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Die Flut von Geld

Die Nacht der Angst, so nennt Klaus Hajek, Besitzer eines Baumarktes in Döbeln, im Freistaat Sachsen, den 12. August. Um 18 Uhr erfuhr er, dass Hochwasser kommen wird. Die Flüsse Mulde, Zschopau und ein kleiner Nebenfluss der Mulde, die Striges waren über die Ufer getreten. Klaus Hajek:

Roswitha Polaschek |
    Gegen 20, 21 Uhr wars dann so weit, dass wir aus dem Geschäft nicht mehr raus konnten, die Flutwelle hatte unsere Stadt bereits erreicht und wir standen innerhalb weniger Minuten bis zur Brust im Wasser und mussten versuchen so schnell wie möglich als erstes unser Leben zu retten.

    Sein Leben konnte er retten. Die Waren wurden vollständig vernichtet, ihr Wert: 230.000 Euro. Der Fußboden im Laden war zerstört, die Wände bis auf die Grundmauern sanierungsbedürftig. Das waren noch einmal 280.000 Euro Schaden.

    Klaus Hajek erkundigte sich bei der Regierung von Sachsen, ob er Hilfe bekommen kann. Eins stand für ihn fest: Ohne Geld vom Staat kann er seinen Laden nicht mehr aufbauen. Im Wirtschaftsministerium erfuhr der Unternehmer, der Freistaat zahlt für jeden Mitarbeiter eines betroffenen Betriebs 500 Euro. Eine weitere Soforthilfe kommt von der Bundesregierung: 15.000 Euro für jeden schwer geschädigten Betrieb. Auf Antrag gibt es später dann noch die wirkliche Hilfe, wie der sächsische Wirtschaftsminister, Martin Gillo, sie nennt:

    Dabei können zwischen 35 Prozent und ja fast bis auf 100 Prozent der Schäden ersetzt werden, um den Firmen zu helfen wieder den Kunden zu bedienen, wieder aktiv zu werden. Das geht über drei Ebenen, es gibt also Pauschalhilfen 35 Prozent, wenn das höher wird, dann muss auch ein Geschäftsplan über 5 Jahre vorgelegt werden, dass also man sieht, dass die Firma geschäftsfähig ist und einen vernünftigen Geschäftsplan hat, wenn das der Fall ist, dann können wir also bis zu 50 Prozent bewilligen, wenn es über 50 Prozent ist, dann geht es an runde Tische, die von der deutschen Ausgleichsbank geleitet werden.

    Das Geld für diese Hilfen kommt aus dem Aufbauhilfe-Fonds der Bundesregierung. Außerdem hat die Europäische Union eine Milliarde Euro zur Verfügung gestellt.

    Wie schnell die Betroffenen ihre finanzielle Unterstützung erhalten, ist unterschiedlich. In Sachsen koordiniert die Sächsische Aufbaubank, kurz SAB, die Fluthilfe. Sie zahlt nach den Vorgaben der Regierung und der Hausbanken das Geld aus. Klaus Hajek besitzt nicht nur einen Baumarkt in Döbeln, er leitet auch den Einzelhandelsverband des Landkreises. Deshalb weiß er, wer im Ort schon Geld vom Staat hat und wer noch nicht.

    Ich selbst ich habe den Schadenersatz bereits bekommen, das liegt aber daran, dass ich sehr intensiv mit den Steuerberatern und meiner Bank verhandelt habe und ich muss und kann auch vielen Händlern den Vorwurf nicht ersparen, dass das zu leicht genommen wurde und deshalb die Gelder in dem Rahmen noch nicht geflossen sind.

    Die Unternehmer hatten mit dem Aufräumen so viel zu tun, dass einige ihre Anträge erst nach Wochen oder Monaten gestellt haben. Trotzdem werden im Advent fast alle Läden in der Innenstadt von Döbeln wieder eröffnet sein, wie Klaus Hajek verspricht.

