Christine Heuer: Gute Nachrichten gibt es vom Anti-Piraten-Einsatz vor der somalischen Küste. In den letzten Monaten ist dort kein einziges Schiff entführt worden. Gute Nachrichten also mal zur Abwechslung. Die Sicherheitsvorkehrungen auf den Schiffen und der Atalanta-Einsatz scheinen sich zu bewähren. Die deutschen Reeder müssten rundum zufrieden sein. – Ralf Nagel ist am Telefon, er ist geschäftsführendes Präsidiumsmitglied beim Verband Deutscher Reeder. Guten Tag erst einmal, Herr Nagel.
Ralf Nagel: Guten Tag, Frau Heuer.
Heuer: Ist denn jetzt alles okay auf hoher See, vor der Küste Somalias?
Nagel: Zunächst ist es einmal deutlich besser geworden durch die Maßnahmen, die in Ihrem Beitrag ja eben beschrieben worden sind. Insbesondere auch die Selbstschutzmaßnahmen der Reeder - nicht nur der deutschen - zeigen Wirkung in Verbindung mit der militärischen Unterstützung. Aber wie auch deutlich geworden ist: die Piraten halten sich zurück. Das heißt, sobald der Druck nachlässt, werden sie wiederkommen. Deshalb darf man nicht nachlassen.
Heuer: Aber das hat ja auch keiner vor?
Nagel: Nein. – Ja man muss immer wieder werben, denn die Mandate, zum Beispiel das Atalanta-Mandat der EU muss ja regelmäßig jährlich verlängert werden, auch im Deutschen Bundestag, und insofern ist es wichtig, dass man immer wieder deutlich macht, das ist ein Erfolg, aber dieser Erfolg bleibt nur, wenn der Druck weiter aufrecht erhalten bleibt. Im übrigen, Frau Heuer, ist ja allen klar, dass die Wurzel des Piraterieproblems sich weder mit Selbstschutzmaßnahmen der Reederschaft, oder mit Militärschiffen, oder im Gerichtssaal lösen lässt, sondern nur durch eine gute Entwicklung dort in der Region, eine wirtschaftliche und soziale Entwicklung. Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg und die Bedrohung unserer Seeleute ist jeden Tag konkret.
Heuer: Haben denn die Besatzungen angesichts der Besserung trotzdem weniger Angst als früher?
Nagel: Na ja, es ist eine Maßnahme, die mit dazu beiträgt – und zwar erheblich -, dass der Erfolg der Piraten, also erfolgreiche Angriffe nachgelassen haben, nämlich die aktive Gegenwehr vom Schiff. Das heißt, der Einsatz von militärischen oder auch privaten bewaffneten Sicherheitskräften, die verhindern, dass Piraten überhaupt erst an Bord kommen, denn dann wird es ganz besonders schwierig. Und vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des Bundestages, jetzt auch für Schiffe unter deutscher Flagge eine rechtliche Grundlage zu schaffen, um private bewaffnete Kräfte einsetzen zu können, ein sehr wichtiger Schritt.
Heuer: Das stimmt. Ich hatte auch angenommen, dass Sie sich darüber freuen. Wann geht’s denn los mit diesem Einsatz privater Sicherheitskräfte auf Ihren Schiffen?
Nagel: Zunächst ist es jetzt die gesetzliche Grundlage. Was ganz wichtig ist: die dazugehörende Rechtsverordnung, die beschreibt, welches Verfahren die Sicherheitsunternehmen durchmachen müssen, also welche Qualifikation sie zeigen müssen, die liegt noch nicht vor und die muss vor allem die Zusage, die politische Zusage, die man uns gegeben hat, einlösen, nämlich dass das international vergleichbar und anschlussfähig sein muss. Also es darf nicht eine isolierte deutsche Lösung geben, die nicht in Übereinstimmung ist mit den Empfehlungen zum Beispiel unserer internationalen Maritime Organisation in Bezug auf Piraterie und den Einsatz privater Sicherheitskräfte.
Heuer: Das klingt jetzt in der Tat, Herr Nagel, sehr nach Verordnungen. Welche Qualitäten finden Sie denn ganz konkret notwendig?
