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Die EU, ihre Außenpolitik und Ägypten

Eigentlich müsste die Europäische Union das militärische Vorgehen gegen eine gewählte Regierung klar verurteilen. Aber das Militär hat möglicherweise im Sinne einer Mehrheit der Ägypter gehandelt und könnte Schlimmeres verhindern.

Von Annette Riedel |
    Sie kommen ziemlich ins Stottern, die beiden Sprecher der EU-Außenbeauftragten, Ashton, wenn sie die Lage in Ägypten in diesen Tagen aus europäischer Sicht kommentieren sollen.

    "Ich sage nur so viel, alle müssen ruhig bleiben, miteinander reden, zum Demokratieprozess zurückkehren."

    "Ich könnte nur noch mal wiederholen, was Michael schon gestern gesagt hat."

    Michael Mann und Maja Kocijancic tun sich schwer mit der Antwort auf die Frage, ob man in Brüssel die Ereignisse in Ägypten als Militärputsch betrachtet. Man beschränkt sich stattdessen auf Appelle, schnell zum demokratischen Prozess zurückzukehren und auf Gewalt zu verzichten bzw. bedauert und kritisiert, dass es Tote gegeben hat.

    Die Zögerlichkeit hat mehrere Gründe. Die Lage ist tatsächlich nicht leicht zu bewerten. Die Europäer müssten eigentlich per Definition militärisches Vorgehen gegen eine gewählte Regierung klar verurteilen. Andererseits hat das Militär möglicherweise im Sinne einer Mehrheit der Ägypter gehandelt und kann möglicherweise noch Schlimmeres verhindern.

    Zum Anderen aber kann im Namen der gemeinsamen europäischen Außenpolitik nur das gesagt und getan werden, was jeweils außenpolitisch Konsens ist unter allen Mitgliedsländern.

    "Man muss verschiedene Interessen berücksichtigen. Wir ersetzen ja nicht die Mitgliedsstaaten und deren Außenpolitik oder deren Außenministerien, sondern wir versuchen die Interessen Europas zu bündeln, auf europäischer Ebene die Synergien herauszuholen und vor allem das Gewicht Europas in der Welt zu stärken. Das geht nur, wenn sich alle Mitgliedsstaaten auf eine Linie begeben. Darauf arbeiten wir hin", ...

    … sagt einer, der weiß, wovon er redet: Michael Doczy, hochrangiger Diplomat, einer von insgesamt rund 1500 Diplomaten, die in Brüssel beim EAD arbeiten, dem Europäischen Auswärtigen Dienst, den es unter Ashtons Führung seit rund zweieinhalb Jahren gibt.

    "Wenn Krisen ausbrechen, sind wir die Ersten, die reagieren müssen, die den Ton vorgeben, die anhören müssen, was die Mitgliedsstaaten denken, die mit der Kommission koordinieren. Konkret ist es einfach so, dass wir versuchen einen gemeinsamen Nenner zu finden. Manchmal ist es der kleinste gemeinsame Nenner – das ist dann weniger ideal, aber in vielen Fällen funktioniert ist."

    Es funktioniert immer dann nicht oder ist besonders kompliziert, wenn es um aktuelle Krisensituationen wie in Syrien geht. Im Falle Ägyptens gäbe es aber keine Meinungsunterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten, heißt es offiziell in Brüssel. Es geht nicht zuletzt um die Frage, ob weiter europäisches Geld in das Land am Nil fließen soll – auch deshalb die Zögerlichkeit bei der Definition: ein Putsch oder kein Putsch. Ingesamt steht für das Land am Nil aus verschiedenen Töpfen finanzielle Unterstützung beim Aufbau der Wirtschaft und demokratischer Strukturen in Milliardenhöhe zur Verfügung.

    "Es ist in diesem Jahr wegen zu geringer Fortschritte beim Demokratisierungsprozess kein Geld aus Brüssel in den ägyptischen Haushalt geflossen. Aber wir unterstützen weiter die Zivilgesellschaft. Geld aus der Nachbarschaftspolitik geht ohnehin nicht an den Staat, sondern an Nichtregierungsorganisationen."

    Entsprechend erwäge man, so Ashtons Sprecher, in Brüssel zur Stunde nicht, die finanzielle Unterstützung zu stoppen. Allerdings kann sich das jederzeit ändern.

    "Wir überprüfen unsere Ägyptenhilfe ständig und entsprechend können wir schnell auf neue Entwicklungen reagieren."

    Brüssel drängt alle Beteiligten jetzt, so schnell wie möglich freie Wahlen zu ermöglichen und eine neue Verfassung zu erarbeiten, die allen Ägyptern und Ägypterinnen gerecht wird.