Theo Geers: Vor gut einer halben Stunde hat die EU die Chemikalie Octylphenol auf die Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe gesetzt. Octylphenol dürfte den wenigsten etwas sagen, und die Liste der besorgniserregenden Stoffe kennen wohl auch nur die wenigsten. Dennoch: Es ist ein Durchbruch in der europäischen Chemikalienpolitik, und darüber ist zu reden – in diesem Fall mit Christoph Schulte, Chemikalienexperte vom Umweltbundesamt, und ich begrüße ihn in Dessau. Guten Tag, Herr Schulte.
Christoph Schulte: Guten Tag, Herr Geers.
Geers: Herr Schulte, Octylphenol – ganz kurz -, was ist das für ein Zeug?
Schulte: Octylphenol ist eine Chemikalie aus der Gruppe der Alkylphenole – das ist auch noch sehr chemisch -, und um jetzt ein bisschen näher an uns als Bürgerinnen und Bürger heranzukommen: Es ist eine Chemikalie, die zur Herstellung von Farben und Klebstoffen und auch in Reifen eingesetzt wird.
Geers: Nun wird das Ganze als besonders Besorgnis erregend eingestuft, Herr Schulte. Warum? Was ist daran gefährlich, an Octylphenol?
Schulte: Octylphenol ist eine hormonell wirksame Chemikalie. Das heißt, sie kann das Hormonsystem von Mensch und Tier stören. In diesem Fall das Tier, nämlich besonders bei Fischen konnten wir nachweisen, dass dieses Octylphenol in das Hormonsystem eingreift.
Geers: Nun kommt dieses Octylphenol auf die sogenannte Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe. Warum ist das jetzt so eine bahnbrechende Entscheidung? Ist das absolutes Neuland?
Schulte: Es ist kein Neuland. Im Gegenteil: Wir haben eigentlich seit den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts Erkenntnisse, dass es Chemikalien gibt, die hormonell wirken können, die in das Hormonsystem von Organismen eingreifen können. Wir haben seitdem, seit den 90er-Jahren sehr viel Forschung dazu betrieben, auch Steuermittel investiert, um diese Mechanismen zu erforschen. Und jetzt sind wir so weit, dass wir auch regulieren können. Die europäische REACH-Verordnung schafft uns dafür eine Grundlage, weil sie ermöglicht einen Stoff, der endokrin wirksam ist, als besonders besorgniserregend zu bewerten. Dieses Octylphenol ist jetzt tatsächlich das erste Mal, dass wir einen hormonell wirksamen Stoff unter der EU-REACH-Verordnung regulieren können, und wir haben letzte Woche in dem zuständigen Ausschuss der EU in Helsinki bei der europäischen Chemikalien-Agentur darüber Einvernehmen mit allen Mitgliedsstaaten erzielen können.
Geers: Sie sagten vorhin, Herr Schulte, Octylphenol findet sich zum Beispiel in Farben, in Klebstoffen oder in Reifen. Was heißt das denn jetzt für Verbraucher, dieser Schritt, der jetzt erfolgt ist?
Schulte: Diese Aufnahme in die Kandidatenliste, nennt sich das, von REACH hat zur Folge, dass Bürgerinnen und Bürger Auskunftsrechte haben gegenüber dem Handel, also quasi demjenigen, der Farben und Klebstoffe vertreibt, also auch der Baumarkt um die Ecke, und die können jetzt bei dem Handel anfragen, ob ein besonders besorgniserregender Stoff, zum Beispiel das Octylphenol, in einem Produkt enthalten ist. Wir haben dafür als Umweltbundesamt ein Musteranschreiben entwickelt, das ist zum Beispiel auf unserer Seite www.reach-info.de zum Herunterladen vorhanden. In diesem Musterbrief freuen wir uns natürlich, wenn der genutzt wird, weil er den Handel dann auch motiviert, von sich aus sicherzustellen, dass solche besonders besorgniserregenden Stoffe nicht in den Produkten sind, die der Handel vertreibt.
Geers: Wenn der Handel derartig unter Druck gesetzt wird, heißt das dann, Herr Schulte – und Bitte um eine kurze Antwort -, dass so eine Chemikalie praktisch tot ist für den Vertrieb, dass sie irgendwann rausfliegt aus den Regalen?
Schulte: Ja. Das ist ein eindeutiges REACH-Ziel auch, solche Stoffe zu substituieren.
Geers: Und was schätzen Sie, wie lange wird es dauern, bis das Zeug dann aus den Regalen verschwunden ist, oder gibt es auch weitere Stoffe, die dann noch kommen könnten?
Schulte: Das dauert ein paar Jahre. Das Verfahren ist jetzt auch noch nicht, dass es jetzt ein Muss ist, sondern jetzt können die Unternehmen noch ihre eigene Verantwortung wahrnehmen und den Stoff substituieren. Ein Muss wird es erst, wenn der Stoff zulassungspflichtig wird. Das wäre der nächste Schritt. Und was war der zweite Teil?
Geers: Die Frage ist, ob es noch andere Stoffe gibt? Aber da läuft uns jetzt so ein bisschen die Zeit davon.