Nagel: Na ja, man muss natürlich das Unternehmen sehen. Es sollte eine Unternehmenszulassung sein. Das heißt, das Unternehmen muss über entsprechende Versicherungen verfügen, muss über die finanzielle Leistungsfähigkeit verfügen und muss natürlich auch nachweisen, dass die Beschäftigten entsprechend geschult sind bei der angemessenen Reaktion auf Bedrohungen - also heißt: auch einen zurückhaltenden Einsatz von Schusswaffen und ähnliche Dinge. Also Fähigkeiten, die bei ausgebildeten Polizisten, oder bei ausgebildeten Soldaten ja vorhanden wären, die wir uns ja eigentlich wünschen, aber die kriegen wir ja nicht von der Bundesregierung.
Heuer: Ja da hat die Bundesregierung Bauchschmerzen.
Nagel: Ja da hat sie Bauchschmerzen, wobei es doch etwas komisch ist, dass deutsche Marinesoldaten auf Schiffen unter südkoreanischer Flagge schützen dürfen, sofern dieses Schiff im Rahmen des World Food Programms läuft, während auf einem Schiff unter deutscher Flagge, das nicht im Rahmen des World Food Programms fährt, dürfen deutsche Marinesoldaten nicht schützen. Also da gibt es noch Ungereimtheiten.
Aber sei es wie es immer sei: die Bundesregierung hat uns vor eineinhalb Jahren gesagt, sie sehe sich weder organisatorisch, finanziell noch sonst wie in der Lage, uns Polizisten oder Soldaten zu schicken, und hat deshalb das Angebot gemacht, wir machen eine rechtssichere Grundlage für den Einsatz privater bewaffneter Kräfte auf Schiffen unter deutscher Flagge.
Heuer: Sie sprechen das Stichwort Geld an. Finanzielle Voraussetzungen müssen geschaffen werden. Wer soll denn diesen Einsatz bezahlen?
Nagel: Na ja, die Piraterie kostet ohnehin Unmengen Geld, also über alles betrachtet etwa zwölf Milliarden Euro pro Jahr, und Schiffe, die in dieses Gefahrengebiet fahren, die sind ja versichert. Das heißt, die Versicherungsprämien steigen, beziehungsweise kann man durch bestimmte passive oder auch aktive Maßnahmen, heißt Einsatz privater bewaffneter Kräfte, natürlich Versicherungsprämien reduzieren.
Also am Ende kostet die Piraterie jedes Schiff, das da durchführt, ohnehin Geld, und im Mittelpunkt steht, dass wir unsere Seeleute schützen wollen, damit sie nicht in die Hände von Piraten fallen. Und wir sollten nicht vergessen, dass immer noch weit über 100 Geiseln Weihnachten in Gefangenschaft dort in Somalia verbringen müssen.
Heuer: Verstehe ich das richtig: Die privaten Sicherheitsleute würden die Reedereien selber bezahlen?
Nagel: Ja klar! Auch bei dem Thema hoheitliche Kräfte war es immer außer Frage, dass da die zusätzlichen Kosten natürlich getragen werden. Also es ging dabei nicht, wie manche unterstellen, darum, dass wir den Steuerzahler für die Sicherheit unserer Schiffe bezahlen lassen wollen. Worum es uns ging war, dass man mit Soldaten oder Polizisten natürlich auch die staatliche Hoheit und Autorität mit an Bord hat, und das bietet natürlich aus unserer Sicht einen noch höheren Schutz unter vielen Aspekten. Aber wie gesagt, da war die Ansage der Bundesregierung: Können wir nicht, wollen wir nicht, machen wir nicht.
Heuer: Und wenn die Polizisten doch an Bord kämen, dann würden Sie dafür auch eine Gegenleistung erbringen finanzieller Art?
Nagel: Ja zumindest die Kosten, die dieser zusätzliche Einsatz für die Polizisten verursachen würde, klar.
Heuer: Herr Nagel, wir führen ja dieses Gespräch heute, weil wir diese wirklich erfreulichen Nachrichten haben, dass es eben lange keine Entführungen gegeben hat. Nachdem die Situation sich so massiv verbessert hat, was konkret wird denn durch private Sicherheitsleute an Bord der Schiffe dann noch besser?
Nagel: Na ja, dass es besser geworden ist - das ist von dem NATO-Kommandeur wohl so nicht gesagt worden -, dass es besser geworden ist, hat auch damit zu tun, dass die Piraten wissen, dass auf den meisten Schiffen mittlerweile aktive Gegenwehr kommt, zusätzlich zu den Militärmaßnahmen und den passiven Maßnahmen. Das sind die drei Bausteine und alle Experten durch die Bank sagen, dass noch kein Schiff, von dem aktive Gegenwehr ausgegangen ist, wenn es von Piraten angegriffen worden ist, gekapert, also von Piraten übernommen werden konnte, und das hat sich als bisher wirksamste Maßnahme erwiesen. Aber ich betone gerne noch mal, das ist der Dreiklang: militärisch, passive Schutzmaßnahmen und aktive Schutzmaßnahmen der Reederschaft. Das bringt den Erfolg.
