Kommentar zu Bareiß
Gefährliche Russland-Einschätzung eines CDU-Politikers

Mit Thomas Bareiß äußert sich ein hochrangiger CDU-Politiker über mögliche Gaslieferungen aus Russland. Damit untergräbt er die Abschreckung des Westens und spielt Putin in die Hände.

Von Marcus Pindur |
    Thomas Bareiß, MdB, CDU, spricht im Bundestag.
    Thomas Bareiß wird für die CDU in den Koalitionsgesprächen mit der SPD verhandeln. "Ein Skandal", so Marcus Pindur in seinem Kommentar (picture alliance / photothek.de / Thomas Trutschel)
    Putin ist auch in Deutschland präsent. Der russische Diktator arbeitet auf allen Ebenen gegen unser Land und wirkt in unsere politische Kultur. Mehrere gut recherchierte Bücher sind mittlerweile auf dem Markt, die den Spuren der Russland-Connection nachgehen. Dabei ist es beinahe egal, ob russische Interessen oder Propagandanarrative wissentlich vertreten werden oder ob die jeweiligen Einschätzungen Teil eines deutschen Russland-Komplexes sind, der eine lange Tradition des Mythos und der Selbsttäuschung hat.  
    Die Aufarbeitung dieses Komplexes steht noch ganz am Anfang. Oft stand hier die SPD unter Beobachtung. Ministerpräsidentin Schwesig mit ihrer unseligen Stiftung um die Gaspipeline Nordstream 2. Ex-Außenminister und heutiger Bundespräsident Steinmeier und seine jahrelange Kumpanei mit dem russischen Außenminister Lawrow. Der brandenburgische Ministerpräsident Woidke, der alle paar Wochen die Aufweichung der Wirtschaftssanktionen gegen den Aggressor Putin fordert. Und, allen voran, ein ehemaliger deutscher Bundeskanzler, der nach seiner Amtszeit beim russischen Rosneft-Konzern einen gut bezahlten Aufsichtsratsposten antrat und immer noch eine persönliche Beziehung zu Putin pflegt.

    Falsche Illusion über Putins Motive

    Wie zum Beweis, dass dies nicht nur in der SPD möglich und gängig ist, trat jetzt der ehemalige Wirtschafts-Staatssekretär und CDU-Abgeordnete Thomas Bareiß mit einer skandalösen Einschätzung an die Öffentlichkeit. Die Nordstream-Pipelines könnten nach einem Friedensschluss in der Ukraine wieder aufgebaut werden. Die Beziehungen zum russischen Regime würden sich normalisieren und, Zitat,: "natürlich kann dann auch wieder Gas fließen". Zitat Ende.
    Was für eine katastrophale Fehleinschätzung. Putin, dem Aggressor und Zerstörer der Europäischen Friedensordnung wird man nie wieder vertrauen können. Dem Regime Putin zu signalisieren, dass Deutschland wieder durch Gaskäufe die russische Kriegskasse füllen könne, untergräbt die Abschreckung des Westens und spielt dem Diktator in die Hände. Dass Bareiß dem Team der Koalitionsverhandler angehört, ist ein Skandal. Der ausgewiesene Sicherheitsexperte Roderich Kiesewetter hingegen hat keinen Platz in der Unions-Mannschaft gefunden.
    Dass ein CDU-Bundestagsabgeordneter Putins Sache vertritt, ist schlimm genug. Doch schlimmer ist, dass die ehemalige CDU-Bundeskanzlerin Merkel jüngst in einem Interview ihre strategische Naivität offen zur Schau stellte. Man dürfe die Interessen Russlands nicht ignorieren, sagte sie. Als wäre das jemals der Fall gewesen. Es war Putin, der alle Rüstungskontrollabkommen inklusive vertrauensbildender Maßnahmen gekündigt beziehungsweise gebrochen hat. Offensichtlich haben nicht nur Teile der SPD ein fatal falsches Bild von den realen Motiven des Putin-Regimes.