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Die Bank, die Herrn Doktor gehört

Eine Bank, die den Kunden gehört und die über die Verwendung des Geldes mitentscheiden: Diese Idee wurde 1864 mit den Genossenschaftsbanken umgesetzt. Eine besondere Genossenschaftsbank ist die Deutsche Ärzte -und Apothekerbank mit Sitz in Düsseldorf und bundesweit 74 Filialen.

Von Peter Kolakowski |
    "Also ich kam erstmals während meines Studiums in Kontakt mit der APO-Bank und hatte von der APO-Bank gehört, da ich schon als Student ein Studienendfinanzierungsdarlehen nach den ersten wichtigen Zwischenprüfungen die man bestanden haben muss, um auch eine gewisse Gewähr bieten zu können, auch zum Abschluss zu kommen. Für mich war natürlich auch aufgrund dieser studentischen Verbindung klar: APO-Bank erster Ansprechpartner."

    Dr. Karl Reck, Kieferorthopäde aus Köln, ist seit 1992 der Deutschen Ärzte- und Apotheker-Bank als Kunde verbunden. Einer von rund 350.000. Denn die Bank stand ihm auch nach dem Studium zur Seite. Heute betreibt Reck an drei Standorten in und um Köln kieferorthopädische Versorgungszentren:

    "Ich persönlich glaube, dass die APO-Bank einerseits als Genossenschaftsbank und in Verbindung mit der Funktion "Standesbank der Heilberufe" eine persönlichere Kundenbeziehung unterhalten kann, wie jetzt irgendeine fremde Bank, die, was weiß ich, für fremde Bankgeschäfte anbietet. Und dieser Genossenschaftsbankgedanke ist, glaub ich, doch mehr auch auf den normalen Endverbraucher ausgerichtet und jetzt nicht so sehr auf solche spekulativen Bankgeschäfte, die heute so in der Diskussion stehen und meistens nicht mit Wertschöpfung einhergehen."

    Genossenschaftsbanken existieren bereits seit mehreren hundert Jahren und behaupten sich bis heute sehr erfolgreich am Geldmarkt. Zu den bekanntesten zählen die Volks- und Raiffeisenbanken. Nur wenigen bekannt, nämlich meist nur den akademischen Heilberufen, ist dagegen die Deutsche Ärzte- und Apothekerbank kurz APO-Bank mit Sitz in Düsseldorf. 1902 von dem Apotheker Richard-Oskar Mattern gegründet, verstand Mattern seine damalige Apothekerbank, als eine Form der Selbsthilfe, um seinen Standeskollegen eine gute und vertrauenswürdige Dienstleistung anzubieten. Also ganz im Sinne der anderen Väter des Kreditgenossenschaftsgedankens, Raiffeisen und Schultze-Delitzsch. Denn Bankdienstleistungen waren auch für Apotheker nicht so ohne Weiteres zu erhalten. Später kamen dann noch die Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte hinzu, erklärt APO-Bank Vorstandsmitglied Harald Felzen, hauptsächlich zuständig für das Privatkundengeschäft.

    "Das einzigartige Geschäftsmodell der Genossenschaftsbank resultiert ja aus dem Anspruch, dass man füreinander einstehen möchte, will und kann und natürlich vor der Spezialisierung auf den Gesundheitsmarkt alle Genossenschaftsmitglieder ein klares Ziel vor Augen haben und wir als Bank hier eine ganz entscheidende Rolle einnehmen."

