Eine Minute lang gedachte das Europaparlament schweigend der Opfer in Tunesien –ein kurzer Moment der Stille angesichts einer zunehmenden Diskussion darüber, wie sich die Europäische Union nun gegenüber dem Magrebland verhalten soll. Letzte Woche noch hatte es Rufe nach Sanktionen gegen Tunesien gerufen. Vor allem linke, liberale und grüne Europaabgeordnete kritisierten die Erklärungen der EU als verspätet und zu schwach. Doch seit Präsident Ben-Ali das Land verlassen und nach Saudi-Arabien geflohen ist, sei das Thema Sanktionen erstmal vom Tisch, berichtet ein europäischer Diplomat in Brüssel. Nun überlegen die 27 Mitgliedsländer und die Europäische Kommission, wie die EU Tunesien in der aktuellen Situation am besten unterstützen könne: Eine Diskussion die durch die ständigen Veränderungen vor Ort nicht einfacher wird. Von einer klaren Botschaft des tunesischen Volkes sprach EU-Außenministerin Ashton in einer Erklärung, die ihre Sprecherin vortrug:
"Tunesien will eine stabile Demokratie, die untermauert wird vom Respekt für Grundrechte und –freiheiten. Dafür muss es freie und faire Wahlen geben, und die EU wird Tunesien unterstützen, damit es dieses Ziel erreicht."
Bei der Vorbereitung freier Wahlen und bei der Wahlbeobachtung verfügt die Europäische Union in der Tat über große Erfahrung: diese kann sie Tunesien sofort anbieten. Doch die konkreten Teile des ebenfalls angekündigten umfangreichen Maßnahmenpaketes für Tunesien sind nur schemenhaft zu erkennen. EU-Kommissar Stefan Füle, der für die Europäische Nachbarschaftspolitik und damit auch die Länder im Süden des Mittelmeers zuständig, nannte Hilfe zur Wirtschaftlichen Entwicklung und bei sozialen Maßnahmen besonders für Tunesiens Jugendliche, sowie Unterstützung beim Aufbau eines demokratischen Rechts und Justizapparats. Doch zuerst, so Füle, müsse sich die Situation im Land beruhigen.
"Mit seiner starken Mittelschicht, dem hohen Bildungsniveau, der Nähe zu Europa und der insgesamt gemäßigten Haltung, ist Tunesien gut positioniert um den großen Schritt in Richtung Demokratie zu schaffen, den die Menschen mit enormem Mut und Kraft verlangt haben."
Tunesien hat sich seit vielen Jahren gegenüber der Europäischen Union zu Demokratie und Menschenrechten verpflichtet. Weil sich die tunesische Führung an ihre eigenen Zusagen nicht hielt, kamen im Gegenzug die Gespräche über eine engere Zusammenarbeit mit Brüssel, die Tunesien so gerne hätte, anders als etwa im Falle Marokkos nicht vom Fleck. Verstärkte Zusammenarbeit mit der EU erfordere ein verstärktes Engagement gerade bei Demokratie und Menschenrechten, reagierte EU-Nachbarschaftskommissar Füle regelmäßig auf tunesisches Drängen. Doch in vielen EU-Mitgliedsländern war man weniger kritisch: Länder wie Italien, Malta, Spanien arbeiten eng zusammen mit den autoritären Regimen im Magreb, die unter anderem dafür sorgen, dass viele Flüchtlinge aus Afrika es nicht mehr über das Mittelmeer schaffen. Frankreich als frühere Kolonialmacht hatte noch Anfang letzter Woche angeboten, der Regierung Ben-Ali militärisch auszuhelfen gegen die Demonstranten. Dort, aber auch im Rest der Europäischen Union fürchtet man instabile Verhältnisse als Einladung an die Islamisten, die das Machtvakuum in Tunis ausfüllen könnten.
