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"Die Große Koalition ist beschlossene Sache"

Es sei fraglich, ob eine Neuwahl für die Bürger im Saarland die beste Lösung sei, sagt der Fraktionsvorsitzende der Landes-FDP, Christoph Hartmann. Es ähnele "einer Realsatire", hunderttausende Euro auszugeben, nur um herauszufinden, ob Heiko Maas über oder unter Annegret Kramp-Karrenbauer regieren wird.

Christoph Hartmann im Gespräch mit Gerd Breker |
    Gerd Breker: Im Saarland war vor rund zwei Wochen die Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen geplatzt. Nachdem nun die Gespräche zwischen CDU und SPD über die Bildung einer Großen Koalition gestern Abend ebenfalls abgebrochen wurden, stehen nun Neuwahlen an. Der saarländische SPD-Chef, Heiko Maas, hat dabei ein rot-rotes Bündnis ausgeschlossen, und der Generalsekretär der Bundes-CDU, Hermann Gröhe, er begrüßte die Neuwahlen. Das Scheitern der Jamaika-Koalition habe keine Auswirkungen auf die schwarz-gelbe Koalition im Bund, wohl aber auf das Saarland.
    Am Telefon sind wir nun verbunden mit Christoph Hartmann. Er ist FDP-Fraktionsvorsitzender im Saarland und ehemaliger Wirtschaftsminister. guten Tag, Herr Hartmann.

    Christoph Hartmann: Guten Tag, Herr Breker.

    Breker: Haben Sie inzwischen Verständnis für die Entscheidung Ihrer Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer, Jamaika aufzukündigen, oder steckt noch ein wenig Gräuel in Ihnen?

    Hartmann: Natürlich steckt zum einen Gräuel in mir, weil das natürlich menschlich eine ganz schwierige Situation gewesen ist. Wir sind aus den Medien darüber informiert worden, dass die Koalition beendet ist, und erst danach bin ich angerufen worden. Aber zum Zweiten zeigt sich natürlich jetzt auch, dass sich Frau Kramp-Karrenbauer vollkommen verzockt hat. Sie ist von anderen Voraussetzungen ausgegangen, und das Ganze ähnelt jetzt eher einer Realsatire, als einer wirklich verantwortungsvollen Politik.

    Breker: Ihre Aussage damals war ja eigentlich die, die FDP ist kein verlässlicher Partner mehr.

    Hartmann: Die Aussage ist unter ganz unterschiedlichen Gesichtspunkten falsch. Wir haben in jeder einzelnen Abstimmung gestanden. Wir waren immer ein verlässlicher Partner. Natürlich gab es intern innerhalb der FDP unterschiedliche Strömungen und die Personalentscheidungen waren vielleicht auch nicht immer glücklich, das ist vollkommen klar. Aber immer dann, wenn es darauf ankommt, haben wir gestanden. Ich darf nur daran erinnern, dass wir kurz vor Weihnachten noch im Bundesrat mithilfe der FDP Peter Müller, den ehemaligen Ministerpräsidenten, ins Bundesverfassungsgericht gewählt haben. Da waren wir noch nützlich genug, da haben wir noch gestanden, da waren wir auch vonnöten, denn die FDP hätte die Möglichkeit gehabt, dieses zu verhindern. Als wir dann unsere Schuldigkeit an der Stelle getan haben, da konnte der Mohr gehen. Ob man so miteinander in der Politik umgehen soll, die Frage kann man trefflich stellen.

    Breker: Seit gestern, Herr Hartmann, heißt es, das Saarland braucht eine verlässliche, länger währende Regierung. So also das Ergebnis der Großkoalitionäre bei ihren Besprechungen. Deshalb soll es Neuwahlen geben. Kann die FDP im Saarland da zustimmen? Werden Sie mitstimmen, wenn es um die Auflösung des Landtages geht?