    Bei diesem exklusiven Kundenkreis ist es bis heute geblieben. Der Vorteil für Bank und Kunden gleichermaßen: Risiken wie Kreditausfälle oder Insolvenzen lassen sich viel leichter kalkulieren und sind vor dem Hintergrund ganz überwiegend solventer Bankkunden auch eher selten. Gerade weil sich die Apo-Bank auf diese Klientel mit ihren speziellen Anforderungen und Wünschen konzentriert, machen die besonderen Kenntnisse des sowohl bundesweiten als auch lokalen Gesundheitsmarktes auch den Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Banken aus. Harald Felzen:

    "Beispielsweise gibt es in der Existenzgründungsberatung eine Investitons- und Kostenberatungsanalyse, in denen wir existenzwilligen und -freudigen Apothekern, wie sich ihre berufliche Existenz auch in Liquiditäts- und der Kostensituation niederschlägt. Das sind schon Alleinstellungsmerkmale, die wir uns in den letzten Jahren als APO-Bank erarbeitet haben, wie es sie bei anderen Banken in der Form nicht gibt. Ergänzt durch viele andere Themen, ich nenne nur das Netzwerk Deutsche Versorgungsstrukturen, wo wir ganz viele Experten zusammenbringen, die genau auf die Spezifika des Heilberufemarktes dann auch Hilfestellung geben können."

    Im Gegensatz zur Konkurrenz unterhält die APO-Bank ein Vorstandsressort, das sich ausschließlich mit den Entwicklungen am Gesundheitsmarkt befasst. Ob Gesundheitsreform, Arzneimittelneuordnungsgesetz, demografischer Wandel, Pflegekatastrophe oder Ärztemangel auf dem Land: Die Berater sind stets informiert, müssen es sein, denn die Kunden stellen hohe Ansprüche an die Beratungsqualität. Heute verfügt die Bank über eine Bilanzsumme von knapp 40 Milliarden Euro und bewegt sich damit im Mittelfeld des Bankengewerbes. Mehrfach wurde sie als ein im Markt gut etabliertes und seriöses Institut für die Vermögensverwaltung der Heilberufler ausgezeichnet. So Apo-Bank Vorstandssprecher Herbert Pfennig.

    "Am allerliebsten legen wir das Geld der Kunden in Form von Krediten an. Als Bank, als Geschäftsbank sind wir aufsichtsrechtlich verpflichtet, eine gewisse Liquiditätsreserve vorzuhalten in Form von Guthaben bei der Europäischen Zentralbank oder in jederzeit liquidierbaren Wertpapieren. Diese Anlage in Wertpapieren führen wir außerordentlich konservativ und risikoarm durch. Ich glaube, in der Finanzmarktkrise haben alle Kreditinstitute gelernt, was auch mit scheinbar sicheren Anlagen, siehe Griechenland im Ernstfall geschehen kann. Aus diesem Grund ist unsere Bank auch vor dem Hintergrund genossenschaftlicher Verpflichtung ganz besonders konservativ. Und wir versuchen, nicht zusätzliche Erträge unter Inkaufnahme von zu hohen Risiken zu erwirtschaften."

    Die konservative Anlagestrategie ist wichtiger Teil des Geschäftsmodells von genossenschaftlich wirtschaftenden Banken. Obwohl oder gerade weil sie nicht ausschließlich gewinnorientiert arbeiten, sind sie für Anleger und Kunden so attraktiv, betont Reinhard Schmidt, Professor am Finanzinstitut der Goethe-Universität Frankfurt am Main, der kürzlich eine internationale Untersuchung zu Genossenschaftsbanken in verschiedenen europäischen Ländern abgeschlossen hat.

    "Genossenschaftsbanken sind Banken, deren Aufgabe darin besteht, laut Gesetz und Satzung, die Wirtschaft der Mitglieder zu fördern. Das hat zur Folge, dass Genossenschaftsbanken so konstruiert sind, dass die Eigentümertitel bei den Kunden liegen. Die Kunden sind sozusagen auch die Eigentümer."

    Allerdings mit einer sehr schwachen Position, denn ein Mitglied hat -egal wie viele Anteile er auch besitzen mag- nur eine Stimme. Auch verkaufen kann man die Anteile nicht, sondern nur zurückgeben. Genossenschaftsbanken haben daher auch nur ein geringes Interesse, hohe Gewinne zu machen. Und gelten daher an den Geldmärkten oft als bieder. Und das, so Schmidt, sei auch so gewollt.

