Das Erdbeben von Chile war mit der Stärke 8,8 das fünftstärkste, das seit Beginn der seismischen Aufzeichnungen im Jahr 1900 gemessen worden ist. Das Epizentrum lag im Meer, so dass es einen Tsunami auslöste, der vor allem die erschütterte Region selbst traf. Chile ist Erdbebenland, weil vor der Küste die ozeanische Nazca-Platte unter die Südamerikanische Kontinentalplatte ins Erdinnere sinkt:
"Das Beben ereignete sich entlang dieser wohlbekannten Subduktionszone in einem Gebiet, das wir als "seismische Lücke" bezeichnen: Das heißt, in einer rund 200 Kilometer langen Zone, die in etwa vor den Städten Concepción und Constitución liegt, hat es seit 1835 nicht mehr gebebt. Dieses Beben damals hatte Charles Darwin während seiner Reise mit der Beagle erlebt."
Deshalb erhielt diese "seismische Lücke" den Namen "Darwin-Lücke", erklärt Stefano Lorito vom italienischen Institut für Geophysik und Vulkanologie in Rom. Von dieser Zone abgesehen hat es seit damals in Mittelchile vier starke Beben gegeben. Das 1960er-Beben inbegriffen, das stärkste, das jemals gemessen worden ist:
"Wir haben deshalb an der "Darwin-Lücke" mit einem großen Erdbeben gerechnet, zumal sich die Nazca-Platte und die südamerikanische Kontinentalplatte dort regelrecht ineinander verhakt hatten. Seit 1835 hat sich dort in der Erdkruste gewaltiger Stress aufgebaut und am 27. Februar des vergangenen Jahres hat er sich dann gelöst."
Offen sei allerdings, ob das Beben den gesamten Stress abbauen konnte, meint Stefano Lorito. Er und seine Kollegen haben die Daten ausgewertet, die Radarsatelliten über den Bodenversatz durch das Beben lieferten. Außerdem bezogen sie die Messwerte mit ein, die Drucksensoren in der Tiefsee lieferten und Bojen, die Veränderungen im Meerespegel aufzeichnen. Ihr Ergebnis: Die "Darwin-Lücke" hat sich nicht ganz geschlossen:
"Anders als erwartet, riss bei dem Beben nicht die ganze seismische Lücke auf. Es traf stattdessen ihren nördlichen Teil und griff in das angrenzende Gebiet über. Dort hat es bereits 1928 ein Erdbeben gegeben, aber gerade in dieser Zone war der Versatz mit bis zu 20 Metern besondern groß. Seit 1928 dürften sich dort aber so große Spannungen überhaupt nicht aufgebaut haben. Unseren Berechnungen zufolge ist der größte Teil der Darwin-Lücke diesmal nicht gebrochen. Dort sind die Platten also immer noch stark ineinander verhakt, die Spannungen haben sich nicht abgebaut, so dass dort ein weiterer Bruch zu erwarten ist."
Stefano Loritos Untersuchung fügt sich in einen Strauß von Szenarien darüber ein, was bei dem 8,8er-Beben genau passiert ist. So geht eine andere Gruppe davon aus, dass die Erdkruste in der Darwin-Lücke nun entspannt ist und derzeit kein Bebenrisiko mehr besteht. Diesen Schluss möchten die Gruppe um den italienischen Geophysiker nicht mittragen:
"In der Darwin-Lücke gibt es das Potenzial für ein weiteres Beben mit einer Magnitude zwischen 7 und 8."
Durch das 2010er-Beben habe sich das Risiko sogar erhöht - und zwar sowohl in der Darwin-Lücke als auch in einem anderen Bereich nördlich der jetzt gebrochenen Zone. Den haben übrigens auch andere Gruppen ins Visier genommen. Während diese Unterschiede in der Beurteilung darauf zurückzuführen sind, dass die Seismologen verschiedene Datensätze und Analysemethoden benutzen, könnte eine andere Schlussfolgerung Loritos eine wissenschaftliche Debatte auslösen:
"Unsere Analyse zeigt, dass wir aufgrund der Zeit, die seit dem letzten Beben vergangen ist, der Bewegungen der Platten gegeneinander und ob sie ineinander verhakt sind, nicht das nächste Beben vorhersagen können."
