"Die Erfindung der Liebe - damit kann man doch gar nichts anfangen. Ich mein: Was soll denn das heißen?"
Das Filmemachen ist genau genommen eine Form des Wahnsinns. Wie alle Kunst. Der Tunnelblick wird zur Tugend, asoziales Verhalten ist die Regel. Menschen lassen Freunde und Familie hinter sich, tauchen ein in künstliche Paradiese und wenn sie einmal den Weg eingeschlagen haben, sind sie nicht mehr zu stoppen. Weitermachen. Nur nicht aufhören.
So funktioniert eben das Filmemachen. Denn einen Film zu drehen, kostet viel Geld, jede Entscheidung ist teuer und wenn man einmal angefangen hat, nach meist Jahren der Finanzierung, dann muss man das Ding auch durchziehen. Was aber wenn mitten im Dreh die Hauptdarstellerin stirbt? Aber erst knapp die Hälfte des Films "im Kasten", genauer gesagt auf der Festplatte ist? Dann heißt es Improvisieren, und plötzlich wird das Drehbuch umgeschrieben, und die begabte Praktikantin übernimmt die Hauptrolle.
"Ja wir wollen ihn fertig drehen. Sie spielt jetzt die Rolle von meiner Schwester." - "Das spielt halt diese Praktikantin. Is ja wurscht: Schauspieler kann ja jeder werden."
Genau das ist das Thema dieses Films: Wie "Die amerikanische Nacht" von Francois Truffaut oder Robert Altmans "The Player" oder "Deconstructing Harry" von Woody Allen ist auch Lola Randls "Die Erfindung der Liebe" eine leicht wahnwitzige, oft absurd komische Komödie über das Filmemachen. Mit einem entscheidenden Unterschied: Der Wahnwitz hat Methode und an diesem Film ist viel mehr die blanke Wirklichkeit, als glauben mag, wer die Hintergründe des Films nicht kennt. "Die Erfindung der Liebe", das sollte eigentlich ein ganz normaler Film sein. Es ging darin um eine Schauspielstudentin, die eine Millionärin um ihr Vermögen betrügen will.
Hauptdarstellerin starb plötzlich
Doch dann starb, das war im Sommer vor drei Jahren, inmitten der Dreharbeiten die Hauptdarstellerin Maria Kwiatkowsky. Der Film war erst zur Hälfte gedreht, und ein Abbruch des Projekts hätte die Firma und mehrere Karrieren ruinieren können. Und so machte plötzlich Regisseurin Lola Randl, die auch in ihren früheren Filmen "Die Besucherin" und "Die Libelle und das Nashorn" bereits das Komische im Tragischen und die Tragik im Komischen auslotete, aus der Not eine Tugend. Sie nahm das gedrehte Material, schrieb neue Szenen und eine komplette Handlung dazu, und drehte mit dem Team einfach weiter. Und so entstand eine der besten Komödien des deutschen Kinos der letzten Jahre,
"Es macht einfach jeder, was er will ja?" - "Das hätt' ich schon lange machen sollen, ich habe selber auch Ideen."
"Die Erfindung der Liebe" ist ein Film über das Filmemachen geworden, darüber, wie Fiktion und Wirklichkeit sich miteinander vermischen, wozu pseudo-authentische Passagen eines Making-Off-Interviews beitragen.
Von der Machart her so handwerklich fehlerfrei wie konventionell ist dies also ein Film darüber, wie Spielfilmhandlung und Wirklichkeit ineinander übergehen. Insbesondere ist dies auch ein Film über wunderbare Schauspieler wie Sunnyi Melles und die junge Maria Kwiatkowsky, deren letztes Quäntchen Leinwand-Präsenz der Nachwelt über diesen Film erhalten bleiben sollte, und über alles, was wunderbar ist an Schauspielerei.
"Du und dann kommen diese Schauspieler, die einfach etwas reininterpretieren aus ihren Neurosen heraus." - "Die nehmen sich alle so wichtig."
Vor allem aber ist "Die Erfindung der Liebe" ein überraschend heiterer Film über den Tod. Sehr wahrhaftig und sehr, sehr doppelbödig, gerade in der Botschaft, die dieser Film vermittelt: Dass am Ende immer alles doch weitergeht, dass stärker als der Tod das Leben ist.
"Ich kann das nicht, ich bin dafür nicht der Richtige." - "Mein Gott, Dir wird doch irgendwas einfallen. Wofür bezahl' ich Dich denn?"