Monika Seynsche: Die Vogelgrippe ist ohne Zweifel eine sehr gefährliche Krankheit. Aber bislang ist sie, wenn überhaupt, nur in Einzelfällen von Mensch zu Mensch gesprungen. In den vergangenen Monaten aber haben zwei Forscherteams das H5N1-Virus so verändert, dass es leicht von Frettchen zu Frettchen und damit wahrscheinlich auch leicht von Mensch zu Mensch übertragen werden kann. Seitdem wird darüber gestritten, ob diese Studien veröffentlicht werden sollen. Die Grippeforscher sind dafür, da sie die Details für ihre Arbeit brauchen. Das US-amerikanische Gremium für Biosicherheit, NSABB, war dagegen. Die Studie dürfe höchstens stark gekürzt veröffentlicht werden - sonst sei die Gefahr zu groß, dass Terroristen dieses neue Vogelgrippe-Virus nachbauen und damit Anschläge verüben könnten. Jetzt aber hat das Gremium seine Entscheidung revidiert und schlägt vor, beide Studien vollständig drucken zu lassen. Meine Kollegin Marieke Degen hat die ganze Diskussion für uns verfolgt. Frau Degen, besonders eine der beiden Studien, von Ron Fouchier aus Rotterdam, hat ja für reichlich Wirbel gesorgt. Warum jetzt plötzlich dieser Sinneswandel beim Bio-Sicherheitsexperten aus den USA?
Marieke Degen: Der Grund dafür ist, dass Ron Fouchier seine Studie nochmal überarbeitet hat. Und das NSABB sagt, diese Version kann jetzt im Fachmagazin "Science" so veröffentlicht werden. Wobei die Entscheidung aber auch nicht einstimmig gefallen ist. Es gibt immer noch NSABB-Mitglieder, die es für keine gute Idee halten.
Seynsche: Wie hat der Forscher denn seine Arbeit überarbeitet?
Degen: Die Studie ist ja noch nicht veröffentlicht. Deshalb kann Ron Fouchier da auch noch nicht so sehr ins Detail gehen. Was er gestern auf einer Pressekonferenz in London gesagt hat ist, dass die Studie insgesamt ausführlicher geworden ist. Das heißt, die Daten sind dieselben wie vorher. Er beschreibt also genau wie in der ersten Version, wie er die Viren verändert hat. Jetzt, in der neuen Version, beschreibt er aber auch, warum seine Ergebnisse für die Grippeforschung so wichtig sind. Und er stellt auch klar, dass sein Virus längst nicht so gefährlich ist, wie viele angenommen haben.
Seynsche: Aber es hieß doch immer, dass dieses Virus so gefährlich sei, dass diese Frettchen reihenweise gestorben sind.
Degen: Das stimmt aber so nicht. In der ersten Version ist er auf diesen Punkt auch gar nicht eingegangen. Er hat nur beschrieben, dass sich Frettchen gegenseitig über Tröpfchen anstecken können, aber nicht, welche Folgen das für die Frettchen hatte. In der neuen Version steht wohl relativ deutlich: Die Frettchen stecken sich an, aber sie sterben nicht. Sie sterben nur, wenn man ihnen riesige Mengen dieses Virus direkt in die Lunge gibt - und das ist ja kein natürlicher Infektionsweg. Den Punkt hat Ron Fouchier also ziemlich deutlich gemacht und ich denke, damit hat er auch den Druck aus dieser ganzen Debatte genommen.
Seynsche: Und wieso sind seine Ergebnisse so wichtig für die Grippeforschung?
Degen: Die Forscher haben ja herausgefunden, wie sich das Virus verändern muss, damit es von Frettchen zu Frettchen springt und damit wahrscheinlich auch von Mensch zu Mensch. Und wenn man diese Mutationen kennt, kann man zum Beispiel die Vogelgrippe-Viren in der Natur besser überwachen. Und man kann vielleicht auch bessere Grippe-Medikamente entwickeln oder auch bessere Impfstoffe.
