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Die Folgen der Präzession
Der König der Tiere

Gegen 22 Uhr steht hoch im Süden das markante Sternbild Löwe. Es ist verhältnismäßig leicht zu erkennen, denn seine helleren Sterne zeichnen die seitlichen Umrisse einer Raubkatze nach, die auf der Lauer liegt und dabei nach Westen blickt. Es gehört zu den Sternbildern des Tierkreises, durch die einmal im Jahr die Sonne zieht.

Von Hermann-Michael Hahn |
    Das Sternbild Löwe steht derzeit gegen 22 Uhr im Süden.
    Das Sternbild Löwe steht derzeit gegen 22 Uhr im Süden. (Stellarium)
    Heute zählt der Löwe zu den Frühlingssternbildern, und alljährlich im August und September wandert die Sonne durch diese Himmelsregion. Das war nicht immer so, denn die Drehachse der Erde vollführt innerhalb von rund 26.000 Jahren eine extrem langsame Kreiselbewegung. Dadurch verändert sich ihre Ausrichtung relativ zum umgebenden Sternenhimmel, und die vier Hauptpunkte der Ekliptik, die Sonnenwenden und die Tagundnachtgleichen, wandern ganz langsam westwärts. Dies ist die Präzession der Äquinoktien.
    Vor gut 6.000 Jahren, als die Grundlagen der frühen Hochkulturen geschaffen wurden – und mit ihnen der Tierkreis in seiner heutigen Form –, gehörte der Löwe noch zu den im Winter sichtbaren Figuren. Die Sonne erreichte in diesem Sternbild ihre größte Mittagshöhe zur Sommersonnenwende. Damals beherrschte der Löwe also den Gipfelpunkt der scheinbaren jährlichen Sonnenbahn und war damit gleichsam die höchste Figur unter den Tierkreis-Sternbildern.
    Möglicherweise stammt daher die Bezeichnung "König der Tiere", die noch heute dem Löwen zugesprochen wird. Zumindest war Regulus, der Hauptstern im Löwen, damals der nördlichste unter den hellen Sternen im Tierkreis – und Regulus bedeutet "kleiner König".