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Die ganze Stadt als Bühne

Vom 22. Juni bis 6. Juli steht in Dresden die Kultur der Straße in den Mittelpunkt. Zwei Wochen lang wird beim Festival Street Culture@Hellerau die ganze Stadt zur öffentlichen Bühne für 90 Künstler der nationalen und internationalen Musik-, Graffti- und Performanceszene.

Von Heike Schwarzer |
    "Es ist sehr warm hier drin, wir arbeiten unter schwersten Arbeitsbedingungen."

    Die heiße Phase vor der Eröffnung. Kurator Manuel Osterholt, Künstlername Superblast, steht im Westflügel zwischen hölzernen Trennwänden und unfertigen Bildern. Noch nicht alle seiner neun Künstler sind in Hellerau ankommen, doch Material liegt überall verstreut. Es riecht nach Folie, Holz und Farbe:

    "Da sind Sprühdosen, da sind Marker, da sind Roller, da sind Akrylfarben."

    Material für Jay "One" Ramier und Skki aus Paris:

    "Das sind Künstler aus der ersten Generation der europäischen Graffitibewegung, die jetzt eher im Kunstbereich und Galerien tätig sind."

    Skki hat zu Beginn der 80er-Jahre, als einer der Ersten in Europa mit Sprühdosen gearbeitet. Gleich nebenan:

    "Hier in den Rang rein haben wir Martha Cooper","

    Ikone der New Yorker Graffitiszene, 70 Jahre alt. Sie hat die mediale Verbreitung von Streetart in Europa populär gemacht.

    ""Was wir sehen werden ist, zum einen die alten Arbeiten, zum anderen mehrere Fotos, die auch einen Bezug zum Tanz haben. Da sie die Breakdancer von Stunde Null an fotografiert hat, bekommen wir Material, was noch ungesehen ist. Sie wird in Hellerau und Dresden auch fotografieren und wir werden Projektionen haben von ihren Arbeiten hier vor Ort."

    Alle Künstler leben auf der Trennlinie zwischen Straße und Kunstmarkt und die meisten Arbeiten – und das ist Teil des Konzeptes -, sind gerade im Entstehen, sagt Dieter Jähnicke, Intendant des Europäischen Zentrums der Künste Hellerau in Dresden.

    "Auch die Ausstellung ist keine, wo wir Dinge hinhängen, die es schon gibt, auch die Ausstellung wird jeden Tag anders aussehen, sie wird die Lebendigkeit, die Kurzzeitigkeit, das Temporäre der Street Culture aufnehmen. Das heißt, heute sieht man etwas, dann schickst du morgen einen Freund hin und es ist gar nicht mehr da."

    Frisch fabriziert für Culture@Hellerau" target="_blank" href="http://www.hellerau.org/spielplan/streetculturehellerau/">Street Culture@Hellerau zirkulieren gerade fünf Plakatwände in der Innenstadt von Dresden. Dort bewohnen in den nächsten zwei Wochen auch die französischen Aktionskünstler von boijeot.renauld.turon ihre selbst gebauten Holzmöbel. Und Dresdner Streetart-Pioniere wie Jens Besser führen Neugierige zur Straßenkunst. Street Culture@Hellerau erobert Dresden, sagt Anna Bründl – Initiatorin des Festivals.

    "Es wird eine Spurensuche sein, wenn man mit offenen Augen durch Dresden läuft, dann wird man Musikern, Tänzern, Künstlern begegnen, die einen vielleicht erstmal irritieren und auf den zweiten Blick vielleicht aufregend sind. Wir hoffen dass wir neue Perspektiven schaffen können, wie man sich im urbanen Raum wahrnehmen kann und wie man sich da bewegen und auch einbringen kann."

    Kunstwerke in Bewegung, Künstler in Bewegung - auch die Besucher selbst werden in Bewegung versetzt. Und das ist auch Teil der Geschichte der Street Culture:

    "Diese Kultur hat angefangen in New York in der U-Bahn und dieser Transit, Züge, Bewegung, Laufen, das war ein Moment, den wir sehr wichtig fanden und, der sich sowohl in dem Performance-Programm, als auch in der Bildenden Kunst als auch in der Musik wiederfinden wird."

    Street Culture@Hellerau bringt im Kunstmix die Pioniere, die Grenzgänger und die jungen Wilden zusammen und zeigt, was sich in der Szene bewegt, weltweit und jetzt auch in Dresden.