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"Die Energiepolitik wird am nächsten Sonntag entschieden"

Die entscheidenden Themen der Bundestagswahl sind die Energie- und Umweltpolitik, sagt Katrin Göring-Eckardt, Spitzenkandidatin für Bündnis 90/Die Grünen bei der Bundestagswahl. Eine Fortführung der schwarz-gelben Koalition bedeute eine Fortsetzung von Lobby-Politik.

Katrin Göring-Eckardt im Gespräch mit Bettina Klein |
    Katrin Göring-Eckardt, Spitzenkandidatin der Grünen
    Katrin Göring-Eckardt, Spitzenkandidatin der Grünen (picture alliance / dpa / Maurizio Gambarini)
    Bettina Klein: Am Telefon begrüße ich Katrin Göring-Eckardt, Spitzenkandidatin für den Bund für die Partei Bündnis 90/Die Grünen. Schönen guten Morgen.

    Katrin Göring-Eckardt: Ja schönen guten Morgen, Frau Klein!

    Klein: Frau Göring-Eckardt, Sie haben gestern in Bayern nicht Ihr Ziel erreicht. Das wäre ja ein zweistelliges Ergebnis gewesen. 8,5 Prozent - mit wie viel rechnen Sie am Sonntag?

    Göring-Eckardt: Ja zunächst mal muss man sagen, dass in der Tat wir uns mehr gewünscht hätten in Bayern. Und für den Sonntag, für die Bundestagswahl geht es ja tatsächlich um eine Alternative. Wir wissen, es wird sehr knapp werden, und deswegen rechnen wir uns natürlich aus, dass es ein besseres Ergebnis gibt, weil die Frage insbesondere der Energiepolitik, der Umweltpolitik wird am Sonntag entschieden: Geht es weiter nach vorn, oder machen wir ein Revival der Kohle- und der Atompolitik. Insofern ist das die klare Alternative, um die es geht und für die man Bündnis 90/Die Grünen am nächsten Sonntag starkmachen kann.

    Klein: Frau Göring-Eckardt, die Wahlforscher haben mit Blick auf gestern bereits etwas herausgefunden, nämlich dass die Mehrheit der Wähler die Steuerpolitik der Grünen als abschreckend empfindet und meint, Ihre Partei sei zu weit nach links gerückt. So diese Analyse. Denken Sie vor diesem Hintergrund noch einmal über Korrekturen nach?

    Göring-Eckardt: Zunächst einmal ist es offensichtlich nicht gelungen, deutlich zu machen, dass mit unserem Steuerkonzept tatsächlich 90 Prozent der Einkommenssteuerzahlerinnen und Einkommenssteuerzahler entlastet werden. Das ist, glaube ich, das entscheidende Manko. Wir haben es natürlich zu tun gehabt mit viel Gegenwind, gerade in dieser Frage, auch mit viel Gegenwind von bestimmten Lobbys. Das werden wir in dieser Woche noch mal sehr deutlich machen. Und klar ist auch, dass wir in unserem Steuerkonzept immer gesagt haben, wir schauen uns genau an, wie die Gesamtbelastung ist, weil man wird ja nicht alleine regieren, sondern mit anderen gemeinsam, und insofern geht es nicht darum, Leute zu schröpfen, sondern es geht im Gegenteil darum, für mehr Investitionen zu sorgen, und da geht es darum, kann man helfen, dass es allen besser geht, oder nur wenigen gut. Investitionen werden gebraucht, in den Kommunen insbesondere. Es werden Kita-Plätze gebraucht, es werden Investitionen in Bildung gebraucht. Darum gibt es auch gar keinen Streit. Deswegen werden wir noch mal sehr klar machen, 90 Prozent werden entlastet, und gleichzeitig, wir müssen für diese Investitionen sorgen.

    Klein: Wenn das stimmt, was die Wahlforscher herausgefunden haben, dann haben Wähler, die sich vielleicht gerade zum bürgerlichen Lager rechnen, Sie aber gerne gewählt hätten, mal nachgerechnet, was Ihre Steuerpolitik für sie persönlich bedeutet, und sind zu dem Schluss gekommen, das können wir uns nicht leisten, auch wenn das vielleicht insgesamt eine gute Sache ist. Haben die sich jetzt nur verrechnet, oder müssen Sie jetzt einfach davon ausgehen, dass Ihnen diese Wähler auch bei der Bundestagswahl am kommenden Sonntag abhanden kommen werden?

    Göring-Eckardt: Ja das ist genau der Punkt, um den es geht. Wir werden noch mal klar machen, erstens die große Entlastung, die wir vorsehen, und zweitens die Möglichkeiten, die dadurch entstehen, also dass man ordentliche Straßen braucht, dass man Kindertagesstätten-Plätze braucht, dass man gute Schulen braucht. Das gilt ja für alle und insofern haben auch die, die etwas mehr belastet werden - darum geht es ja auch nur -, etwas davon.