    "Das hat große Vorteile. Das bedeutet nämlich, das die Genossenschaftsbanken wirtschaftlich schwache Kunden nicht so leicht geneigt sind, auszubeuten. Das hat viel mit der Herkunft der Genossenschaftsbanken zu tun. Und es schafft zweitens den Anreiz, keine hohen Risiken einzugehen und dadurch sind Genossenschaftsbanken sehr stabile Institutionen. Und das gibt den Genossenschaftsbanken eine ziemlich gute gefestigte Marktstellung."

    Schmidts Prognose: Vor dem Hintergrund ihres Geschäftsmodells und im Hinblick auf die Unwägbarkeiten an den Finanzmärkten und den großen Verlusten der Aktienbanken werden Genossenschaftsbanken eine neue Renaissance erleben. Gleichwohl wich der Vorstand der APO-Bank zwischen 2006 und 2008 von dem konservativen Anlagemodell ab, investierte unter anderem in sogenannte strukturierte Finanzprodukte und war, resümiert Schmidt, die einzige genossenschaftlich organisierte Bank in Deutschland, die sich verspekuliert hatte. Der Vorstand wurde ausgetauscht, gegen fünf Vorstandsmitglieder hat der Aufsichtsrat juristische Schritte eingeleitet. Gegen den ehemaligen Risikovorstand Günther Herion wurde mittlerweile eine Schadenersatzklage eingereicht. Die in einen Spezialfonds ausgelagerten schädlichen Finanzprodukte in Höhe von 3,2 Milliarden Euro konnten, so die Bank im vergangenen Jahr weiter reduziert werden. Im Juni 2011 lagen die Eigenmittel- beziehungsweise Kernkapitalquote bei 13,6 beziehungsweise 8,5 Prozent. Die neuen Quoten zum abgelaufenen Geschäftsjahr 2011 will die Bank mit der Vorlage der Geschäftszahlen im April 2012 veröffentlichen. Das einzige noch verbliebene Vorstandsmitglied im Zuge der Spekulationsverluste ist Vorstandssprecher Herbert Pfennig.

    "Eine sehr groß geratene Genossenschaft muss trotz aller Komplexität, die zu bewältigen ist, auch aufsichtsrechtlich und gesetzlich gegeben, immer wieder in der Lage sein, sich auf seine Grundaufgabe, auf seinen satzungsgemäßen Auftrag zu besinnen. Wenn man dieser Regel treu bleibt, kann in der Regel wenig passieren."

    Schaut man sich die Bilanz der APO-Bank an, vergibt die Bank heute deutlich mehr Kredite an ihre Kunden als sie bilanzwirksame Einlagen hat. Die Bank will sich zukünftig noch mehr als Plattform für die Selbstfinanzierung der Heilberufer verstehen, die sich durch Kundeneinlagen refinanziert um sich so völlig unabhängig vom Kapitalmarkt zu machen. Auf die unterschiedlichen gelagerten Wünsche und Ansprüchen von angestellten und freiberuflichen Kunden will die APO-Bank daher noch stärker und gezielter eingehen, um ihre Position am Markt weiter zu festigen und auszubauen. Mit speziellen Produkten und auch mithilfe besonders geschulter Kundenbetreuer. Vorstandsmitglied Harald Felzen:
    "Also aus der Krise ist zu lernen, dass Banken sich immer auf ihr eigenes Geschäftsmodell konzentrieren sollen. Und nicht in Gefilde abschweifen sollten, die sie letztendlich nicht verstanden oder nicht durchdrungen haben. Insofern ist eine wichtige Erkenntnis, Schuster bleib bei Deinen Leisten und dann ist das auch für Banken eine langfristig gute Geschäftsstrategie."