Derzeit schätzen Geophysiker jedoch das Risiko für "seismische Lücken" wie die vor Istanbul, Sumatra oder Südkalifornien ab, in dem sie den Stress betrachten, der sich seit dem jüngsten Beben dort aufgebaut hat. Genau das wäre nach Lorito nicht ausreichend.
"Das Beben ereignete sich entlang dieser wohlbekannten Subduktionszone in einem Gebiet, das wir als "seismische Lücke" bezeichnen: Das heißt, in einer rund 200 Kilometer langen Zone, die in etwa vor den Städten Concepción und Constitución liegt, hat es seit 1835 nicht mehr gebebt. Dieses Beben damals hatte Charles Darwin während seiner Reise mit der Beagle erlebt."
Deshalb erhielt diese "seismische Lücke" den Namen "Darwin-Lücke", erklärt Stefano Lorito vom italienischen Institut für Geophysik und Vulkanologie in Rom. Von dieser Zone abgesehen hat es seit damals in Mittelchile vier starke Beben gegeben. Das 1960er-Beben inbegriffen, das stärkste, das jemals gemessen worden ist:
"Wir haben deshalb an der "Darwin-Lücke" mit einem großen Erdbeben gerechnet, zumal sich die Nazca-Platte und die südamerikanische Kontinentalplatte dort regelrecht ineinander verhakt hatten. Seit 1835 hat sich dort in der Erdkruste gewaltiger Stress aufgebaut und am 27. Februar des vergangenen Jahres hat er sich dann gelöst."
Offen sei allerdings, ob das Beben den gesamten Stress abbauen konnte, meint Stefano Lorito. Er und seine Kollegen haben die Daten ausgewertet, die Radarsatelliten über den Bodenversatz durch das Beben lieferten. Außerdem bezogen sie die Messwerte mit ein, die Drucksensoren in der Tiefsee lieferten und Bojen, die Veränderungen im Meerespegel aufzeichnen. Ihr Ergebnis: Die "Darwin-Lücke" hat sich nicht ganz geschlossen:
"Anders als erwartet, riss bei dem Beben nicht die ganze seismische Lücke auf. Es traf stattdessen ihren nördlichen Teil und griff in das angrenzende Gebiet über. Dort hat es bereits 1928 ein Erdbeben gegeben, aber gerade in dieser Zone war der Versatz mit bis zu 20 Metern besondern groß. Seit 1928 dürften sich dort aber so große Spannungen überhaupt nicht aufgebaut haben. Unseren Berechnungen zufolge ist der größte Teil der Darwin-Lücke diesmal nicht gebrochen. Dort sind die Platten also immer noch stark ineinander verhakt, die Spannungen haben sich nicht abgebaut, so dass dort ein weiterer Bruch zu erwarten ist."
Stefano Loritos Untersuchung fügt sich in einen Strauß von Szenarien darüber ein, was bei dem 8,8er-Beben genau passiert ist. So geht eine andere Gruppe davon aus, dass die Erdkruste in der Darwin-Lücke nun entspannt ist und derzeit kein Bebenrisiko mehr besteht. Diesen Schluss möchten die Gruppe um den italienischen Geophysiker nicht mittragen:
"In der Darwin-Lücke gibt es das Potenzial für ein weiteres Beben mit einer Magnitude zwischen 7 und 8."
Durch das 2010er-Beben habe sich das Risiko sogar erhöht - und zwar sowohl in der Darwin-Lücke als auch in einem anderen Bereich nördlich der jetzt gebrochenen Zone. Den haben übrigens auch andere Gruppen ins Visier genommen. Während diese Unterschiede in der Beurteilung darauf zurückzuführen sind, dass die Seismologen verschiedene Datensätze und Analysemethoden benutzen, könnte eine andere Schlussfolgerung Loritos eine wissenschaftliche Debatte auslösen:
"Unsere Analyse zeigt, dass wir aufgrund der Zeit, die seit dem letzten Beben vergangen ist, der Bewegungen der Platten gegeneinander und ob sie ineinander verhakt sind, nicht das nächste Beben vorhersagen können."
Derzeit schätzen Geophysiker jedoch das Risiko für "seismische Lücken" wie die vor Istanbul, Sumatra oder Südkalifornien ab, in dem sie den Stress betrachten, der sich seit dem jüngsten Beben dort aufgebaut hat. Genau das wäre nach Lorito nicht ausreichend.