Archiv


Die Computerautos kommen

Ein sprechendes Auto? In den 1980er-Jahren war das noch die kühne Vision einer TV-Serie. Heute ist diese Vision Realität: Auto und Computer wachsen immer näher zusammen.

Von Thomas Wagner | 07.03.2012
    Ständig dieses Gehupe im Parkhaus - ganz schön nervig - aber auch: Ganz schön nützlich.

    "Da könnte gerade passieren, dass ich mein Auto in einem sehr großen Parkhaus nicht mehr finde. Oder ich war gerade beim Einkaufen und hab' vergessen, wo ich's abgestellt. Da nutze ich einfach die MyBMW-Remote-App auf meinem Handy und schicke den Befehl 'Bitte hupen!' an mein Fahrzeug, um mein Fahrzeug wieder lokalisieren zu können."

    Erklärt Roland Wagner, bei BMW für den Fachbereich "Connected Drive" zuständig. Das Beispiel zeigt: Smartphone und Auto sind gute Freunde geworden. Wer über ein entsprechendes Programm verfügt, kann über sein Smartphone ein verloren geglaubtes Fahrzeug zum Hupen bringen - oder, um ein anderes Beispiel zu nennen, vom Skilift aus noch vor der letzten Abfahrt die Standheizung einschalten.

    "Öffentlicher Dienst: Warnstreiks heute in Norddeutschland. Eine Woche lang."

    Während der Fahrt ist das Smartphone mit dem Auto verbunden. Und damit wird das Auto zu einem Flitzer mit Köpfchen: Der Fahrer hat Zugriff auf verschiedene Nachrichten-Portale und lässt sich die Texte, ohne auch nur einen einzigen Moment den Blick von der Fahrbahn abzuwenden, vom integrierten Sprachcomputer vorlesen. Und wenn's trotz aller Sicherheitsvorkehrungen mal gekracht hat? Dann wird der automatische Notruf ausgelöst:

    "In dem Moment, wo ich selbst antworten kann, spreche ich mit dem Callcenter-Mitarbeiter, erläutere die Situation. Wenn ich nicht mehr sprechen kann, wenn ich ohnmächtig geworden bin, weil der Unfall doch schwerer war, dann können die sofort reagieren, weil die GPS-Position, also der Standort des Fahrzeuges übermittelt wird und mittlerweile Daten aus dem Fahrzeug, also wie viele Insassen sitzen in dem Fahrzeug, wie hoch ist das Verletzungsrisiko? Das alles können wir mit einem Algorithmus ausrechnen und den Callcenter-Agenten direkt anzeigen, so dass der entscheidet: Ich muss da sofort einen Notarzt hinschicken."

    "Piep, piep. Sie haben einen Notruf abgesetzt. Was ist passiert bitte? - Zum Glück in diesem Fall gar nichts, weil wir das als Demonstration gerade vorführen. - Also ich sehe hier. Im Moment sind sie gerade direkt auf der Messe in Genf."

    Automatisch erkennt das Callcenter die Position des verunglückten Fahrzeuges -und, über die Sensoren, die Schwere der Beschädigungen. Die Liste der Möglichkeiten, die aus der Verbindung zwischen Smartphone und Auto hervorgehen, wird täglich länger: Da lässt sich über eine entsprechende App der nächste freie Parkplatz finden, da werden Darstellungen von Google Earth auf einen Bildschirm projiziert, da meldet das Handy den nächsten Stau. Eine weitere Anwendung: Während der Fahrt kann man soziale Netzwerke wie Facebook aktiv nutzen. Dabei ist das Smartphone mit dem Navigationscomputer des Autos verbunden, kennt die jeweilige Position und das eingegebene Fahrziel. Ralf Lamberti, Entwickler in der Abteilung "Informatik und Infotainment" beim Autohersteller Daimler:

    "Ich kann dann während der Fahrt vordefinierte Fahrt durch Facebook posten. Diese Nachricht kann ich durch einen Knopfdruck in Facebook abschicken. Wenn ich gerade unterwegs bin zu Bekannten und ich habe als Ziel Freiburg eingegeben und das Navigationssystem weiß: Ich werde ungefähr dort sein. Dann kann ich auf Knopfdruck sagen: Ich bin in einer Stunde da. Und die Community oder die Leute, die ich als Freunde habe auf Facebook, die wissen, wo ich bin - und wann ich ankomme."

    Doch die neue Liebesbeziehung zwischen Smartphone und Auto ist nicht frei von Kritik: Je mehr Elektronik, desto höher der Strom- und Energiebedarf im Fahrzeug. Außerdem, sagen die Kritiker, gingen die zahlreichen Spielmöglichkeiten für Fahrer auf Kosten der Aufmerksamkeit. Die Autoindustrie kennt diese Kritik. Und bemüht sich daher um eine Technik, die den Fahrer möglichst wenig ablenkt. Beispiel: Das Touch-Pad fürs Auto. Elektronik-Entwickler Ricki Hudi von Audi:

    "Sie können wirklich Buchstaben, Ziffern auf das Pad schreiben, auch klein, nur schwer leserlich. Es erkennt fast jedes Gekritzele. Sie können ihren Blick komplett auf der Straße behalten und so Telefonnummern eingeben oder auch ein Navigationsziel."

    Simulations- und Praxistests hätten eine hohe Fahrsicherheit ergeben:

    "Das Touch-Pad hat mit Abstand die geringste Blickabwendung von der Fahrbahn verursacht."

    Der Autobauer Daimler geht einen anderen Weg - und zeigt in Genf gleich das sprechende Auto. Der Sprachcomputer analysiert die Fragen des Fahrers, nutzt gezielt verschiedene Programme; ein richtiger Dialog kommt zustande. Einziger Wermutstropfen: Das Auto aus schwäbischer Produktion kann vorerst nur Englisch:

    "How is the weather in Geneva Swisserland? It doesn't look so nice today till Sunday. Do You have any appintments today? You don't have any dates in your calandary."