Projekte finanzieren wollen, wo die Bank auch sagt, das kennen wir nicht, das überzeugt uns nicht. Also, für die ist es auf alle Fälle eine Alternative, aber jetzt in Niedrigzinsphasen auch für Anleger."

    Inzwischen bietet man den Anlegern auch Hilfe bei der Bonitätsbeurteilung, erklärt Alexander Artopé, Geschäftsführer von smava:

    "So können wir dann beurteilen: Ist die Person auch tatsächlich diejenige, die sie vorgibt zu sein, hat sie keinen negativen Schufa-Eintrag, weil das ist bei uns nicht möglich. Ist sie von der Kapitaldienstfähigkeit auch in der Lage, die Rate zu bezahlen, die private Anleger an diese Person eben verleihen."

    Das Geschäft der Plattformen entwickelt sich gut, allein in diesem Jahr habe sich die die Zahl der registrierten Kreditnehmer auf 600.000 verdoppelt, erzählt Philipp Kriependorf, einer der beiden Geschäftsführer von auxmoney:

    "Wir sind seit einem Dreivierteljahr auf einem starken Wachstumskurs, bei dem wir sehr viel investiert haben in ein vergrößertes Team und in neue Systeme, sodass wir derzeit eben relativ große Investitionstätigkeit haben. Uns geht's jetzt insbesondere darum, die Dienstleistung als Alternative zu anderen Finanzierungsmöglichkeiten bekannt zu machen."

    Als alleinige Geldanlage aber sollte man den Kreditverleih nicht betreiben, raten Verbraucherschützer. Den größeren Teil seines Vermögens sollte man doch noch klassisch investieren.