Sieben Frauen stürmten am 19. September 1987 in den Gerichtssaal des ersten großen Mafiaprozesses in Palermo, schrien auf die Richter ein und behaupteten, ihr Mann, Vater und Bruder, einer der Angeklagten, sei nie und nimmer ein Verräter, ein Zeuge der Justiz. Der Richter ordnete irritiert die Räumung des Gerichtsaals an. Giuseppe Ayala, damals Staatsanwalt in Palermo erinnert sich:
" Die hatten eine Wahnsinnsangst davor, was ihnen die Mafia antun würde, wenn ihr Verwandter geplaudert hätte. "
Und wenn schon nicht das Leben mehr zu retten war, dann wenigstens die Ehre. Im gleichen Verfahren richtete eine schwarz gekleidete Frau schreiend, mit einem Foto ihres getöteten Sohnes, selber Mafioso, in der Hand, all ihren Hass gegen die Killer auf der Anklagebank.
" Ich habe dieses Bild von meinem Sohn mitgebracht, damit es alle sehen können. Schaut ihn euch an: Mein Sohn, umgebracht mit 40 Jahren, mein Leben habt ihr zerstört. Diese Herren dort, die ehrenwerte Gesellschaft sollen mir sagen, warum sie meinen Sohn umgebracht haben, wenn sie nur einen Funken Ehre im Leib haben. "
Zwei Jahrzehnte später hat sich das Bild von den Frauen der Mafia gewandelt. Sie sind nicht mehr in schwarz gekleidet, nicht mehr leidende Nebenfiguren auf Beerdigungen, sondern sie sind selbst zu Bossen geworden. Die Emanzipation hat auch in der Mafia Einzug gehalten. Dramatisch dargestellt in dem Fernsehfilm "Frauen der Mafia" aus dem Jahr 2001.
" Wir müssen uns zusammentun, wir Frauen. "
Die Fiktion ist inzwischen Realität, meint auch der zuständige Einsatzleiter, als am letzten Dienstag die Razzia gegen die Mafiaclans von Torre Annunziata beendet war: 88 Festnahmen - die wichtigsten: eine Gruppe von sieben Frauen, die die Führungsspitze in der organisierten Kriminalität übernommen haben, seit ihre Männer im Gefängnis sitzen. Und das ist nicht nur so in Torre Annunziata, südlich von Neapel, dem Reich der Camorra, sondern auch in Rom, wo die Damen Dora und Mirella den Clan Casamonica beherrschten. Die wenig bekannte und relativ junge Mafiaorganisation Sacra Corona Unita, zu deutsch: heilige vereinte Krone, operiert im südöstlichen Landesteil Apulien. Sie entstand aus den Fischerfamilien, die nach dem Zweiten Weltkrieg den Zigarettenschmuggel aus den Balkanländern über die Adria organisierten. In einer Zeit, in der das Leben im Süden noch schwer war, wie die klagende Stimme der sizilianischen Sängerin Rosa Balistreri erzählt.
Namen wie Domenica Biondi, die Ehefrau des Gründers der Sacra Corona Unita, Maria Rosaria Buccarella, Liliana Capana und Ilde Saponaro gehören nach umfangreichen Ermittlungen der Polizei zur Führungsriege der Mafia in Apulien. Früher war die Rolle der Frauen eindeutig: sie hatten das Heim zu hüten und sich um den Nachwuchs zu kümmern. Mafia, das war Männersache und je weniger die Frauen wussten, umso weniger konnten sie verraten oder als Mitwisser auch mitbüßen müssen. Ihre absolute Treue zum Ehemann war auch gleichzeitig die Garantie für den Fortbestand des Clans. Während der langen Flucht von Superboss Toto Riina gebar ihm seine Frau mehrere Kinder, seine jüngste Tochter Lucia heiratete in großem Prunk letzten Sommer in Corleone, während der Vater seine Strafe im Gefängnis verbüßt. Die Frau des berüchtigten neapolitanischen Bosses Raffaele Cutolo wurde gar schwanger, nachdem sie ihren Mann während seiner lebenslangen Gefängnisstrafe im Kerker besucht hatte.
Doch der Mythos der starken Frauen, die eine Jahrhunderte alte, wenn auch kriminelle Tradition des Überlebens verteidigen, ihr Männer beweinen, die im Kampf um die Vorherrschaft sterben und ihre Kinder in der Kunst des Überlebens unterweisen, verblasst langsam aber sicher. Die jüngste Festnahme zahlreicher Frauen, die vor allem den Drogenhandel in und um Neapel organisierten, beweist, dass es sich um gewalttätige Gangster handelt, die neben der Macht und Geld nur prosaische Interessen pflegen: Schönheitssalons, teure Kleider und ein bequemes Leben. Ein Kartenhaus, das in sich zusammenbricht, wenn die Polizei mit Handschellen vor der Türe steht.
