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Die Folgen deutscher Medienberichte in Italien
Von Spaghetti und "Schnorrern"

Die Regierungssuche in Italien beschäftigt auch Deutschland. Einige Medien berichteten dabei einseitig und bedienten sich alter Klischees, sagte die deutsch-italienische Journalistin Cristiana Coletti im Dlf. Und profitieren würden davon vor allem populistische Politiker.

Cristiana Coletti im Gespräch mit Antje Allroggen / Text von Michael Borgers |
    Unter der Überschrift "Die Schnorrer von Rom" schrieb Jan Fleischhauer auf "Spiegel Online" über Italien.
    Unter der Überschrift "Die Schnorrer von Rom" schrieb Jan Fleischhauer auf "Spiegel Online" über Italien. (Deutschlandfunk / Michael Borgers)
    Als Beispiel für einen Artikel nannte Coletti die Kolumne von Jan Fleischhauer auf "Spiegel Online". Unter der Überschrift "Die Schnorrer von Rom" hieß es dort unter anderem "Wie soll man das Verhalten einer Nation nennen, die erst die Hand aufhält, um sich ihr sprichwörtliches dolce far niente von anderen finanzieren zu lassen - und dann damit droht, den Geldgebern den Knüppel über den Kopf zu ziehen, wenn diese auf einer Begleichung der Schuld bestehen?"
    "Solche Sätze haben als Ergebnis, dass die Populisten in Italien mehr Benzin haben für ihren Kampf." Auch würden eigentlich positiv gemeinte Worte in dieser Weise ausgenutzt, sagte Coletti. Im Gespräch mit @mediasres mahnte sie, Journalisten müssten verstehen, "welche Verantwortung sie tragen".
    So habe eine Aussage von Günther Oettinger für Aufregung unter Italiens Bürgern gesorgt. Der deutsche EU-Kommissar hatte in einem Interview mit der Deutschen Welle gesagt, er erwarte, dass die Märkte und die italienische Wirtschaftsentwicklung für die Wähler ein mögliches Signal seien, nicht Populisten von links und rechts zu wählen. Zwar habe er sich anschließend entschuldigt, so Coletti, doch glaube "kein Mensch, dass das nicht die Botschaft war, die vermittelt wurde". Kritik erntete aber auch eine Übersetzung.
    "Unpräziser Journalismus gefährdet Zusammenhalt"
    Der Politik- und Kommunikationsberater Johannes Hillje merkte gegenüber @mediasres an, für Aufregung habe vor allem eine verzerrte und zugespitzte Übersetzung gesorgt. Auf Twitter hatte der DW-Journalist, der das Interview geführt hatte, auf Englisch geschrieben, "the markets and a 'darkened' outlook will teach #Italy's voters".
    Indem von "teach" - also "lehren" - und nicht "erwarten" die Rede gewesen sei, habe die Aussage Oettingers nach "Bevormundung" und "deutschem Schulmeister" geklungen, findet Hillje. "Unpräziser Journalismus gefährdet den europäischen Zusammenhalt und befeuert ungewollt Vorurteile über andere EU-Länder."