Seynsche: Naja, aber diese Argumente sind ja nicht neu. Das genau haben die Grippeforscher ja von Anfang an gesagt.
Degen: Ja, und das NSABB hat immer dagegen gehalten und gesagt, das Risiko, dass Terroristen das Virus nachbauen oder dass das Virus aus einem Labor entwischt, ist uns trotzdem noch zu hoch. Jetzt, nach dieser monatelangen Debatte, haben sie Nutzen und Risiken neu bewertet und sind zu dem Schluss gekommen, dass der Nutzen überwiegt und dass die Gefahr eines Missbrauchs doch wohl relativ gering ist. Außerdem hat die US-amerikanische Regierung jetzt wohl einen Plan, wie sie mit solchen kritischen Forschungsprojekten in Zukunft umgehen soll, wie sie die besser überwachen kann. Und das alles zusammen hat das NSABB, beziehungsweise die Mehrheit im NSBB überzeugt.
Seynsche: Und wie sollen solche kritischen Forschungsprojekte in den USA in Zukunft überwacht werden?
Degen: Im Fall Fouchier war es ja so: Die Studie wurde öffentlich finanziert - von den National Institutes of Health. Plötzlich waren die Ergebnisse da. Alle hatten irgendwie ein mulmiges Gefühl und keiner wusste so genau, wie man jetzt mit den Ergebnissen umgehen soll. In Zukunft will man solche Studien von Anfang an überwachen. Also wenn jemand mit gefährlichen Viren arbeiten will und einen Antrag stellt, dann wird genau geschaut: Könnten die Ergebnisse möglicherweise missbraucht werden? Und in dem Fall könnte sich dann zum Beispiel die Zielsetzung des Projekts ändern. Das ist der Plan. Aber wie genau das im Einzelnen umgesetzt werden soll, weiß natürlich noch keiner.
Seynsche: Und wie geht es jetzt erstmal mit den beiden veränderten H5N1-Viren weiter? Die Arbeiten ruhen ja im Moment.
Degen: Das Moratorium, dass sich die Forscher ja selbst auferlegt haben, ist Ende März schon abgelaufen. Ron Fouchier will auch sobald wie möglich weiter arbeiten. Sein Labor in Rotterdam hat die Sicherheitsstufe drei. Das ist nur die zweithöchste Sicherheitsstufe - das wurde von einigen kritisiert. Aber die niederländischen Behörden haben jetzt nochmal grünes Licht gegeben und gesagt, dass das völlig in Ordnung ist, dass das völlig ausreicht für diese H5N1-Viren.
Seynsche: Vielen Dank an Marieke Degen, Wissenschaftsjournalistin aus Berlin, über das amerikanische Biosicherheitsgremium NSABB, das der Veröffentlichung der H5N1-Studien zustimmt.
Marieke Degen: Der Grund dafür ist, dass Ron Fouchier seine Studie nochmal überarbeitet hat. Und das NSABB sagt, diese Version kann jetzt im Fachmagazin "Science" so veröffentlicht werden. Wobei die Entscheidung aber auch nicht einstimmig gefallen ist. Es gibt immer noch NSABB-Mitglieder, die es für keine gute Idee halten.
Seynsche: Wie hat der Forscher denn seine Arbeit überarbeitet?
Degen: Die Studie ist ja noch nicht veröffentlicht. Deshalb kann Ron Fouchier da auch noch nicht so sehr ins Detail gehen. Was er gestern auf einer Pressekonferenz in London gesagt hat ist, dass die Studie insgesamt ausführlicher geworden ist. Das heißt, die Daten sind dieselben wie vorher. Er beschreibt also genau wie in der ersten Version, wie er die Viren verändert hat. Jetzt, in der neuen Version, beschreibt er aber auch, warum seine Ergebnisse für die Grippeforschung so wichtig sind. Und er stellt auch klar, dass sein Virus längst nicht so gefährlich ist, wie viele angenommen haben.
Seynsche: Aber es hieß doch immer, dass dieses Virus so gefährlich sei, dass diese Frettchen reihenweise gestorben sind.