    Eine bundesweite Regelung sieht vor, dass Flutopfer noch Geld aufnehmen können, wo andere Betriebe bereits Insolvenz anmelden müssten. Das gilt bis zum 31. Dezember. Wer also noch keine finanzielle Hilfe vom Staat erhalten hat, der konnte sich Geld leihen. Vor allem die Sparkassen haben sich hier engagiert, da die meisten Unternehmer dort ihre Konten haben. Wie der Leiter der Kreditsteuerung bei der Stadtsparkasse Dresden, Alfred Totzek, weiß, hat der deutsche Sparkassen- und Giroverband einen sogenannten Kreditplafonds eingerichtet, um seinen Kunden zu helfen.

    Wo insbesondere zinsgünstige Mittel rausgegeben werden...... Unser Haus selber wird und ist da dran beteiligt, wir machen, wie alle anderen Häuser auch, im Einzelfall auch Unterstützungsmaßnahmen zum Beispiel in Einzelfällen Zinsreduzierungen, um einfach den Kunden die Existenz zu sichern, grade im gewerblichen Bereich. Darüber hinaus wird das auch übliche im Kreditgeschäft gemacht, wie zum Beispiel Ratenaussetzungen, Stundungen also alles Mittel, um den Kunden die Liquidität zu sichern.

    Dabei muss jeder Fall genau überprüft werden, allein in Dresden waren 450 Unternehmen vom Hochwasser betroffen. Die meisten Betriebe hatten vor der Flut Subventionen von mehreren Stellen erhalten. Jetzt gibt die Bank nicht einfach pauschal zusätzliche Kredite. Die Strukturhilfen und andere finanzielle Unterstützungen werden bei der Kreditvergabe mit berücksichtigt, wie der Vertriebschef bei der Stadtsparkasse Dresden, Uwe Brunotte, betont.

    Das heißt also, wir negieren nicht die Vergangenheit, sondern die Finanzierungsstruktur des Unternehmens bleibt bestehen und wir optimieren das Ganze. Wir achten dabei insbesondere auf die Liquiditätssituation, wir gucken natürlich darauf, dass wir das Unternehmen jetzt zur Zeit nicht mit hohen Zinsen und Tilgungsleistungen belasten, sondern das wir das Unternehmen erst mal jetzt wieder,.... in Gang kriegen, dass es erst mal wieder produzieren kann und dass es dann später, wenn die Produktion wieder läuft, auch den Kapitaldienst tragen kann.

    Wie nötig Hilfen jeder Art sind, zeigt das Beispiel der Papierfabriken. Stefan Schröter ist Geschäftsführer einer Holding, in der vier sächsische Papierwerke verbunden sind. Die Unternehmen waren erfolgreich und konnten seit der Wende reichlich Eigenkapital aufbauen. Die Flut hat in allen vier Fabriken katastrophale Verwüstungen angerichtet, obwohl die Werke zum Teil mehr als 50 Kilometer voneinander entfernt sind. Mit dem erarbeitetem Eigenkapital kann das Unternehmen unmöglich alle Schäden bezahlen. Stefan Schröter war während der Flut in der Fabrik in Freital.

    Das Wasser hat nicht nur hier gestanden, sondern es ist als reißender Strom mit viel Müll und Unrat durch die Firma durchgegangen und hat Schäden verursacht, die man sich so nicht vorstellen kann..... Zum Beispiel hat dieses reißende Wasser in unserem Betriebshof Löcher bis zu 4 Meter Tiefe reingerissen, .... hier in unserem Betriebshof waren die ganzen Waren von den Betrieben, die überhalb von uns liegen verstreut... Ein Betriebsraum, das müssen sie sich so vorstellen, der ist also ein bis zwei Meter unter Wasser gestanden. Wo des Wasser weg war, sind da die Papierpaletten, die Papierballen gemischt mit Schlamm, Dreck und Unrat dagelegen.

    Das Papier war nur noch Abfall. Nur wenige Maschinen konnten gerettet werden. Zwei Monate hat es gedauert, bis in der ersten Fabrik wieder ein Bogen Papier hergestellt werden konnte. Die Schäden: rund 8 Millionen Euro.

    Die volle Leistungskraft der Betriebe wird vielleicht in einem viertel Jahr wieder erreicht sein, vielleicht dauert es aber noch doppelt so lange, sagt Stefan Schröter. Er hat staatliche Hilfe erhalten: für Reparaturen, für den Produktionsausfall, für neue Investitionen, das Geld kam schnell. Noch sind allerdings nicht alle Betriebe wieder vollständig hergerichtet. Insgesamt rechnet er damit, dass der Staat 80 Prozent seiner Ausgaben für den Wiederaufbau übernimmt. Die restlichen Verluste kann er von der Steuer absetzen. Obwohl die Papierfabriken vor der Flut gut aufgestellt waren, benötigt er die Hilfe.