Schulte: Okay!
Geers: Aber ich denke mal, es wird noch Nachahmerstoffe geben, die dem Octylphenol folgen werden und auch auf diese fragliche Liste kommen. Vielen Dank! – Das war Christoph Schulte vom Umweltbundesamt in Dessau.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Christoph Schulte: Guten Tag, Herr Geers.
Geers: Herr Schulte, Octylphenol – ganz kurz -, was ist das für ein Zeug?
Schulte: Octylphenol ist eine Chemikalie aus der Gruppe der Alkylphenole – das ist auch noch sehr chemisch -, und um jetzt ein bisschen näher an uns als Bürgerinnen und Bürger heranzukommen: Es ist eine Chemikalie, die zur Herstellung von Farben und Klebstoffen und auch in Reifen eingesetzt wird.
Geers: Nun wird das Ganze als besonders Besorgnis erregend eingestuft, Herr Schulte. Warum? Was ist daran gefährlich, an Octylphenol?
Schulte: Octylphenol ist eine hormonell wirksame Chemikalie. Das heißt, sie kann das Hormonsystem von Mensch und Tier stören. In diesem Fall das Tier, nämlich besonders bei Fischen konnten wir nachweisen, dass dieses Octylphenol in das Hormonsystem eingreift.
Geers: Nun kommt dieses Octylphenol auf die sogenannte Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe. Warum ist das jetzt so eine bahnbrechende Entscheidung? Ist das absolutes Neuland?
Schulte: Es ist kein Neuland. Im Gegenteil: Wir haben eigentlich seit den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts Erkenntnisse, dass es Chemikalien gibt, die hormonell wirken können, die in das Hormonsystem von Organismen eingreifen können. Wir haben seitdem, seit den 90er-Jahren sehr viel Forschung dazu betrieben, auch Steuermittel investiert, um diese Mechanismen zu erforschen. Und jetzt sind wir so weit, dass wir auch regulieren können. Die europäische REACH-Verordnung schafft uns dafür eine Grundlage, weil sie ermöglicht einen Stoff, der endokrin wirksam ist, als besonders besorgniserregend zu bewerten. Dieses Octylphenol ist jetzt tatsächlich das erste Mal, dass wir einen hormonell wirksamen Stoff unter der EU-REACH-Verordnung regulieren können, und wir haben letzte Woche in dem zuständigen Ausschuss der EU in Helsinki bei der europäischen Chemikalien-Agentur darüber Einvernehmen mit allen Mitgliedsstaaten erzielen können.
Geers: Sie sagten vorhin, Herr Schulte, Octylphenol findet sich zum Beispiel in Farben, in Klebstoffen oder in Reifen. Was heißt das denn jetzt für Verbraucher, dieser Schritt, der jetzt erfolgt ist?
Schulte: Diese Aufnahme in die Kandidatenliste, nennt sich das, von REACH hat zur Folge, dass Bürgerinnen und Bürger Auskunftsrechte haben gegenüber dem Handel, also quasi demjenigen, der Farben und Klebstoffe vertreibt, also auch der Baumarkt um die Ecke, und die können jetzt bei dem Handel anfragen, ob ein besonders besorgniserregender Stoff, zum Beispiel das Octylphenol, in einem Produkt enthalten ist. Wir haben dafür als Umweltbundesamt ein Musteranschreiben entwickelt, das ist zum Beispiel auf unserer Seite www.reach-info.de zum Herunterladen vorhanden. In diesem Musterbrief freuen wir uns natürlich, wenn der genutzt wird, weil er den Handel dann auch motiviert, von sich aus sicherzustellen, dass solche besonders besorgniserregenden Stoffe nicht in den Produkten sind, die der Handel vertreibt.
Geers: Wenn der Handel derartig unter Druck gesetzt wird, heißt das dann, Herr Schulte – und Bitte um eine kurze Antwort -, dass so eine Chemikalie praktisch tot ist für den Vertrieb, dass sie irgendwann rausfliegt aus den Regalen?
Schulte: Ja. Das ist ein eindeutiges REACH-Ziel auch, solche Stoffe zu substituieren.
Geers: Und was schätzen Sie, wie lange wird es dauern, bis das Zeug dann aus den Regalen verschwunden ist, oder gibt es auch weitere Stoffe, die dann noch kommen könnten?
Schulte: Das dauert ein paar Jahre. Das Verfahren ist jetzt auch noch nicht, dass es jetzt ein Muss ist, sondern jetzt können die Unternehmen noch ihre eigene Verantwortung wahrnehmen und den Stoff substituieren. Ein Muss wird es erst, wenn der Stoff zulassungspflichtig wird. Das wäre der nächste Schritt. Und was war der zweite Teil?
Geers: Die Frage ist, ob es noch andere Stoffe gibt? Aber da läuft uns jetzt so ein bisschen die Zeit davon.
Schulte: Okay!
Geers: Aber ich denke mal, es wird noch Nachahmerstoffe geben, die dem Octylphenol folgen werden und auch auf diese fragliche Liste kommen. Vielen Dank! – Das war Christoph Schulte vom Umweltbundesamt in Dessau.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.