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Die EU und Ceta
Oettinger warnt vor Imageverlust

Der Widerstand der Wallonen habe zu einem besseren Freihandelsabkommen mit Kanada geführt, applaudierten Ceta-Kritiker, nachdem dem Vertrag Zusatzerklärungen und Garantien zugefügt wurden. EU-Kommissar Günter Oettinger äußerte sich dagegen vor allem besorgt um den Ruf der EU, der unter dem Gezerre um Ceta gelitten haben dürfte.

Von Annette Riedel |
    Günther Oettinger, EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft, CDU
    EU-Kommissar Oettinger sorgt sich aufgrund der Verhandlungen um Ceta um den Ruf der EU auf internationaler Bühne. (picture alliance/dpa - Thierry Monasse)
    Aufgeschoben ist nicht aufgehoben – EU-Kommissionspräsident Juncker jedenfalls war davon ausgegangen, als sich abzeichnete, dass der eigentlich für Donnerstag geplante EU-Kanada-Gipfel nicht stattfinden würde:
    "Wann dies passiert, ist weniger wichtig, als das es passiert."
    Nun also passiert es morgen. Der kanadische Regierungschef Trudeau wird nach Brüssel kommen und Ceta wird unterschrieben. Fristgerecht hatten alle 28 EU-Regierungen in der vergangenen Nacht ihre Zustimmung signalisiert. Auch Belgien.
    Möglich war das geworden, weil alle belgischen Regionalregierungen das dafür nötige grüne Licht im Laufe des Tages gegeben hatten. Und so konnte der belgische Regierungschef am Abend seiner Freude Ausdruck verleihen, dass eine Einigung gefunden wurde, die es ihm möglich macht, dem EU-Kanada-Freihandelsabkommen zuzustimmen. Einem guten Abkommen, wiederholte Charles Michel gestern Abend:
    "Es ist ein wichtiges Abkommen für unsere Unternehmen – kleine, mittlere, große. Wichtig auch für die wirtschaftliche Entwicklung und Arbeitsplätze in Europa. Es geht um ein Wachstum von jährlich zwölf Milliarden, das wir durch Ceta in der EU erwarten."
    Applaus der Ceta-Kritiker für beharrliches Verhandeln der Wallonen
    Auch der Chef der wallonischen Regionalregierung, Paul Magnette, war am Ende zufrieden. Aus seiner Sicht hat sein beharrliches Verhandeln, unter erheblichem Druck, dazu geführt, dass es jetzt ein besseres Ceta gibt als jenes, dem die Wallonie ihre Zustimmung verweigert hatte. Seine Forderungen seien in den Zusatzerklärungen berücksichtigt worden.
    "Wir haben dafür gekämpft, dass es ein Vertrag wird, der die sozialen und ökologischen Standards stärkt, die öffentlichen Dienstleistungen schützt und dafür, dass es kein privates Schiedsgericht geben wird, sondern ein öffentlich-rechtliches."
    Dafür gab es in der ganzen EU Applaus der Ceta-Kritiker. Befürworter von Ceta sehen nicht, dass der Widerstand aus Belgien Substantielles an dem 1.500 Seiten umfassenden Vertrag verändert hätte. Die Zusatzerklärungen, über deren tatsächliche Rechtsverbindlichkeit es unterschiedliche Meinungen gibt, sie seien lediglich Klarstellungen dessen, was im Vertrag von vornherein angelegt gewesen sei.
    "Ich glaube, dass diese Klarstellungen nur Wiederholungen sind, dass der Vertragsentwurf eigentlich all diese Sorgen und diese Erwartungen schon erfüllt", sagte Günter Oettinger. Der im Übrigen ab Januar in der Hierarchie der EU-Kommission aufrückt. Er wird von der scheidenden Kommissarin Georgiewa, die zur Weltbank zurückgeht, das Haushaltsressort übernehmen und wohl auch die Position eines Vize-Kommissionspräsidenten.
    Ceta muss noch weitere Hürden nehmen
    Dem zurzeit noch für Digitales zuständigen Oettinger übergibt Jean-Claude Juncker damit die Verantwortung über ein EU-Jahresbudget von mehr als 160 Milliarden Euro und über rund 30.000 Mitarbeiter. Oettinger sorgt sich wie Juncker um den Ruf der EU auf internationaler Bühne, der über dem Gezerre um Ceta erheblich gelitten haben dürfte:
    "Ich bin nicht der Meinung, dass wir ein Stück gehobene Staatskunst vorgelegt haben, aber nachdem beschlossen worden war, dass alle nationalen und regionalen Parlamente entscheiden müssen, war dies vorauszusehen, dass es zu Verspätungen kommen kann."
    Wenn die Unterschriften unter Ceta beim morgigen Gipfel in Brüssel gesetzt sind, hat der Vertrag weitere Hürden zu nehmen, bevor er wirksam wird. Zunächst muss das EU-Parlament im Dezember oder Januar seine Zustimmung geben. Die wird erwartet. Damit können aber nur Teile des Abkommens und nur vorläufig in Kraft treten.
    Für die umfassende, endgültige Umsetzung müssen auch alle nationalen Parlamente ihre Zustimmung geben. In Deutschland möglicherweise auch der Bundesrat. Außerdem werden das Bundesverfassungsgericht und auch der Europäische Gerichtshof urteilen, ob Ceta – vor allem das Schiedsgericht – mit Bundes- respektive mit Europäischem -Recht in Einklang stehen.