    Eine überproportional hohe Fremdverschuldung jetzt zur Beseitigung der Schäden des Hochwassers würde eine Verschlechterung des ratings bedeuten, und damit auch in Zukunft bei weiteren Kreditaufnahmen, die ja immer notwendig sind, eine Erhöhung der Kapitalkosten.

    Bei Betrieben, die wenig Eigenkapital haben, entscheidet die finanzielle Hilfe über Sein oder nicht-Sein. Zum Beispiel bei der Elektro Gröschel GmbH in Pirna. Sie hat 12 Mitarbeiter. Der Betrieb liegt rund 50 Meter von der Elbe entfernt. Hochwasser gibt es hier öfter. So eine Zerstörung hat das Wasser bisher aber noch nie angerichtet. Geschäftsführer Dietmar Gröschel.

    Das Wasser stand ja teilweise bis zu 2,50 Meter im Haus, es muss alles erneuert werden, die Türen, die Elektrik, ... dann viele Zwischenwände, die wir damals mit Trockenbauelementen gemacht haben oder mit Rigips-Platten, das ist alles hinüber.

    Noch sind die Wände feucht, das alte Büro wird er erst nächstes Jahr wieder herrichten. Dietmar Gröschel konnte sich eine Wohnung mieten, direkt über den zerstörten Räumen. Dort ist jetzt das Büro. Die meisten Geräte waren kaputt. Das Wichtigste hat er sich schon wieder angeschafft. Die finanziellen Hilfen kamen schnell. "Ich kann mich nicht beklagen," sagt er. Aufträge hat er jetzt genug. Er kommt kaum hinterher mit dem Reparieren all der Schäden, die die Menschen in seiner Umgebung erlitten haben.

    Hart hat es auch einige Landwirte in Sachsen getroffen. Zum Beispiel Volkmar Kraweczyk (gespr.: Kraff tschik) aus Westewitz. Seine Felder wurden alle überschwemmt. Er bewirtschafte die Fläche zusammen mit seinen beiden Söhnen.

    Das Hochwasser hat uns etwa 2/3 der Futterfläche genommen, die waren unter Wasser, dazu kamen dann noch weiterhin 40 Hektar Ackerland, die wir aber bereits abgeerntet hatten, das war Gerste. Wir beziffern den Schaden, der direkt entstanden ist aus dem Verlust der Pflanzenprodukte bei etwa 130 bis 140.000 Euro.

    Die Felder waren voll Schlamm und Dreck. Um die Flächen wieder bebaubar zu machen, musste sich Volkmar Kraweczyk schweres Gerät mieten. Seine Maschinen reichten nicht aus. Allein das Beräumen der Felder, habe rund 40.000 Euro gekostet, sagt Kraweczyk.

    Auch er hat Geld vom Bund und vom Land Sachsen erhalten. Seine Ausgaben hat er zum Teil bereits zurückbekommen, wenn es auch recht lang gedauert hat, wie der Landwirt bemerkt.

    Koordiniert hat die finanziellen Unterstützungen für die Landwirte der sächsische Bauernverband. Es hat seine Zeit gedauert, bis die vielen Anträge und Gutachten bearbeitet waren. Außerdem mussten die Landwirte erst mal die schlimmsten Verwüstungen aufräumen, bevor sie sich an das Ausfüllen von Anträgen machen konnten. Die Mühe hat sich gelohnt, wie der Referent des Bauernverbandes in Dresden, Dietmar Liebscher findet.

    Es sind Bewilligungen schon durch für Landwirtschaftsbetriebe mit einem Zuschuss aus öffentlicher Hand mit 70 Prozent mit 80 Prozent, das haben wir von Betrieben vorige Woche erfahren.