    Und das zweite ist - und das ist die große Zukunftsfrage, vor der wir stehen. Die Energiepolitik wird am nächsten Sonntag entschieden. Also die Frage heißt: Gehen wir zurück zu Kohle- und Atomstrom, gehen wir zurück dazu, dass wir mit schmutzigen Ressourcen Energien produzieren in Deutschland, oder schaffen wir es, nach vorne zu gehen zu den 100 Prozent Erneuerbaren. Das ist die eigentliche Zukunftsfrage, um die es geht. Übrigens brauchen wir auch dafür Investitionsmittel, damit wir nicht dazu kommen, dass der Strompreis in exorbitante Höhen steigt, wie das im Moment unter Schwarz-Gelb der Fall ist.

    Klein: Frau Göring-Eckardt, Sie haben jetzt Ihre Wahlziele noch mal dargelegt. Aber die Frage ist natürlich: Sie haben offenbar über Monate Wähler nicht in dem Maße davon überzeugen können, wie Sie sich das gewünscht hätten, siehe Ergebnis gestern. Wie wollen Sie denn in wenigen Tagen diese Überzeugungsarbeit noch leisten?

    Göring-Eckardt: Sie haben mich ja gefragt, wie wir damit umgehen, und ich sage, natürlich genau das werden wir deutlich machen, einerseits die entscheidende Frage für Deutschland - die ist nämlich die Energiefrage - und zweitens die Investitionsfrage. Wir müssen natürlich auch im Haushalt einsparen und so was wie das Betreuungsgeld können wir gut einsparen. Wir müssen Subventionen abbauen und gleichzeitig für die Investitionen sorgen, die für alle notwendig sind. Das werden wir in den nächsten Tagen überall, wo wir die Gelegenheit dazu haben, auf der Straße, an den Haustüren, im Internet deutlich machen und sagen, worum es uns geht, und auch deutlich machen, es ist nicht so, dass man mit der Union sagen könnte, oder gar mit der FDP, es geht nur langsamer vorwärts, sondern mit diesen beiden Parteien geht es in diesen Fragen deutlich zurück. Das wird weiter eine Fortsetzung von Lobby-Politik sein, statt einer Politik für die tatsächliche Mitte der Gesellschaft.

    Klein: Frau Göring-Eckardt, Wahlkämpfe werden auch von Personen getragen. Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" schreibt heute verschiedene Artikel über verschiedene Figuren aus dem derzeitigen Bundestagswahlkampf und schreibt über Sie, Sie seien dazu da, doch die bürgerlichen Wähler eher anzusprechen, und würden da eher ein wenig brav wirken. Das, was die Grünen eigentlich immer ausgemacht hat, dieses Quäntchen Anarchie, so schreibt "Der Spiegel", und die Bereitschaft, wirklich anzuecken, das würde man eventuell vermissen. Nehmen Sie das für sich an, oder bestreiten Sie diesen Eindruck?

    Göring-Eckardt: Ich glaube, dass dieser Eindruck natürlich eine Momentaufnahme ist von bestimmten Dingen. Aber ich sage auch, ich habe in diesem Wahlkampf so viel gekämpft und bin auch so viel angeeckt, wie, glaube ich, in meinem politischen Leben noch nie. Das Kämpferische ist das eine und auf der anderen Seite werde ich mich auch nicht verbiegen. Ich bin so wie ich bin, so bin ich auch von der Basis an diese Position gewählt worden. Insofern: Kämpferisch kann man auch sein, bin ich auch und bin ich sehr gerne, weil es mir um die Sache geht. Mir geht es ja nicht darum, als Person irgendwie besonders gut dazustehen, sondern mir geht es um die Sache und mir geht es darum, mehr Leute davon zu überzeugen als ein grünes Kernpotenzial, und insofern ist es in der Tat richtig, dass ich gerne möchte, dass wir viele Menschen davon überzeugen, dass es um Verantwortung für die Zukunft geht, für die nächsten Generationen, und das tue ich auch und insofern spreche ich auch mit vielen Leuten, die bis dahin sich noch nicht überlegt haben, ob sie Bündnis 90/Die Grünen wählen können, und kann sie hoffentlich auch überzeugen.

    Klein: Die Spitzenkandidatin der Grünen im Bundestagswahlkampf, Katrin Göring-Eckardt, heute Morgen hier im Deutschlandfunk. Ich bedanke mich für das Gespräch, Frau Göring-Eckardt.

    Göring-Eckardt: Ich bedanke mich auch. Auf Wiederhören!


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