" Die hatten eine Wahnsinnsangst davor, was ihnen die Mafia antun würde, wenn ihr Verwandter geplaudert hätte. "
Und wenn schon nicht das Leben mehr zu retten war, dann wenigstens die Ehre. Im gleichen Verfahren richtete eine schwarz gekleidete Frau schreiend, mit einem Foto ihres getöteten Sohnes, selber Mafioso, in der Hand, all ihren Hass gegen die Killer auf der Anklagebank.
" Ich habe dieses Bild von meinem Sohn mitgebracht, damit es alle sehen können. Schaut ihn euch an: Mein Sohn, umgebracht mit 40 Jahren, mein Leben habt ihr zerstört. Diese Herren dort, die ehrenwerte Gesellschaft sollen mir sagen, warum sie meinen Sohn umgebracht haben, wenn sie nur einen Funken Ehre im Leib haben. "
Zwei Jahrzehnte später hat sich das Bild von den Frauen der Mafia gewandelt. Sie sind nicht mehr in schwarz gekleidet, nicht mehr leidende Nebenfiguren auf Beerdigungen, sondern sie sind selbst zu Bossen geworden. Die Emanzipation hat auch in der Mafia Einzug gehalten. Dramatisch dargestellt in dem Fernsehfilm "Frauen der Mafia" aus dem Jahr 2001.
" Wir müssen uns zusammentun, wir Frauen. "
Die Fiktion ist inzwischen Realität, meint auch der zuständige Einsatzleiter, als am letzten Dienstag die Razzia gegen die Mafiaclans von Torre Annunziata beendet war: 88 Festnahmen - die wichtigsten: eine Gruppe von sieben Frauen, die die Führungsspitze in der organisierten Kriminalität übernommen haben, seit ihre Männer im Gefängnis sitzen. Und das ist nicht nur so in Torre Annunziata, südlich von Neapel, dem Reich der Camorra, sondern auch in Rom, wo die Damen Dora und Mirella den Clan Casamonica beherrschten. Die wenig bekannte und relativ junge Mafiaorganisation Sacra Corona Unita, zu deutsch: heilige vereinte Krone, operiert im südöstlichen Landesteil Apulien. Sie entstand aus den Fischerfamilien, die nach dem Zweiten Weltkrieg den Zigarettenschmuggel aus den Balkanländern über die Adria organisierten. In einer Zeit, in der das Leben im Süden noch schwer war, wie die klagende Stimme der sizilianischen Sängerin Rosa Balistreri erzählt.
Namen wie Domenica Biondi, die Ehefrau des Gründers der Sacra Corona Unita, Maria Rosaria Buccarella, Liliana Capana und Ilde Saponaro gehören nach umfangreichen Ermittlungen der Polizei zur Führungsriege der Mafia in Apulien. Früher war die Rolle der Frauen eindeutig: sie hatten das Heim zu hüten und sich um den Nachwuchs zu kümmern. Mafia, das war Männersache und je weniger die Frauen wussten, umso weniger konnten sie verraten oder als Mitwisser auch mitbüßen müssen. Ihre absolute Treue zum Ehemann war auch gleichzeitig die Garantie für den Fortbestand des Clans. Während der langen Flucht von Superboss Toto Riina gebar ihm seine Frau mehrere Kinder, seine jüngste Tochter Lucia heiratete in großem Prunk letzten Sommer in Corleone, während der Vater seine Strafe im Gefängnis verbüßt. Die Frau des berüchtigten neapolitanischen Bosses Raffaele Cutolo wurde gar schwanger, nachdem sie ihren Mann während seiner lebenslangen Gefängnisstrafe im Kerker besucht hatte.
Doch der Mythos der starken Frauen, die eine Jahrhunderte alte, wenn auch kriminelle Tradition des Überlebens verteidigen, ihr Männer beweinen, die im Kampf um die Vorherrschaft sterben und ihre Kinder in der Kunst des Überlebens unterweisen, verblasst langsam aber sicher. Die jüngste Festnahme zahlreicher Frauen, die vor allem den Drogenhandel in und um Neapel organisierten, beweist, dass es sich um gewalttätige Gangster handelt, die neben der Macht und Geld nur prosaische Interessen pflegen: Schönheitssalons, teure Kleider und ein bequemes Leben. Ein Kartenhaus, das in sich zusammenbricht, wenn die Polizei mit Handschellen vor der Türe steht.