Degen: Das stimmt aber so nicht. In der ersten Version ist er auf diesen Punkt auch gar nicht eingegangen. Er hat nur beschrieben, dass sich Frettchen gegenseitig über Tröpfchen anstecken können, aber nicht, welche Folgen das für die Frettchen hatte. In der neuen Version steht wohl relativ deutlich: Die Frettchen stecken sich an, aber sie sterben nicht. Sie sterben nur, wenn man ihnen riesige Mengen dieses Virus direkt in die Lunge gibt - und das ist ja kein natürlicher Infektionsweg. Den Punkt hat Ron Fouchier also ziemlich deutlich gemacht und ich denke, damit hat er auch den Druck aus dieser ganzen Debatte genommen.
Seynsche: Und wieso sind seine Ergebnisse so wichtig für die Grippeforschung?
Degen: Die Forscher haben ja herausgefunden, wie sich das Virus verändern muss, damit es von Frettchen zu Frettchen springt und damit wahrscheinlich auch von Mensch zu Mensch. Und wenn man diese Mutationen kennt, kann man zum Beispiel die Vogelgrippe-Viren in der Natur besser überwachen. Und man kann vielleicht auch bessere Grippe-Medikamente entwickeln oder auch bessere Impfstoffe.
Seynsche: Naja, aber diese Argumente sind ja nicht neu. Das genau haben die Grippeforscher ja von Anfang an gesagt.
Degen: Ja, und das NSABB hat immer dagegen gehalten und gesagt, das Risiko, dass Terroristen das Virus nachbauen oder dass das Virus aus einem Labor entwischt, ist uns trotzdem noch zu hoch. Jetzt, nach dieser monatelangen Debatte, haben sie Nutzen und Risiken neu bewertet und sind zu dem Schluss gekommen, dass der Nutzen überwiegt und dass die Gefahr eines Missbrauchs doch wohl relativ gering ist. Außerdem hat die US-amerikanische Regierung jetzt wohl einen Plan, wie sie mit solchen kritischen Forschungsprojekten in Zukunft umgehen soll, wie sie die besser überwachen kann. Und das alles zusammen hat das NSABB, beziehungsweise die Mehrheit im NSBB überzeugt.
Seynsche: Und wie sollen solche kritischen Forschungsprojekte in den USA in Zukunft überwacht werden?
Degen: Im Fall Fouchier war es ja so: Die Studie wurde öffentlich finanziert - von den National Institutes of Health. Plötzlich waren die Ergebnisse da. Alle hatten irgendwie ein mulmiges Gefühl und keiner wusste so genau, wie man jetzt mit den Ergebnissen umgehen soll. In Zukunft will man solche Studien von Anfang an überwachen. Also wenn jemand mit gefährlichen Viren arbeiten will und einen Antrag stellt, dann wird genau geschaut: Könnten die Ergebnisse möglicherweise missbraucht werden? Und in dem Fall könnte sich dann zum Beispiel die Zielsetzung des Projekts ändern. Das ist der Plan. Aber wie genau das im Einzelnen umgesetzt werden soll, weiß natürlich noch keiner.
Seynsche: Und wie geht es jetzt erstmal mit den beiden veränderten H5N1-Viren weiter? Die Arbeiten ruhen ja im Moment.
Degen: Das Moratorium, dass sich die Forscher ja selbst auferlegt haben, ist Ende März schon abgelaufen. Ron Fouchier will auch sobald wie möglich weiter arbeiten. Sein Labor in Rotterdam hat die Sicherheitsstufe drei. Das ist nur die zweithöchste Sicherheitsstufe - das wurde von einigen kritisiert. Aber die niederländischen Behörden haben jetzt nochmal grünes Licht gegeben und gesagt, dass das völlig in Ordnung ist, dass das völlig ausreicht für diese H5N1-Viren.
Seynsche: Vielen Dank an Marieke Degen, Wissenschaftsjournalistin aus Berlin, über das amerikanische Biosicherheitsgremium NSABB, das der Veröffentlichung der H5N1-Studien zustimmt.