Heuer: Was genau sind die aktiven Schutzmaßnahmen der Reederschaft? Wie muss man sich das konkret an Bord eines solchen Fracht- oder Handelsschiffes vorstellen?
Nagel: Na ja, die aktivste Maßnahme ist, dass man mit bewaffneten privaten Kräften regelmäßig Ausschau hält. Und, wenn Piraten sich nähern, auch durch Warnschüsse und anderes zu erkennen gibt, wir werden uns wehren, wenn ihr näher kommt. Dazu kommen natürlich eine ganze Menge an auch aktiven Dingen, bestimmte Fahrmanöver, also dass man auch mit höchster Geschwindigkeit fährt, dass man, wenn man einen Piratenangriff zu befürchten hat, untechnisch gesprochen Kurven fährt, um möglichst hohe Wellen zu erzeugen mit den Schiffen.
Das können allerdings eben in erster Linie Schiffe, die hohe Geschwindigkeit auch fahren können. Besonders schwer wird es für die, zum Beispiel Schwergutschiffe, die einen niedrigen Freibord haben, also keine hohe Bordwand, und die 12, 13 oder 14 Knoten nur fahren können, oder 16, und dann sind die Piraten natürlich schneller ran als bei einem großen Containerschiff, das 24 Knoten schafft und auch eine entsprechend hohe Bordwand hat und entsprechend hohe Wellen machen kann durch bestimmte Fahrmanöver. Um nur ein Beispiel zu nennen: Es gibt eine ganze Facette, Stacheldraht, der sichere Raum, der bei Ihnen im Beitrag auch angesprochen worden ist, also unheimlich viele Maßnahmen, die alle dazu beigetragen haben, die Piraterie zurückzudrängen, die erfolgreichen Angriffe zurückzudrängen. Aber wir dürfen mit den Anstrengungen keiner der Beteiligten nachlassen, sonst kommt das sofort wieder wie die Pest.
Heuer: Ralf Nagel, das geschäftsführende Präsidiumsmitglied beim Verband Deutscher Reeder. Herr Nagel, ich danke Ihnen sehr für das Gespräch. Das war interessant.
Nagel: Sehr gerne! Danke für Ihr Interesse.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Ralf Nagel: Guten Tag, Frau Heuer.
Heuer: Ist denn jetzt alles okay auf hoher See, vor der Küste Somalias?
Nagel: Zunächst ist es einmal deutlich besser geworden durch die Maßnahmen, die in Ihrem Beitrag ja eben beschrieben worden sind. Insbesondere auch die Selbstschutzmaßnahmen der Reeder - nicht nur der deutschen - zeigen Wirkung in Verbindung mit der militärischen Unterstützung. Aber wie auch deutlich geworden ist: die Piraten halten sich zurück. Das heißt, sobald der Druck nachlässt, werden sie wiederkommen. Deshalb darf man nicht nachlassen.
Heuer: Aber das hat ja auch keiner vor?
Nagel: Nein. – Ja man muss immer wieder werben, denn die Mandate, zum Beispiel das Atalanta-Mandat der EU muss ja regelmäßig jährlich verlängert werden, auch im Deutschen Bundestag, und insofern ist es wichtig, dass man immer wieder deutlich macht, das ist ein Erfolg, aber dieser Erfolg bleibt nur, wenn der Druck weiter aufrecht erhalten bleibt. Im übrigen, Frau Heuer, ist ja allen klar, dass die Wurzel des Piraterieproblems sich weder mit Selbstschutzmaßnahmen der Reederschaft, oder mit Militärschiffen, oder im Gerichtssaal lösen lässt, sondern nur durch eine gute Entwicklung dort in der Region, eine wirtschaftliche und soziale Entwicklung. Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg und die Bedrohung unserer Seeleute ist jeden Tag konkret.
Heuer: Haben denn die Besatzungen angesichts der Besserung trotzdem weniger Angst als früher?