    Hartmann: Diese Entscheidung werden wir am Montagabend im Landesvorstand besprechen. Aber unabhängig davon – ich habe das eben schon genannt – hat das natürlich schon Charakter von Realsatire. Es ist so, dass beide größeren Parteien gesagt haben, es wird anschließend eine Große Koalition geben. Das heißt, ob mit oder ohne Neuwahlen, die Große Koalition ist beschlossene Sache. Jetzt geht es bei diesen Neuwahlen nur noch um die Fragestellung, ob Heiko Maas über oder unter Annegret Kramp-Karrenbauer regieren kann oder regieren soll. Eine Auswahl, also eine echte Wahl gibt es an der Stelle gar nicht. Und wenn man jetzt krampfhaft versucht, sich hinzustellen und zu sagen, wir brauchen für fünf Jahre eine Legitimation, weil die Probleme so groß sind – nun, die Probleme waren auch schon vor einem halben Jahr so groß und vor einem Jahr so groß. Und wenn es dann um die Fragestellung der Schuldenbremse geht – die Schuldenbremse ist in der Jamaika-Koalition nie hinterfragt worden. Noch mal: Wir haben bei allen Dingen gestanden und insofern ist das jetzt eine nachträgliche Legitimation, die versucht wird, dafür zu finden, dass die eigentliche Strategie eine vollkommen gescheiterte Strategie von Annegret Kramp-Karrenbauer ist.

    Breker: Das heißt, Herr Hartmann, die FDP wird gegen die Auflösung des Landtages stimmen?

    Hartmann: Das kann ich noch nicht sagen. Wie gesagt, wir werden am Montagabend im Landesvorstand darüber sprechen. Unabhängig davon wird es auf die FDP ja gar nicht ankommen. Es wird Neuwahlen geben, wir werden uns diesen Neuwahlen auch stellen. Wir werden auch guten Mutes in diesen Wahlkampf als solches reingehen. Aber dass wir kritisieren können, dass jetzt fünf Monate Stillstand in diesem Land ist, weil vier große Ministerien ohne Minister und ohne Staatssekretäre auskommen müssen, ob sich das das Land leisten kann, ob sich das Land leisten kann, dass es eine Neuwahl gibt, die einige Hunderttausend Euro kostet, obwohl anschließend schon klar ist, welches Ergebnis diese Wahl haben wird, nämlich dass es eine Große Koalition geben kann, ob das wirklich Politik für die Saarländerinnen und Saarländer ist, die da Maas und Kramp-Karrenbauer machen, diese Frage, die darf man stellen.

    Breker: Die darf man dann auch im Wahlkampf stellen. Fürchtet sich die FDP vor diesem Wahlkampf?

    Hartmann: Nein, wir fürchten uns nicht vor dem Wahlkampf. Wir haben natürlich keine einfache Situation. Auf der anderen Seite haben wir vor acht Wochen noch eine Infratest-Dimap-Umfrage von fünf Prozent gehabt. Wir haben gute Ergebnisse in den Ministerien erreicht und insofern sind wir auch guten Mutes, dass wir auch im nächsten saarländischen Landtag wieder vertreten sein werden. Diejenigen, die sagen, dass sie mit dieser Politik oder mit dieser Art der Politikgestaltung nicht zufrieden sind, die haben nur die Alternative, dann eben auch FDP zu wählen. Diejenigen, denen sowieso die CDU viel zu sozialdemokratisch ist, die haben auch nur die Möglichkeit, FDP zu wählen. Das wird reichen, um in den nächsten saarländischen Landtag einzuziehen.

    Breker: Das heißt, Sie bereiten sich nicht auf ein Leben jenseits der Politik vor?

    Hartmann: Was für mich persönlich die Rolle sein wird, das wird sich zeigen. Aber unabhängig von meiner persönlichen Rolle wird es ja auch eine FDP ohne Christoph Hartmann geben und ich werde diese FDP auf jeden Fall unterstützen, egal in welcher Position das sein wird.

    Breker: Im Deutschlandfunk war das Christoph Hartmann, er ist noch FDP-Fraktionsvorsitzender im Saarland. Herr Hartmann, danke für dieses Gespräch.

    Hartmann: Danke Ihnen, Herr Breker.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.