    Gleichgültig, wie viel Geld ein Bauer wegen seiner Hochwasser-Schäden erhält, die Subventionen für seinen Betrieb laufen weiter. Sonst wären die Landwirtschaften nicht überlebensfähig, sagt Dietmar Liebscher. Bauern, die vom Hochwasser betroffen waren, haben die Flächen-Ausgleichszahlungen zwei Monate früher erhalten. Bisher musste noch kein Landwirt seinen Betrieb aufgeben.

    Die Wassermassen der Elbe und ihrer Nebenflüsse haben nach Sachsen vor allem Sachsen-Anhalt betroffen. Wirtschaftsminister, Horst Rehberger:

    Wir haben, was die Behebung des Schadens anbetrifft, als Land ja zunächst mal eine Soforthilfe bezahlt in Höhe von bis zu 15.000 Euro im Einzelfall, da sind inzwischen 95 Prozent aller Fälle abgearbeitet, will heißen, dass diese Soforthilfe auch ausgezahlt ist.

    Die Betriebe, die mehr Geld brauchten, das sind 240, bekommen es in den nächsten Wochen, wie der Minister verspricht. Mehr als die Hälfte der Firmen hat aber auch bei größeren Schäden ihr Geld schon erhalten.

    Zum Beispiel die Sportgaststätte Seiler Wiese. Mitten im Stadtpark von Magdeburg gelegen, konnte die urige Wirtschaft dem Hochwasser nicht entkommen. Zwar wusste der Gastwirt Ronald Blom schon zwei Tage vorher, dass der Fluss kommt. Mit so einer gewaltigen Flut hatte allerdings niemand gerechnet.

    Im Prinzip alles raus, die ganze Auslegware bis auf den Boden, alles rausgerupft, Tresen rausgerupft, eigentlich Totalschaden. Also in Geld, ausgerechnet sind wir jetzt gewesen bei 38.000 Euro circa. Aber man hat ja immer noch Kleinigkeiten vergessen und bei Anschaffung fällt dir immer noch wieder was ein.

    Ronald Blom hat alles getan, um den gepachteten Laden schnell wieder aufzubauen. Der Müll musste raus, dann kamen sofort die Heizlüfter in die Räume. Dann hat er mit den Geldgebern vom Staat verhandelt, Anträge gestellt, mit der Brauerei einen Deal gemacht. Die hat ihm den Tresen renoviert, dafür wird der Pachtvertrag verlängert. Ronald Blom ist zufrieden. Freilich, er hat gearbeitet wie ein Pferd die letzten Monate, wie er sagt, aber jetzt sieht er Licht. Vor zwei Wochen wurde die Gastwirtschaft wieder eröffnet. Es gab ein Fest, gleich zwei Fußballspiele standen auf dem Plan. Die Kunden sind ihm treu geblieben.

    Anders, ganz anders, sieht es bei dem Elektroinstallateur Dietrich Schneider in Jesnitz aus. Er hatte Pech im Unglück. Sein Haus war eine Baustelle, als das Wasser kam. Schneider war gerade dabei das Haus umzubauen, er wollte seinen Betrieb erweitern. Die Geräte hatte er schon gekauft. Es gab keine Warnung vor dem Hochwasser.

    Ich habe einmal den Gebäudeschaden, das komplette Erdgeschoß ist demoliert vom Hochwasser, das ganze Inventar, dann betrieblich Maschinen, Kopiertechnik, die im Prinzip mein zweites Standbein werden sollte mit rund 97.000 Mark, die im Eimer sind, die gesamten Maschinen, die ich hatte, also große Maschinen, die ich nicht wegräumen konnte, weil wir ja auch gar nichts gewusst haben davon, wie was kommt, so und dann kleine Sachen noch, was ich hinterher mitkriegte.

    Noch heute sieht sein Grundstück aus wie eine Müllhalde. Er hat zwar Soforthilfen in Höhe von 4000 Euro erhalten. Das ist aber viel zu wenig, wie er sagt, davon bekommt er nicht mal einen Ersatz für seinen Geschäftswagen, geschweige denn neue Geräte.

    Weitere 50.000 Euro hat ihm die Regierung bereits zugesichert. Das Geld ist aber noch nicht da. Es dauert eben, bis der Gutachter kommt und alles überprüft wird.