Nagel: Na ja, es ist eine Maßnahme, die mit dazu beiträgt – und zwar erheblich -, dass der Erfolg der Piraten, also erfolgreiche Angriffe nachgelassen haben, nämlich die aktive Gegenwehr vom Schiff. Das heißt, der Einsatz von militärischen oder auch privaten bewaffneten Sicherheitskräften, die verhindern, dass Piraten überhaupt erst an Bord kommen, denn dann wird es ganz besonders schwierig. Und vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des Bundestages, jetzt auch für Schiffe unter deutscher Flagge eine rechtliche Grundlage zu schaffen, um private bewaffnete Kräfte einsetzen zu können, ein sehr wichtiger Schritt.
Heuer: Das stimmt. Ich hatte auch angenommen, dass Sie sich darüber freuen. Wann geht’s denn los mit diesem Einsatz privater Sicherheitskräfte auf Ihren Schiffen?
Nagel: Zunächst ist es jetzt die gesetzliche Grundlage. Was ganz wichtig ist: die dazugehörende Rechtsverordnung, die beschreibt, welches Verfahren die Sicherheitsunternehmen durchmachen müssen, also welche Qualifikation sie zeigen müssen, die liegt noch nicht vor und die muss vor allem die Zusage, die politische Zusage, die man uns gegeben hat, einlösen, nämlich dass das international vergleichbar und anschlussfähig sein muss. Also es darf nicht eine isolierte deutsche Lösung geben, die nicht in Übereinstimmung ist mit den Empfehlungen zum Beispiel unserer internationalen Maritime Organisation in Bezug auf Piraterie und den Einsatz privater Sicherheitskräfte.
Heuer: Das klingt jetzt in der Tat, Herr Nagel, sehr nach Verordnungen. Welche Qualitäten finden Sie denn ganz konkret notwendig?
Nagel: Na ja, man muss natürlich das Unternehmen sehen. Es sollte eine Unternehmenszulassung sein. Das heißt, das Unternehmen muss über entsprechende Versicherungen verfügen, muss über die finanzielle Leistungsfähigkeit verfügen und muss natürlich auch nachweisen, dass die Beschäftigten entsprechend geschult sind bei der angemessenen Reaktion auf Bedrohungen - also heißt: auch einen zurückhaltenden Einsatz von Schusswaffen und ähnliche Dinge. Also Fähigkeiten, die bei ausgebildeten Polizisten, oder bei ausgebildeten Soldaten ja vorhanden wären, die wir uns ja eigentlich wünschen, aber die kriegen wir ja nicht von der Bundesregierung.
Heuer: Ja da hat die Bundesregierung Bauchschmerzen.
Nagel: Ja da hat sie Bauchschmerzen, wobei es doch etwas komisch ist, dass deutsche Marinesoldaten auf Schiffen unter südkoreanischer Flagge schützen dürfen, sofern dieses Schiff im Rahmen des World Food Programms läuft, während auf einem Schiff unter deutscher Flagge, das nicht im Rahmen des World Food Programms fährt, dürfen deutsche Marinesoldaten nicht schützen. Also da gibt es noch Ungereimtheiten.
Aber sei es wie es immer sei: die Bundesregierung hat uns vor eineinhalb Jahren gesagt, sie sehe sich weder organisatorisch, finanziell noch sonst wie in der Lage, uns Polizisten oder Soldaten zu schicken, und hat deshalb das Angebot gemacht, wir machen eine rechtssichere Grundlage für den Einsatz privater bewaffneter Kräfte auf Schiffen unter deutscher Flagge.
Heuer: Sie sprechen das Stichwort Geld an. Finanzielle Voraussetzungen müssen geschaffen werden. Wer soll denn diesen Einsatz bezahlen?
Nagel: Na ja, die Piraterie kostet ohnehin Unmengen Geld, also über alles betrachtet etwa zwölf Milliarden Euro pro Jahr, und Schiffe, die in dieses Gefahrengebiet fahren, die sind ja versichert. Das heißt, die Versicherungsprämien steigen, beziehungsweise kann man durch bestimmte passive oder auch aktive Maßnahmen, heißt Einsatz privater bewaffneter Kräfte, natürlich Versicherungsprämien reduzieren.
Also am Ende kostet die Piraterie jedes Schiff, das da durchführt, ohnehin Geld, und im Mittelpunkt steht, dass wir unsere Seeleute schützen wollen, damit sie nicht in die Hände von Piraten fallen. Und wir sollten nicht vergessen, dass immer noch weit über 100 Geiseln Weihnachten in Gefangenschaft dort in Somalia verbringen müssen.
Heuer: Verstehe ich das richtig: Die privaten Sicherheitsleute würden die Reedereien selber bezahlen?