Die Angst vor dem Islamismus findet auch Daniel Cohn-Bendit, der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europaparlament sehr berechtigt. Er sieht in den tunesischen Demonstrationen allerdings nicht den Anfang der Islamisierung, sondern einen Aufbrauch ähnlich wie 1989 in Mittel- und Osteuropa. Deshalb müsse die EU jetzt die demokratische Bewegung in Tunesien finanziell unterstützen und nicht mehr Geld an die Regierung zahlen, fordert der Grünen-Europaabgeordnete:
"Tunesien ist der Schlüssel für sämtliche arabische Länder: Demokratie und Islam können Hand in Hand gehen. Und wenn wir es jetzt schaffen, die entstehende tunesische Demokratie zu unterstützen, dann werden wir auch in Ägypten, Jordanien und Syrien erleben, dass sich das Volk gegen die Diktatoren erhebt."
Tunesien: Die neue Regierung ist (fast) die alte
"Tunesien will eine stabile Demokratie, die untermauert wird vom Respekt für Grundrechte und –freiheiten. Dafür muss es freie und faire Wahlen geben, und die EU wird Tunesien unterstützen, damit es dieses Ziel erreicht."
Bei der Vorbereitung freier Wahlen und bei der Wahlbeobachtung verfügt die Europäische Union in der Tat über große Erfahrung: diese kann sie Tunesien sofort anbieten. Doch die konkreten Teile des ebenfalls angekündigten umfangreichen Maßnahmenpaketes für Tunesien sind nur schemenhaft zu erkennen. EU-Kommissar Stefan Füle, der für die Europäische Nachbarschaftspolitik und damit auch die Länder im Süden des Mittelmeers zuständig, nannte Hilfe zur Wirtschaftlichen Entwicklung und bei sozialen Maßnahmen besonders für Tunesiens Jugendliche, sowie Unterstützung beim Aufbau eines demokratischen Rechts und Justizapparats. Doch zuerst, so Füle, müsse sich die Situation im Land beruhigen.
"Mit seiner starken Mittelschicht, dem hohen Bildungsniveau, der Nähe zu Europa und der insgesamt gemäßigten Haltung, ist Tunesien gut positioniert um den großen Schritt in Richtung Demokratie zu schaffen, den die Menschen mit enormem Mut und Kraft verlangt haben."
Tunesien hat sich seit vielen Jahren gegenüber der Europäischen Union zu Demokratie und Menschenrechten verpflichtet. Weil sich die tunesische Führung an ihre eigenen Zusagen nicht hielt, kamen im Gegenzug die Gespräche über eine engere Zusammenarbeit mit Brüssel, die Tunesien so gerne hätte, anders als etwa im Falle Marokkos nicht vom Fleck. Verstärkte Zusammenarbeit mit der EU erfordere ein verstärktes Engagement gerade bei Demokratie und Menschenrechten, reagierte EU-Nachbarschaftskommissar Füle regelmäßig auf tunesisches Drängen. Doch in vielen EU-Mitgliedsländern war man weniger kritisch: Länder wie Italien, Malta, Spanien arbeiten eng zusammen mit den autoritären Regimen im Magreb, die unter anderem dafür sorgen, dass viele Flüchtlinge aus Afrika es nicht mehr über das Mittelmeer schaffen. Frankreich als frühere Kolonialmacht hatte noch Anfang letzter Woche angeboten, der Regierung Ben-Ali militärisch auszuhelfen gegen die Demonstranten. Dort, aber auch im Rest der Europäischen Union fürchtet man instabile Verhältnisse als Einladung an die Islamisten, die das Machtvakuum in Tunis ausfüllen könnten.
Die Angst vor dem Islamismus findet auch Daniel Cohn-Bendit, der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europaparlament sehr berechtigt. Er sieht in den tunesischen Demonstrationen allerdings nicht den Anfang der Islamisierung, sondern einen Aufbrauch ähnlich wie 1989 in Mittel- und Osteuropa. Deshalb müsse die EU jetzt die demokratische Bewegung in Tunesien finanziell unterstützen und nicht mehr Geld an die Regierung zahlen, fordert der Grünen-Europaabgeordnete:
"Tunesien ist der Schlüssel für sämtliche arabische Länder: Demokratie und Islam können Hand in Hand gehen. Und wenn wir es jetzt schaffen, die entstehende tunesische Demokratie zu unterstützen, dann werden wir auch in Ägypten, Jordanien und Syrien erleben, dass sich das Volk gegen die Diktatoren erhebt."
Tunesien: Die neue Regierung ist (fast) die alte