    Optimismus und Unternehmergeist erlebt man dagegen bei der Firma Weros in Plötzki. Der Betrieb entwirft, konstruiert und baut Werkzeug. Das Hochwasser hat den Messraum erwischt. Hier stehen Geräte, die das gefertigte Werkzeug auf’s Genaueste prüfen. Der Schaden: insgesamt 335.000 Euro. Es gab Soforthilfe, kurz nach der Flut. Vergangene Woche kam ein Brief.

    Da steht, dass wir die 15.000 erhalten haben und dass wir nicht mehr bekommen Wir halten das erst mal für einen Irrtum und werden alle Schritte, die wir dafür bewegen können einsetzen, das ist natürlich klar, damit sind wir nicht ganz zufrieden.

    Andreas Luther leitet den Betrieb, wenn sein Vater unterwegs ist. Er lässt sich, wegen so eines Briefes, nicht von seinem Optimismus abbringen, da ist er wie sein Vater. Der Messraum wurde mittlerweile renoviert, neue Geräte gekauft, mittels Kredit. Wenn nun aber der Staat den Schaden nicht übernimmt?

    Das ist natürlich sehr, sehr schade, aber ein Unternehmer steckt nie den Kopf in den Sand, der hat Lösungen ..... natürlich müssten wir etwas mehr Umsatz machen, wenn wir’s nicht bezahlt bekommen und dann müsste man sich natürlich auch über ein paar Jahre strecken und wir würden auch das hinbekommen.

    Betroffen von dem Hochwasser waren auch die Bundesländer Bayern, Brandenburg und Niedersachsen. Wenn auch nicht in dem Ausmaß wie Sachsen und Sachsen-Anhalt. Doch auch hier gab es Betriebe, die wegen der Katastrophe ihr Unternehmen schließen müssten, würden sie keine Hilfe erhalten. Die Geschädigten in Niedersachsen waren auf die Flut vorbereitet. Die meisten wussten schon eine Woche vorher, das sie eine Überschwemmung zu erwarten hatten.

    In dem idyllischen Städtchen Hitzacker mit seinen verzierten alten Backsteinhäusern bereitete man sich vor. Toiletten wurden ausgebaut, Sandsäcke an und in die Häuser geschleppt. Die Hausbesitzer hatten Pumpen um das Wasser wegzusaugen. Nur, als der Strom ausfiel, gingen die Pumpen nicht mehr. Und dann war das Wasser so hoch wie noch nie, erinnert sich der 60-jährige Metzgermeister Karl-Heinz Volk. Seine Vorfahren haben schon vor 200 Jahren in Hitzacker Fleisch verkauft. Die Maschinen von Karl-Heinz Volk waren vom Wasser zerstört. Der Schaden: 26.000 Euro. Hilfe hat er erst mal nicht beantragt.

    ...weil es ja hieß in den ersten Anträgen, die wir gekriegt haben, dass sich die Erstattung nach dem Buchwert richtet und da meine Maschinen ja alle abgeschrieben waren, die waren ja älter als 6 Jahre, dass die weg waren aus den Büchern, hab ich das gar nicht beantragt, weil ich angenommen hab, da bekomm ich ja sowieso nichts, wenn die nichts mehr wert sind. Und dann hatte ich schon auf der Kasse gefragt, und das waren schon einige schlaflose Nächte, dass man sich überlegt hat, wie lange du da bezahlen musst.

    Dann rief Karl-Heinz Volk bei der Handwerkskammer Lünbeburg/Stade an. Dort erfuhr er: Er bekommt nicht nur eine Soforthilfe von 2000 Euro, sondern noch weitere Hilfen. Die geschädigten Betriebe in Niedersachsen können bis zu 85 Prozent der Schäden ersetzt bekommen. So ganz glaubt Karl-Heinz Volk an sein Glück noch nicht. Frank Aalborn von der Handwerkskammer Lüneburg Stade verspricht ihm aber: Das Geld wird kommen. Die Unternehmer in Niedersachsen erhalten sogar finanzielle Hilfe zur Vermeidung von Sachschäden, so Aalborn.