Nagel: Ja klar! Auch bei dem Thema hoheitliche Kräfte war es immer außer Frage, dass da die zusätzlichen Kosten natürlich getragen werden. Also es ging dabei nicht, wie manche unterstellen, darum, dass wir den Steuerzahler für die Sicherheit unserer Schiffe bezahlen lassen wollen. Worum es uns ging war, dass man mit Soldaten oder Polizisten natürlich auch die staatliche Hoheit und Autorität mit an Bord hat, und das bietet natürlich aus unserer Sicht einen noch höheren Schutz unter vielen Aspekten. Aber wie gesagt, da war die Ansage der Bundesregierung: Können wir nicht, wollen wir nicht, machen wir nicht.
Heuer: Und wenn die Polizisten doch an Bord kämen, dann würden Sie dafür auch eine Gegenleistung erbringen finanzieller Art?
Nagel: Ja zumindest die Kosten, die dieser zusätzliche Einsatz für die Polizisten verursachen würde, klar.
Heuer: Herr Nagel, wir führen ja dieses Gespräch heute, weil wir diese wirklich erfreulichen Nachrichten haben, dass es eben lange keine Entführungen gegeben hat. Nachdem die Situation sich so massiv verbessert hat, was konkret wird denn durch private Sicherheitsleute an Bord der Schiffe dann noch besser?
Nagel: Na ja, dass es besser geworden ist - das ist von dem NATO-Kommandeur wohl so nicht gesagt worden -, dass es besser geworden ist, hat auch damit zu tun, dass die Piraten wissen, dass auf den meisten Schiffen mittlerweile aktive Gegenwehr kommt, zusätzlich zu den Militärmaßnahmen und den passiven Maßnahmen. Das sind die drei Bausteine und alle Experten durch die Bank sagen, dass noch kein Schiff, von dem aktive Gegenwehr ausgegangen ist, wenn es von Piraten angegriffen worden ist, gekapert, also von Piraten übernommen werden konnte, und das hat sich als bisher wirksamste Maßnahme erwiesen. Aber ich betone gerne noch mal, das ist der Dreiklang: militärisch, passive Schutzmaßnahmen und aktive Schutzmaßnahmen der Reederschaft. Das bringt den Erfolg.
Heuer: Was genau sind die aktiven Schutzmaßnahmen der Reederschaft? Wie muss man sich das konkret an Bord eines solchen Fracht- oder Handelsschiffes vorstellen?
Nagel: Na ja, die aktivste Maßnahme ist, dass man mit bewaffneten privaten Kräften regelmäßig Ausschau hält. Und, wenn Piraten sich nähern, auch durch Warnschüsse und anderes zu erkennen gibt, wir werden uns wehren, wenn ihr näher kommt. Dazu kommen natürlich eine ganze Menge an auch aktiven Dingen, bestimmte Fahrmanöver, also dass man auch mit höchster Geschwindigkeit fährt, dass man, wenn man einen Piratenangriff zu befürchten hat, untechnisch gesprochen Kurven fährt, um möglichst hohe Wellen zu erzeugen mit den Schiffen.
Das können allerdings eben in erster Linie Schiffe, die hohe Geschwindigkeit auch fahren können. Besonders schwer wird es für die, zum Beispiel Schwergutschiffe, die einen niedrigen Freibord haben, also keine hohe Bordwand, und die 12, 13 oder 14 Knoten nur fahren können, oder 16, und dann sind die Piraten natürlich schneller ran als bei einem großen Containerschiff, das 24 Knoten schafft und auch eine entsprechend hohe Bordwand hat und entsprechend hohe Wellen machen kann durch bestimmte Fahrmanöver. Um nur ein Beispiel zu nennen: Es gibt eine ganze Facette, Stacheldraht, der sichere Raum, der bei Ihnen im Beitrag auch angesprochen worden ist, also unheimlich viele Maßnahmen, die alle dazu beigetragen haben, die Piraterie zurückzudrängen, die erfolgreichen Angriffe zurückzudrängen. Aber wir dürfen mit den Anstrengungen keiner der Beteiligten nachlassen, sonst kommt das sofort wieder wie die Pest.
Heuer: Ralf Nagel, das geschäftsführende Präsidiumsmitglied beim Verband Deutscher Reeder. Herr Nagel, ich danke Ihnen sehr für das Gespräch. Das war interessant.
Nagel: Sehr gerne! Danke für Ihr Interesse.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.