    Das heißt, auch bei Betrieben, die keine konkreten Hochwasserschäden gehabt hatten, bestand die Möglichkeit Vorsorgeaufwendungen in Rechnung zu stellen oder ersetzt zu bekommen. Und das waren natürlich sehr viele Betriebe bei uns im Kammerbezirk, die also sich auf das Hochwasser vorbereitet hatten, durch Hochwasserschutzmauern, durch natürlich den Kauf von Sandsäcken, teilweise wurden Anlagen aufwändig ausgebaut und in Sicherheit gebracht, Gott sei Dank ist es dann bei vielen eben nicht zu entsprechenden Schäden gekommen.

    Auch Bayern und Brandenburg wurden nicht von der Flut verschont. In beiden Bundesländern liegen die Schäden bei jeweils 200 Millionen Euro. Im Süden Deutschlands war vor allem der Landkreis Cham und die Stadt Passau überflutet. Insgesamt haben in Niederbayern circa 250 Betriebe unter Wasser gestanden. Wegen der großzügigen Spenden und der Staatshilfen ist jedoch kein Unternehmen in seiner Existenz gefährdet. Zwar mussten auch die Chefs der bayerischen Betriebe in den vergangenen Monaten hart arbeiten, um ihre Firmen zu sanieren. In den meisten Betrieben war jedoch die finanzielle Ausgangslage deutlich besser als in vielen Unternehmen im Osten Deutschlands.

    Der Stahl- und Heimbaubetrieb Krempner in Brandenburg hat es geschafft seit der Wende stets rund 80 Mitarbeiter zu beschäftigen. Trotz der Flaute am Bau. Dietmar Krempner übernimmt Aufträge in ganz Deutschland. Er hatte eine Baustelle in Dresden am Hauptbahnhof. Dann kam das Wasser. Für sieben Wochen mussten die Arbeiten eingestellt werden. Die 30 Beschäftigten konnten nichts tun. Und dann wurde auch noch der Betrieb von Dietmar Krempner in Breese überflutet. In einem kleinen Seitenfluss der Elbe, der Stöpnitz, stauten sich die Wassermassen, bis sie sich ihren Weg durch den Damm bahnten.

    Es sind auch Gebäudeteile unter Wasser gewesen, die heute nur noch abgerissen werden können und erneuert werden können und wir haben auch hier 14 Tage Produktionsfall gehabt und haben unter anderem auch 14 Tage niemanden erreichen können, wir sind also 14 Tage wie von der Umwelt abgeschnitten gewesen, ...... es war also kein Zugang mehr möglich, kein Abgang mehr möglich, keine Kommunikation mehr, nichts.

    Die Gutachter stellten Schäden in Höhe von insgesamt von 777.000 Euro fest. Die Soforthilfe, 15.000 Euro, kam nach vier Wochen. Ein Großteil der Gebäudeschäden wird ihm ersetzt, die Zusage hat Dietmar Krempner bereits. Wegen der Arbeitsausfälle, da verhandelt er noch mit dem Wirtschaftsministerium und mit seinen Banken. Er ist wütend, weil der Bundeskanzler gesagt hat, keiner werde nach der Flut schlechter gestellt sein als vorher. Krempner glaubt dem Kanzler nicht mehr.

    Insgesamt hat die Bundesregierung betroffenen Unternehmen allein an Soforthilfen rund 100 Millionen Euro ausgezahlt. Die wenigsten Betriebe mussten hierauf länger als 5 Wochen warten. Je komplizierter die Fälle sind, desto länger dauern allerdings die weiteren Auszahlungen. Der Landrat aus dem sächsischen Döbeln, Manfred Grätz, mahnt aber zur Eile.

    Und dann müssen wir auch ....von der Deutschen Ausgleichsbank fordern, dass diese Anträge schnell bearbeitet werden und dass schnell Geld fließt. Hier ist noch ein großes Stück Arbeit im Einzelfall zu leisten, denn sonst ist die Gefahr der Insolvenzen groß.

    Die Insolvenzregelung für hochwassergeschädigte Unternehmen könnte allerdings jederzeit von der Bundesregierung verlängert werden, falls die Hilfen doch länger auf sich warten lassen. Das Geld, dass in den Aufbauhilfefonds der Bundesregierung geflossen ist, hat bewirkt, dass die geplante Steuerreform verschoben wurde, was viele Menschen ärgert. Es hat aber auch die Existenz von mindestens 11.000 deutschen Unternehmen gesichert.